Gelsenkirchen. Warum kam Schalke gegen Kiel nicht über ein 1:1 hinaus? Trainer Grammozis fand eine klare Antwort: Weil S04 nach der Pause abbaute. Die Analyse.
Auf der Tribüne saß einer, der beim FC Schalke 04 die besseren Zeiten erlebt hat: Ebbe Sand zählte zu den 750 Zuschauern, die das erste Zweitliga-Spiel des Jahres gegen Holstein Kiel verfolgten. Auch der 49-Jährige, auf Schalke 15 Jahre nach dem Abgang immer noch ein Idol, hatte sich mehr versprochen. Die Schalker zeigten nicht das erwartete Feuerwerk, gewannen nicht einmal und verpassten den Sprung auf Platz drei. Sie konnten froh über das 1:1 (0:0) sein, rutschten aber in der Tabelle auf Rang sechs ab. Die Fans sind ernüchtert – nicht mehr euphorisch.
„Wir sind auf keinen Fall zufrieden“, grummelte Schalkes Trainer Dimitrios Grammozis. „Denn wir wussten, dass wir einen großen Schritt hätten gehen können.“ Die drei Teams, die vor dem Spieltag vor Schalke standen, kamen alle nicht über ein Unentschieden hinaus – Schalke nutzte das nicht, sondern schloss sich dem Top-Trio an.
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Dabei hatte vor dem Anpfiff zum ersten Mal auch ein Offizieller den Weg der Zurückhaltung aufgegeben. „Wir können aufsteigen“, sagte Sportdirektor Rouven Schröder am Sky-Mikrofon. Und es sprach viel für S04: Ein für Zweitliga-Verhältnisse hochkarätiger Kader stand Grammozis zur Verfügung. „Der ist schon schlagkräftig, wenn man auf die Ersatzbank schaut“, sagte Schröder. Die Routiniers Marius Bülter, Dominick Drexler und Danny Latza mussten zusehen.
Schalke vergibt vier gute Chancen
Doch nur in den ersten 20 Minuten zeigten die Schalker den Schwung, der sie in den letzten Spielen vor der Winterpause ausgezeichnet hatte – sie spielten variabel, energisch, waren zweikampfstark. Simon Terodde, der nach vier Wochen Pause sein Comeback feierte (5.) und Blendi Idrizi (10.) ließen große Chancen ungenutzt. Später in der ersten Hälfte vergaben Salif Sané (35.) und Darko Churlinov (41.) weitere Möglichkeiten. „Wenn du so eine Dominanz hast wie wir in der ersten Halbzeit, musst du eine der Möglichkeiten ausnutzen“, sagte Grammozis.
Doch es blieb zu lange beim 0:0. Die Kieler, die durch etliche Corona-Erkrankungen keine gute Vorbereitung absolviert hatten und auf acht Spieler verzichten mussten, kamen immer besser ins Spiel – und gestalteten es nach der Pause sogar ausgeglichen. „Hätte mir vor dem Spiel jemand gesagt, dass wir ein 1:1 holen, dann hätte ich das sofort unterschrieben“, sagte Trainer Marcel Rapp und fügte hinzu: „Ich finde, dass es sogar ein gerechtes Unentschieden war.“ Das stimmt.
Schalke-Trainer Grammozis kritisiert Ouwejan
Die Kieler gingen durch einen Traumschuss von Alexander Mühling (67.) in den Winkel sogar in Führung – weil die Schalker den Faden komplett verloren hatten. „Ab der 60. Minute wurde es wild. Wir waren zu hektisch, hatten viel mehr Ballverluste, weil wir zu schnell nach vorn wollten“, sagte Grammozis. Rodrigo Zalazar, in der ersten Hälfte bester Spieler auf dem Feld, baute merklich ab. "Er ist ein junger Spieler, muss noch dazulernen. Er hat in ersten Halbzeit wahnsinnig viel investiert", lobte Grammozis, ließ dann aber versteckte Kritik folgen: "Ich habe lieber Jungs, denen man sagen muss: Energien behalten, damit man auch in der zweiten Halbzeit nachlegen kann." Zalazar war in der Schlussphase platt, musste vorzeitig raus.
Im Abwehrzentrum fehlte Salif Sané bei seinem ersten Einsatz von Beginn an seit sieben Monaten nach der Pause die Fitness für 90 Minuten. "Salif hat abgebaut", sagte Grammozis. Nach 69 Minuten wurde er durch Zugang Marius Lode ersetzt.
Und die Standardsituationen von Thomas Ouwejan kamen zu keinem Zeitpunkt an. "Heute hatte er nicht den allerbesten Fuß", kritisierte Grammozis. 0:1 gegen Kiel, schwächelnde Spieler - es sah nicht gut aus für Königsblau.
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Dass es immerhin zu einem Punkt reichte, war einem Spieler zu verdanken, der in der zweiten Hälfte nur einmal zu sehen war. In der 73. Minute startete Simon Terodde nach einem Pass von Victor Palsson im richtigen Moment und glich zum 1:1-Endstand aus. „Simon hat zwar nicht das Laufvolumen anderer Spieler, aber er hat die Qualität, aus dem Nichts ein Tor zu erzielen“, lobte Grammozis.
Schalke tritt am Samstag bei Erzgebirge Aue an
Nach dem zweiten Remis in Folge folgt nun die berüchtigste Auswärtsfahrt der Zweiten Liga – mitten im Winter geht es nach Aue (Samstag, 20.30 Uhr/Sport 1 und Sky). „Im Erzgebirge“, sagt Grammozis, „ist es nie einfach.“ Ein Feuerwerk ist auch in diesem Spiel nicht zu erwarten.