Gelsenkirchen.. Die Schalker DFB-Pokalsieger von 1972 sind in Gelsenkirchen unvergessen. Anlässlich des Jubiläums werfen wir einen Blick auf die Legenden.

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„Schalke, Schalke, Schalke“ hallte es am 1. Juli 1972 durch das Niedersachsen-Stadion in Hannover. Die zahlreichen Fans der Gelsenkirchener, die die Reise in den Norden angetreten hatten, waren noch ganz euphorisiert von dem, was sie in den 90 Minuten auf dem Rasen gesehen hatten. Mit 5:0 fegte die Schalker Mannschaft den 1. FC Kaiserslautern aus dem Stadion und krönte sich damit zum DFB-Pokalsieger. Es war der zweite Pokalsieg der Vereinsgeschichte – und zumindest eine kleine Wiedergutmachung für die verpasste Meisterschaft drei Tage zuvor durch eine 1:5-Niederlage beim FC Bayern.

Bis heute sind diese 72er-Pokalsieger für viele die beste Schalker Mannschaft der Geschichte. Doch sie zauberte nur eine Saison, denn im Zuge des Bundesligaskandals wurden schon kurz danach viele der S04-Helden gesperrt. Die Mannschaft brach auseinander. Anlässlich des 50. Jahrestages dieses Jubiläums stellt die WAZ noch einmal die Protagonisten von damals vor.

Norbert Nigbur

Er war der große Rückhalt der Schalker Pokalsiegermannschaft – und der heute 74-Jährige ist noch immer eine Legende bei S04. Als Jahrhundert-Torwart hat er seinen Platz in den Geschichtsbüchern sicher. Der gebürtige Gelsenkirchener gehörte zu den herausragenden Torhütern seiner Generation, kam allerdings nur auf sechs Länderspiele. Sein Pech: Bundestrainer Helmut Schön setzte beim DFB meist auf einen Bayern-Block mit Torhüter Sepp Maier, obwohl der Schalker nicht schlechter war.

Rolf Rüssmann

Als Vorstopper war er auf Schalke unverzichtbar. Mit damals 22 Jahren stand Rüssmann beim Pokalsieg am Anfang seiner großen Karriere, in der er insgesamt 453-mal für S04 und Borussia Dortmund in der Bundesliga spielte. Für Trainer Ivica Horvat war er 1972 der Turm in der Schlacht, in der Luft kaum zu bezwingen, im Zweikampf enorm stark. Kein Stürmer spielte damals gern gegen den Defensivspezialisten. Getrübt wurde seine Karriere allerdings durch die Beteiligung am Bundesligaskandal. 2009 ist er im Alter von 58 Jahren verstorben.

Klaus Fichtel

Seine 476 Bundesligaspiele für Schalke 04 sind bis heute Vereinsrekord. Als Libero war Fichtel beim Pokal-Sieg der Ruhepol in der Defensive der Königsblauen – weil er als Nationalspieler damals schon einiges erlebt hatte. Etwa bei der WM 1970, wo die Deutschen dritter wurden. Aber: Auch Fichtel (heute 77) war in den Bundesligaskandal verwickelt.

Hartmut Huhse

Der rechte Verteidiger war eigentlich gar nicht für die erste Elf eingeplant. Im Finale spielte Huhse nur, weil der gesetzte Jürgen Sobieray nach seiner Beteiligung am Bundesligaskandal als erster Schalker gesperrt wurde. Wegen „erdrückender Verdachtsmomente“ wurde Sobieray aus dem Verkehr gezogen – und verhalf Huhse (heute 69) zu seinem Einsatz im Pokalfinale. Als zuverlässiger Ersatzmann ließ dieser gegen eine schwache Mannschaft aus Kaiserslautern nichts zu.

Helmut Kremers

Zusammen mit seinem Zwillingsbruder Erwin war der linke Verteidiger im Sommer 1971 aus Offenbach gekommen. Heute würde man bei diesen Verpflichtungen wohl von Königstransfers sprechen. Denn die Kremers-Zwillinge begeisterten die Fans in Gelsenkirchen – ja sogar in der gesamten Bundesrepublik. Als moderner Linksverteidiger mit viel Vorwärtsdrang gehörte Helmut Kremers zu den Schlüsselspielern der Schalker Mannschaft – das beweis er auch im Pokalfinale, als er eines seiner stärksten Spiele in Königsblau zeigte und gleich doppelt traf: einmal nach tollem Sololauf und einmal per Freistoß. Berüchtigt war Kremers (heute 73) auch für seine guten Elfmeter.

Popstars in den Siebzigern: Schalkes Zwillingsduo Helmut (links) und Erwin Kremers mit dem DFB-Pokal.
Popstars in den Siebzigern: Schalkes Zwillingsduo Helmut (links) und Erwin Kremers mit dem DFB-Pokal. © Picture-alliance / Sven Simon | Unbekannt

Herbert Lütkebohmert

Im Mittelfeld war Lütkebohmert das Gegenstück zu all den Künstlern und Solisten in Blau und Weiß. Er war ein Spieler, der die Ärmel hochgekrempelt und den Fußball gearbeitet hat. Seine Laufstärke war damals außergewöhnlich – und außergewöhnlich gut waren auch sein Ruf in der Mannschaft und bei den Fans. Mit seiner Malocher-Mentalität passte Lütkebohmert hervorragend ins Ruhrgebiet zu Schalke 04. Bereits 1993 ist der Mittelfeldspieler im Alter von 45 Jahren verstorben. Am Bundesligaskandal war auch er beteiligt.

