Gelsenkirchen. Der FC Schalke 04 hat Alexander Schwolow als neue Nummer eins geholt. Doch wie gut ist der neue Torwart von Hertha BSC? Eine Analyse.

Noch vor dem Trainingsauftakt am kommenden Montag hat der FC Schalke 04 seine neue Nummer eins präsentiert. Wie der Klub am Mittwoch bekannt gab, wechselt Torwart Alexander Schwolow (30) vom Ligakonkurrenten Hertha BSC auf Leihbasis zu den Gelsenkirchenern. Schwolow, dessen gut dotierter Vertrag in Berlin noch bis 2025 gilt, verzichtet für die Leihe auf sehr viel Geld. Der vereinbarte Leihvertrag enthält keine Kaufoption - sollte Schwolow ein überzeugendes Jahr spielen, müsste Schalke im Sommer 2023 erneut mit Hertha BSC verhandeln. Doch zunächst muss Schwolow beim Aufsteiger unter Beweis stellen, dass er ein sicherer Rückhalt für die Schalker sein kann. Denn zuletzt konnte der 30-Jährige nicht überzeugen. Das unterstreicht das Datenscouting unseres Kooperationspartners "Createfootball". Lesen Sie hier unsere ausführliche Daten-Analyse zum neuen Schalke-Torwart.

Schalke-Torwart Alexander Schwolow in der Analyse

Schalke Schwolow
Schalke Schwolow

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Erklärung zu Tabelle 1: Verhinderte Tore = Die Anzahl der verhinderten Tore durch einen Torwart pro 90 Minuten ergibt sich aus der Differenz zwischen den "expected Goals" (erwartete Tore) und den gefallenen Gegentoren. Ein positiver Wert weist hier auf eine starke Torwartleistung hin. In der Fußballersprache bedeutet das: Der Torwart hält ab und an auch einen 'Hunderprozentigen'. Im Fall von Alexander Schwolow liegt der Wert in der letzten Saison im negativen Bereich. Das bedeutet, dass der neue Schalke-Torwart mehr Treffer kassiert hat, als es eigentlich der Fall gewesen sein sollte. Fakt ist: Bei dieser modernen Statistik war kein bewerteter Bundesliga-Torhüter schlechter als Schwolow.

Auf dem letzten Platz landet er in der letzten Saison auch bei der Quote der gehaltenen Bälle ("Savequote" - 60 Prozent) und den Schüssen pro Gegentor (2,5, Liga-Durchschnitt 3,2). Die letzte Freiburg-Saison 19/20 war ein Ausreißer, ansonsten lag Alexander Schwolow in vielen weiteren Bereichen unter dem Bundesliga-Durchschnitt (siehe Grafik 1). Aus kurzer Distanz (0 bis 10 Meter vor dem Tor, Grafik 2)) hatte Schwolow in der abgelaufenen Saison bei Hertha BSC noch eine ordentliche Bilanz vorzuweisen. In diesem Bereich lag er im Vergleich mit allen Torhütern der Bundesliga mit mindestens 1500 Spielminuten (17 Torhüter in der Saison 2021-22) auf Rang zehn. Dabei gehörte das in den Jahren zuvor nicht zu seinen Stärken. In der Saison 2018/19 hielt er in Freiburg weniger als 50 Prozent der Torschüsse aus kurzer Distanz (siehe Tabelle unten).

Schalke-Zugang Alexander Schwolow: Ranking und Vergleich zum Bundesliga-Schnitt (AVG)

 

 

Schwolow

21/22

Avg. TW

Bundesliga 21/22

Rang im Bundesliga-TW Vergleich

Savequote %

60%

68%

17/17

Verhinderte Tore

-0.24

0

17/17

Schüsse pro Gegentor

2.5

3.2

17/17

Abgewehrte Schüsse aus kurzer Distanz % (0-10 Meter)

55%

59%

10/17

Abgewehrte Schüsse aus mittlerer Distanz % (10-20 Meter)

59%

70%

16/17

Abgewehrte Schüsse aus weiter Distanz % (20+ Meter)

