Gelsenkirchen. Schalke-Fans diskutierten zuletzt kontrovers über Pyrotechnik. Auch DFL und DFB sollten die Debatte wieder aufnehmen. Kommentierende Einordnung.
Zwei Jahre lang hatte der deutsche Fußball keine Probleme mit dem Thema Pyrotechnik in Fankurven - wegen der Corona-Pandemie gab es zunächst Geisterspiele und dann lediglich eine Teilzulassung der Zuschauer. Seit März dürfen die Stadien wieder voll ausgelastet werden - und die Bengalischen Feuer sind zurück. Das kontroverse Thema, lange vertagt, liegt wieder auf dem Tisch von DFL und DFB.
An diesem Montag verdonnerte der DFB Schalke zu 93.160 Euro Strafe - ein Großteil davon für das Zünden von Pyrotechnik am Rande des Spiels gegen den FC St. Pauli am 7. Mai, als Schalke den Aufstieg perfekt machte. Es ist nicht die erste Strafe für S04. Die Spieler Malick Thiaw und Darko Churlinov (Schalke) wurden für das Tragen von Pyrofackeln nach dem Spiel mit je 25.000 Euro Geldstrafe belegt.
Schalke legte Einspruch gegen die Klubstrafe ein - und akzeptierte auch das Urteil gegen die Spieler nicht unmittelbar; im Gegensatz zu Werder Bremen, dessen Profi Niclas Füllkrug für das gleiche Vergehen bestraft wurde. Ist es verwerflich, wenn in einer Aufstiegsfeier voller Emotionen ein Fußballprofi für wenige Augenblicke eine Fackel schwingt? So scheinen die Schalker zu denken. Oder muss sich ein Profi auch dann im Griff haben, an das Verbot denken und daran, wie gefährlich das eigentlich ist? Ja, das sagt der DFB - verständlich. Einen Verstoß gegen geltende Gesetze kann der Verband nicht ignorieren, schon gar nicht von Profis, die auch eine Vorbildfunktion haben.
Pfeifkonzert bei Schalke-Mitgliederversammlung
Auch die Mitgliederversammlung der Schalker am 12. Juni lieferte einen Beweis, wie verschieden Fußballfans denken. Ein Mitglied der Königsblauen trat ans Mikrofon und verlangte vom Vorstand, stärker gegen Pyrotechnik vorzugehen, damit Mitgliedsbeiträge nicht als Geldstrafe zum DFB wandern. Ein berechtigter Einwand - niedergepfiffen von einem Großteil der Schalker, aber nicht von allen. Schalkes Vorstandschef Bernd Schröder antwortete neutral: Pyrotechnik sei ein Teil der Fankultur, für diesen Satz erhielt er Beifall. Aber erst einmal seien die Verbände gefragt.
Auch interessant
Doch wie könnten die entscheiden? Fußball-Verbände und einige Fan-Organisationen setzten sich bereits in Arbeitsgemeinschaften häufig zusammen, mal gab es Annäherungen, aber nie Einigungen. Die Verbände verweisen zurecht auf Gesetze und die riesengroße Gefahr, die von den heißen Fackeln auch für unbeteiligte Anhänger ausgehen. Einige Fan-Organisationen streben hingegen eine komplette Legalisierung an. Das sei möglich, schrieben zum Beispiel vereinte Ultragruppen in einer Erklärung, indem Rahmenbedingungen für legales Abbrennen geschaffen würden und die Fanszenen die Eigenverantwortung dafür trügen. Gibt es diese Legalisierung, versprechen sie, auf Leuchtspurgeschosse zu verzichten, darauf aufzupassen, dass Pyrotechnik nur in die Hände verantwortungsbewusster Fans kommt, nichts mehr auf den Platz oder in benachbarte Fanblöcke geworfen wird. Und sie würden auf Böller, Kanonenschläge und Leuchtspurgeschosse verzichten.
Eine Basis für eine Einigung? Bisher nicht. Und die Spirale dreht sich deshalb immer weiter, die Gefährdung - das zeigen die Ereignisse in vielen Stadien nach Saisonende - steigt, immer wieder drohen Spielabbrüche. Täter sind häufig vermummt und schwer zu ermitteln. Eine Selbstreinigung der Kurve ist schwierig, da die Bengalos und Böller mitten im Kreis von Pyro-Unterstützern gezündet werden. Die kleinen Fackeln ins Stadion zu schmuggeln, ist für sie ohnehin noch nie ein Problem gewesen. Und DFB und Gerichte? Die dürfen, bestätigt vom BGH, weiter Kollektivstrafen verhängen, das heißt, sie dürfen ganze Fankurven für das Fehlverhalten einzelner bestrafen.
Auch interessant
Die Zukunft kann das aber nicht sein. Wären Pyro-Zonen und nur namentlich bekannte Zünder ein großes Problem? Würden sie wirklich alle anderen Böller und Bengalos verhindern? Es wird Zeit, dass dies wieder ernsthaft diskutiert und die festgefahrene Debatte neu geführt wird.