Gelsenkirchen. Der Vertrag von Schalke-Torwart Martin Fraisl endet im Juni. Noch ist offen, ob er verlängert wird oder nicht. Was spricht für, was gegen ihn?

Auf die Torwart-Frage hatte Rouven Schröder schon gewartet. Als diese Zeitung während der Pressekonferenz vor dem Zweitligaspiel des FC Schalke 04 gegen den 1. FC Heidenheim (Samstag, 13.30 Uhr/Sky) den Sportdirektor dazu befragte, ob sie für die kommende Saison geklärt sei, reagierte Schröder mit einer Lobeshymne auf den aktuellen Stammkeeper Martin Fraisl: "Martin ist seit Wochen in einer sehr, sehr guten Form - nicht nur auf dem Feld, auch mental ist er bockstark."

Schalke-Sportdirektor Schröder: "Es knatscht und knirscht auch mal"

Doch bei allem Lob ist die Wahrheit: Fraisls Vertrag endet am 30. Juni, eine Nummer eins für die kommende Saison - in welcher Liga Schalke auch immer spielen wird - gibt es noch nicht. Da auch der Vertrag des dritten Torhüters Michael Langer endet, steht bisher lediglich der langjährige Schalker Ralf Fährmann unter Vertrag.

"Wir haben gesagt, dass wir uns bis zum Schluss Gedanken machen, wie wir Schalke bestmöglich aufstellen. Es ist so, dass es dann auch mal knatscht und knirscht. Bei Verträgen, die auslaufen, möchte man immer gern wissen, wo es hingeht. Aber wir wissen ja noch nicht einmal, in welche Liga es geht", sagte Schröder. Er habe aber nicht das Gefühl, dass diese Ungewissheit Fraisls Leistung beeinflusst: "Dass es noch nicht weitergeht, hat nichts mit der Qualität des Menschen zu tun. Wir sind da in ständigem Austausch. Wenn ich das Gefühl habe, dass es irgendeinen hemmt, dann besprechen wir das. Aber das habe ich nicht."

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Doch was spricht für und was gegen eine Verlängerung des Vertrages mit dem 28-jährigen Fraisl?

Pro Vertragsverlängerung mit Fraisl

Sportliche Qualität: Nervenstark im Eins-gegen-eins, gut mit Ball am Fuß - die Grundtechniken des Torwartspiels beherrscht Fraisl. Durch das Torwarttraining mit dem inzwischen geschassten Niederländer Wil Coort hat er sein Positionsspiel verfeinert. Fraisl hat bisher nachgewiesen, ein solider Zweitliga-Torwart zu sein - nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Charakter: In Fraisls Wortschatz taucht das Wort "Floskel" nicht auf. Er ist sehr direkt, sagt stets seine Meinung, kommt bei den Fans gut an - obwohl er weit entfernt von Gelsenkirchen geboren und aufgewachsen ist, passt er allgemein sehr gut zum Ruhrgebiet und speziell zum Klub S04.

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Entwicklungspotenzial: Fraisl gilt als "Trainings-Monster" - auch als er lediglich die Nummer drei im Kader war, ging er jede Einheit an, als würde er sich auf ein Pokalfinale vorbereiten. Seine Situation ist vergleichbar mit der von Manuel Riemann (VfL Bochum) und Stefan Ortega (Arminia Bielefeld) vor ein paar Jahren. Alle drei sind für Torhüter nicht besonders groß - Fraisl 1,87 Meter, Riemann einen und Ortega sogar zwei Zentimeter kleiner. Riemann und Ortega waren noch vor wenigen Jahren durchschnittliche Zweitliga-Torhüter ohne Bundesliga-Erfahrung. Sie entwickelten sich aber analog zu ihren Klubs weiter. Riemann gehört inzwischen zu den Top-Torhütern der Bundesliga und ist in Bochum unumstrittene Führungsfigur. Ortega ist sogar beim FC Bayern als zweiter Mann hinter Manuel Neuer im Gespräch. Fraisl ist so eine Entwicklung durchaus zuzutrauen.

Kosten: Für eine Vertragsverlängerung mit Fraisl müsste Rouven Schröder nicht zu tief in die Vereinskasse greifen und hätte finanziellen Spielraum für andere Verpflichtungen.

Contra Vertragsverlängerung mit Fraisl

Fehlende Erfahrung als Erstliga- oder Aufstiegstorwart: Fraisl hinterließ zwar bisher einen guten Eindruck auf Schalke - aber er stand noch nie langfristig bei einem Klub unter Vertrag. Außerdem fehlt ihm die Erfahrung in einer Top-Liga Europas - möglicherweise ein Nachteil, wenn Schalke aufsteigt. Sollte Schalke den Sprung in die Bundesliga verfehlen bleibt es dabei, dass Fraisl bisher kein Aufstiegstorwart war.

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Noch keine richtig herausragenden Leistungen: Fraisl hat einige gute Spiele für Schalke absolviert, blieb zu Beginn sogar viermal ohne Gegentor. Allerdings hat er seinem Team noch kein Spiel gewonnen. Eine unüberwindbare Mauer im Tor wie zum Beispiel Fährmann in den Jahren 2017 und 2018 war er bisher nicht. Dass Schalke um den Aufstieg mitspielt, wird nicht zunächst mit ihm in Verbindung gebracht.

Seltene Gelegenheit: Ein Punkt, der nur bedingt mit der Qualität Fraisls zu tun hat: Die Vertragssituation bietet Schröder die seltene Chance, auf einer zentralen Position im Kader nach Absprache mit einem neuen Cheftrainer Akzente zu setzen, ohne vorher einen Vertrag auflösen zu müssen. Es ist gut möglich, dass Schröder dem neuen Cheftrainer auf der Torwartposition einen Wunsch erfüllen kann.

Körpergröße: Immer wieder im Schalke-Umfeld zu hören ist, dass Fraisl mit 1,87 Metern Körpergröße zu klein für einen herausragenden Torwart ist. Aber nicht alle Bundesliga-Torhüter sind deutlich größer als der Österreicher - siehe Riemann und Ortega.