76%

87%

16/17

Angekommene Pässe

18

24

16/17

Angekommene lange Bälle

4.6

7.1

15/17

Abwehraktionen außerhalb des Strafraums

1.1

1.3

11/17

Anteil der Spiele ohne Gegentor %

13%

23%

16/17

In den letzten zwei Jahren in Berlin war der neue Schalke-Schlussmann dafür deutlich anfälliger aus größeren Schussdistanzen als in den Jahren zuvor. Sowohl aus der mittleren (10 bis 20 Meter) als auch aus der weiten Distanz (20 Meter und mehr) schnitt er im Bundesliga-Ranking der Torhüter auf dem vorletzten Platz ab. Jeder vierte Schuss aus mehr als 20 Metern (nur 76 Prozent abgewehrte Schüsse) landete somit in Schwolows Kasten. Im Schnitt wehrten die Bundesliga-Torhüter 87 Prozent der Distanzschüsse ab.

Der neue Schalke-Torwart Alexander Schwolow kassiert ein Gegentor aus der Distanz.
Der neue Schalke-Torwart Alexander Schwolow kassiert ein Gegentor aus der Distanz. © dpa

In den zwei Jahren bei Hertha BSC war er in fast allen torwartspezifischen Statistiken einer der schwächsten Bundesliga-Keeper (Grafik 1). Nur zwei Torhüter hatten in den europäischen Top-5 Ligen eine schwächere „Schüsse pro Gegentor-Bilanz“ als Schwolow.

Rein statistisch wäre Stefan Ortega (29) für Schalke die bessere Wahl gewesen. Der Torhüter, der Arminia Bielefeld nach dem Abstieg verlassen wird, ist in einigen Statistiken Ligaspitze (siehe Tabelle unten). Klar ist aber auch, dass er für Schalke deutlich deutlich teurer als Schwolow gewesen wäre. Zudem liegen Ortega Anfragen aus dem Ausland vor, ein Transfer wäre somit schwer zu realisieren gewesen.

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Der neue Schalke-Trainer Frank Kramer ließ in Bielefeld oft über Torwart Ortega eröffnen, häufig auch per langem Pass, hierfür war Ortega perfekt geeignet. Ob das auch mit Schwolow umzusetzen ist? Der S04-Zugang hat in Freiburg öfter lang eröffnet als in Berlin, ist allerdings kein mitspielender Keeper – nur Robin Zentner (Mainz) spielt pro 90 Minunten weniger Pässe als Schwolow.

Die folgende Statistik zeigt die Leitungen Schwolows im Vergleich zu Ortega und Schalkes Aufstiegstorwart Martin Fraisl, der keinen Vertrag mehr bei den Königsblauen erhielt. Fraisl war in der letzten Saison ein mitspielender Torwart, hatte deutlich mehr Abwehraktionen weit vor dem eigenen Tor als Schwolow und Ortega. Die meisten Statistiken führt jedoch Ortega an.

Schalke-Zugang Alexander Schwolow im Vergleich mit Martin Fraisl und Stefan Ortega (Tabelle 3)

 

 

Schwolow

21/22

Fraisl

21/22

Ortega

21/22

Savequote %

60%

69%

71%

Prevented Goals*

-0.24

-0.07

+0.32

Schüsse pro Gegentor

2.5

3.2

3.5

Abgewehrte Schüsse aus kurzer Distanz % (0-10 Meter)

55%

52%

67%

Abgewehrte Schüsse aus mittlerer Distanz % (10-20 Meter)

59%

71%

72%

Abgewehrte Schüsse aus weiter Distanz % (20+ Meter)

76%

83%

88%

Angekommene Pässe

18

22

30

Angekommene lange Bälle

4.6

7.5

14

Abwehraktionen außerhalb des Strafraums

1.1

1.8

0.9

Anteil der Spiele ohne Gegentor %

13%

31%

18%

Fazit der Analyse für den neuen Schalke-Torwart Alexander Schwolow

In den vergangenen beiden Spielzeiten gehörte Alexander Schwolow statistisch zu den schlechtesten Bundesliga-Torhütern. Relegations-Teilnehmer Hertha BSC konnte er nur selten Stabilität verleihen. Auf Schalke erhält er nun eine neue Chance. Finanziell hat es aus S04-Sicht besser gepasst als bei anderen Kandidaten. Die Aufstiegeuphorie und die neue Ruhe im Umfeld könnten ihm helfen. Klar ist, dass sich Schwolow bei den Königsblauen deutlich steigern muss.