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Heinz van Haaren

Der in Marl geborene Niederländer war der Routinier der Mannschaft – und auch ihr Regisseur. Im zentralen Mittelfeld war der heute 82 Jahre alte van Haaren stets um Ordnung bemüht und hatte ein gutes Auge für den Mitspieler. Im Zuge des Bundesligaskandals wurde allerdings auch er verurteilt.

Klaus Scheer

Der torgefährliche Mittelfeldmann spielte 1971/72 wohl die Saison seines Lebens. Unvergessen ist seine Leistung beim 6:2-Heimsieg gegen den 1. FC Köln – gleich fünf Tore konnte Scheer damals beisteuern. Und auch im Pokalfinale netzte der inzwischen 71-Jährige zum zwischenzeitlichen 2:0. Der klare Sieg gegen Kaiserslautern war die Krönung seiner Laufbahn.

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Erwin Kremers

Er und sein Zwillingsbruder Helmut waren die Popstars der Schalker Mannschaft und machten nicht nur ihre Gegenspieler verrückt, sondern auch ihre vielen Fans. Ihre Beliebtheit ging so weit, dass es sie sogar als Bravo-Starschnitt gab. Viel wichtiger als der Personenkult waren allerdings Kremers Leistungen auf dem Platz und die waren oft grandios. Als pfeilschneller Linksaußen ließ er seine Gegner reihenweise stehen. Sein Spiel war zwar etwas gradliniger als das des Dribbelkünstlers Stan Libuda – doch Kremers war nicht weniger gefährlich. Bekannt war der inzwischen 73-Jährige für seine Flanken, mit denen er Mittelstürmer Klaus Fischer immer wieder fütterte. Nur wenige Wochen vor dem Pokalfinale gewann er mit Deutschland auch den EM-Titel.

Klaus Fischer

Den Ruf als „Mr. Fallrückzieher“ erarbeitete sich der Angreifer erst später, doch schon 1972 war Fischer (heute 72) ein eiskalter Knipser und gleichzeitig kompletter Mittelstürmer. Egal, ob mit dem Fuß oder mit dem Kopf: Bekam der gebürtige Bayer den Ball im Strafraum serviert, dauerte es meist nicht lange, bis dieser im Netz zappelte. Seine 268 Bundesligatore dürften als Beweis genügen  – nur Gerd Müller und Robert Lewandowski trafen in Deutschlands Top-Liga häufiger. Aber: Als Beteiligter des Bundesligaskandals hat auch Fischer keine weiße Weste.

Das 4:0 für Schalke: Stürmer Klaus Fischer trifft, während FCK-Torwart Josef Elting verzweifelt.
Das 4:0 für Schalke: Stürmer Klaus Fischer trifft, während FCK-Torwart Josef Elting verzweifelt. © Picture Alliance | Unbekannt

Stan Libuda

Der Kapitän der Mannschaft. Als Rechtsaußen zeigte Libuda im Pokalfinale ein grandioses Spiel. Mit unfassbaren Tricks hat er die Verteidiger des FCK auseinandergenommen. Nach tollem Sololauf bereitete er das 4:0 durch Fischer vor – genau das war seine Spezialität und auch der Ursprung seines Spitznamens. Stan wurde Libuda, der mit bürgerlichem Namen Reinhard hieß, nämlich in Anlehnung an die englische Dribbel-Legende Sir Stanley Matthews genannt. In Sachen Talent war Libuda zweifelsfrei einer der besten Schalker der Klub-Geschichte. Aber: Er hatte immer wieder mit Formschwankungen zu kämpfen. Diese verhinderten wohl auch eine gigantische Karriere in der Nationalmannschaft. So kommt er auf „nur“ 26 Länderspiele für Deutschland. Auf Schalke ist der 1996 im Alter von nur 52 Jahren verstorbene Stürmer dennoch unvergessen. Auf dem Vereinsgelände ist noch heute eine Straße nach Libuda benannt.

Ivica Horvat

Der Trainer übernahm Schalke 04 im Sommer 1971 und formte schnell eine grandios funktionierte Mannschaft. Dabei galt er zwar als Disziplinfanatiker, zeichnete sich aber auch durch Menschlichkeit und seine lange Leine aus. Heißt: Wenn die Mannschaft Leistung gebracht hat, drückte er auch gern auch mal ein Auge zu. Weil Horvat die richtige Mischung gefunden hat, gingen seine Spieler für ihn durchs Feuer und nannten ihn teilweise sogar „Papa Horvat“. 2012 ist der Kroate im Alter von 86 Jahren verstorben.