Gelsenkirchen. Offen sprach Schalke-Stürmer Marius Bülter über die sportliche Lage, den nächsten Gegner Werder Bremen und Ex-Sportdirektor Rouven Schröder.
Fast genau vor einem Jahr spielte der FC Schalke 04 zuletzt bei Werder Bremen – Werder steckte in der Impf-Affäre um Ex-Trainer Markus Anfang, stand im Niemandsland der Zweiten Liga, die Königsblauen waren sportlich nicht viel besser. Nun, im November 2022, sind beide wieder erstklassig, doch wenn sie sich am Samstag (18.30 Uhr/Sky) wiedertreffen, ist es nur für ein Team gut gelaufen: Werder ist Achter, Schalke Letzter. Einer, der beide Situationen gut vergleichen kann, ist Marius Bülter. Der 29-Jährige ist einer der wenigen Aufstiegshelden, die immer noch gesetzt sind.
Die Bremer verfolgten ein anderes Konzept, sie hielten die Aufstiegsmannschaft weitgehend zusammen, holten nur wenige Externe hinzu – Schalke hatte den nächsten Totalumbau. „Man kann jetzt im Nachhinein leicht sagen, dass dies der richtige Weg war, weil Bremen Erfolg hat und wir nicht“, sagte Bülter auf Nachfrage dieser Zeitung. „Klar vermisst man ein paar Spieler aus der Aufstiegsmannschaft, wir haben auch Qualität verloren. Wir sind dabei, eine neue Mannschaft zu entwickeln und das braucht eben Zeit – auch wenn wir die nicht mehr haben“, sagte Bülter.
Schalke: Schröder-Rücktritt für Bülter „ein Schock“
Ehrlich und nachdenklich blickte Bülter nach dem Training gestern Vormittag auf die turbulenten vergangenen Wochen zurück. „Da ist viel passiert, das geht nicht so einfach an der Mannschaft vorbei. Es gab einen Trainerwechsel, viele Systemwechsel“, bilanzierte er. Und es gab ein Ereignis, dass ihn besonders unerwartet erwischte: der Rücktritt von Sportdirektor Rouven Schröder. „Ich war schockiert, weil es so unerwartet kam. Das hat mich am meisten getroffen. Damit habe ich nullkommanull gerechnet. Rouven ist vorangegangen, an ihm konnte man sich hochziehen. Er hat dieses positive ,Wir packen das’ ausgestrahlt“, sagte Bülter.
In 16 Monaten bei den Königsblauen hat Bülter sämtliche Emotionen bereits miterlebt: Er feierte große Partys wie beim Aufstieg, erlebte bittere Niederlagen, vor allem in dieser Saison. Thomas Reis ist nach Dimitrios Grammozis, Mike Büskens und Frank Kramer bereits sein vierter Cheftrainer. Hinzu kommt nach Rouven Schröder bald sein zweiter Sportdirektor. „Das sind Themen, die man nicht so einfach wegstecken kann“, sagte Bülter über die Personalwechsel.
Thomas Reis aber mache „einen super ersten Eindruck“, sagte er. Und Bülter, mit drei Saisontreffern bisher Schalkes bester Torschütze, begründete das auch. „Ein neuer Trainer bringt neuen Schwung mit, eine andere Ansprache, es ist eine andere Stimmung da“, analysierte Bülter. Doch nicht nur emotional würde Reis Schalkes Mannschaft anders anpacken – er setze auch sportlich andere Schwerpunkte: „Der neue Trainer macht schon ein paar Dinge anders – zum Beispiel vorwärts verteidigen, was wir in letzter Zeit nicht gemacht haben. Außerdem geht es um Umschaltsituationen, da haben wir Verbesserungsbedarf, das haben wir heute trainiert“, erklärte Bülter.
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Eins aber lässt sich nur in Teilen antrainieren: das Selbstvertrauen. Zu sehen war dies beim 0:2 gegen den SC Freiburg am Sonntag: Viele eigentlich aussichtsreiche Kontersituationen wurden zu unsauber ausgespielt. „Wir müssen uns das Selbstvertrauen über das Training und über die Spiele am Wochenende holen“, sagte Bülter. „Und wir brauchen endlich einmal wieder einen Sieg. Wenn man uns eins nicht vorwerfen kann, dann dass wir nicht alles geben, dass wir kämpfen, um aus dieser Situation herauszukommen. Das Freiburg-Spiel war ein Schritt nach vorn.“
Dass Schalkes Mannschaft nach sieben Pflichtspiel-Niederlagen in Folge die Bundesliga-Tauglichkeit von vielen abgesprochen wird, ist bei Bülter angekommen. „Wenn wir die letzten sechs, sieben Spiele sehen, dann haben wir nicht viele Argumente dagegen geliefert. Deshalb kann ich die Diskussion verstehen. Aber ich glaube, in den ersten Spielen der Saison haben wir gezeigt, dass wir es können“, sagte Bülter – und spielte vor allem auf die Spiele gegen Borussia Mönchengladbach (2:2) und den VfL Bochum (3:1) sowie in Wolfsburg (0:0) und Stuttgart (1:1) an. Und so hätte er sehr wohl das Gefühl, dass seine Mannschaft auch in Bremen am Sonntag „etwas holen“ könne. Denn ein paar Punkte aus den Spielen in Bremen sowie gegen Mainz 05 (9. November) und Bayern München (12. November) wären im Abstiegskampf sehr wertvoll. „Es ist wichtig, dass wir dann in der Winterpause ein System entwickeln für das neue Jahr“, sagte Bülter.
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Erst einmal konzentriert er sich auf Bremen – denn das, was vor etwa einem Jahr im Weserstadion passierte, hat kein Schalker vergessen. Mit 1:0 führte S04, als ein unberechtigter, erst nach Studium der Videobilder ausgesprochener, Elfmeter in der neunten Minute der Nachspielzeit zum 1:1-Endstand durch Niclas Füllkrug führte.
Füllkrug ist noch so ein Beispiel, wie gut es bei Werder läuft: Er ist im Gespräch für das DFB-WM-Aufgebot. Während der Zweitliga-Saison war nur über Bülters Sturm-Kollege Simon Terodde diskutiert worden.