Essen. Werder Bremen sorgt in der noch jungen Bundesliga-Saison für Spektakel. Bei Schalke hingegen ist die Euphorie verflogen. Was sind die Gründe?

Als Niclas Füllkrug damit begann, sich den Traum vom Profifußball zu erfüllen, war Werder Bremen noch in einem anderen Zustand. Diego brachte brasilianische Spielkunst in die Hansestadt. Mesut Özil dribbelte sich langsam ins Blickfeld von Real Madrid. Im Strafraum wirkte der ewige Claudio Pizarro.

Werder Bremen war damals eine Spitzenklub. Uefa-Cup-Finalist. Pokalsieger. Geblieben ist Spektakel, das auch bei Niclas Füllkrug Kindheitserinnerungen weckt. „Das ist ein bisschen das Werder von früher. Da ging es auch immer hoch und heiß er“, meinte der 29-jährige Stürmer nach dem 3:4 (2:3) am Sonntagabend gegen Eintracht Frankfurt, in der die Offensive mal wieder überzeugte, die Verteidigung aber ein ums andere Mal böse patzte. „Wir haben gegen keine Kirmestruppe gespielt, sondern gegen eine Mannschaft, die Europokalsieger ist und in der Champions League spielt“, meinte Trainer Ole Werner: „Das muss man auch immer in Relation sehen.“

Werder Bremen schaffte unter Trainer Ole Werner die Wende

Das fällt manchmal schwer. Denn Werder Bremen ist gefühlt ja immer eine Spitzenmannschaft geblieben, die zur gehobenen Klasse in der Bundesliga zählt. Der Verein eben, mit dessen Erfolgen und attraktiver Spielweise Generationen aufgewachsen sind.

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Zur Wahrheit zählt aber, dass internationale Ehren schon lange nicht mehr der Anspruch des SV Werder sein können. Es war ein schleichender Niedergang, den der Klub in den vergangenen Jahren hingelegt hatte und der Abstieg im Frühjahr 2021 gipfelte. Ausgerechnet die Impfpass-Affäre um Werners Vorgänger Markus Anfang (48) leitete schließlich die Wende ein.

Werder Bremen: Höhepunkt war das 3:2 gegen den BVB

Der 34-jährige Werner hat mit seiner nüchternen norddeutschen Art, die perfekt zu Werder zu passen scheint, und erfrischendem Offensivfußball Bremen sofort zurück in die Erste Liga geführt. Dort macht die Mannschaft bislang genauso weiter. Der Höhepunkt: das 3:2 nach 0:2 bei Borussia Dortmund. Bereits nach vier Spieltagtagen lässt sich festhalten, dass der SV Werder die Bundesliga bereichert, trotz des Mini-Rückschlages am Sonntag gegen die Eintracht.

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Fünf Punkte haben die Bremer auf dem Konto – mehr als ein passables Zwischenergebnis für einen Aufsteiger, der sich vor den Duellen mit dem BVB und Frankfurt jeweils 2:2 vom VfL Wolfsburg und vom VfB Stuttgart trennte. Doch es scheint einiges mehr möglich gewesen zu sein.

Werder Bremen will personell nicht mehr nachlegen

Bei aller Angriffswucht besorgt nämlich die wackelige Abwehr. „Wir werden eben nicht jede Woche zwei, drei Tore schießen und trotzdem musst du auch dafür infrage kommen, dass du punktest und dafür müssen wir weniger Gegentore kassieren, offensive Spielweise hin oder her“, meinte Werner. Verstärkung soll aus finanziellen Gründen aber nicht mehr kommen. „Wir werden nicht in Aktionismus verfallen“, sagte Clemens Fritz (41), Leiter Profifußball und Scouting bei Werder.

Nichtsdestotrotz scheinen die Bremer eine ordentliche Basis für das Ziel Klassenerhalt gelegt zu haben. Die Mannschaft ist nach dem Aufstieg zusammengeblieben, Trainer Werner hatte genügend Zeit, ihr seine Spielphilosophie näherzubringen.

Schalke hat noch Nachholbedarf

Und damit ist die Stimmung an der Wese deutlich besser als beim Mitaufsteiger FC Schalke 04, wo noch nicht viel zusammenläuft. Weil wichtige Stützen aus der Aufstiegssaison wie Ko Itakura (25/Borussia Mönchengladbach) den Klub verlassen haben oder noch ihre Bundesligatauglichkeit nachweise müssen – wie Simon Terodde (34). Unter dem neuen Trainer Frank Kramer (50) steht Schalke tief, für schnelles Umschaltspiel aber fehlen Tempo und Qualität.

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Von Offensivspektakel wie Bremen ist der Aufsteiger noch weit entfernt – und auch von jeglicher Euphorie, seitdem man am Samstag in der eigenen Arena beim 1:6 von Union Berlin gedemütigt worden ist. (mit sid)