Gelsenkirchen. Drei Fanclub-Chefs diskutieren über ihren Herzensklub. Sie erzählen von der Stimmung, den Hoffnungen und schwärmen vom „bombastischen“ Schröder.
Wer die größten Schalke-Fanclubs des Landes sucht, muss ins Sauerland oder Münsterland reisen. Dort haben sich Königsblau Brilon (rund 1190 Mitglieder), Attacke 94 Wettringen (784) und die Schalker Knappen Coesfeld (770) angesiedelt. Angeführt werden sie von Georg Vonnahme in Brilon, Berthold Bültgerds in Wettringen und Jens König in Coesfeld.
Die Club-Chefs sind ständig im Austausch mit Fans, kennen ihre Sorgen und Hoffnungen, fiebern selbst mit, wenn der FC Schalke 04 am Sonntag (13.30 Uhr/Sky) gegen Holstein Kiel wieder in die Saison startet. Grund genug, um mit ihnen über Stimmung, Spieler und die Zweite Liga zu sprechen.
Schalke spielt seit rund sechs Monaten in der Zweiten Liga. Haben Sie sich schon daran gewöhnt?
Vonnahme: Viele Schalker mussten sich an die Zweite Liga gewöhnen. Ich denke, wir sind ganz gut angekommen und machen uns besser als viele erwartet haben.
König: Unsere Erwartungen an die Liga waren gemischt. Einige haben es sehr skeptisch gesehen, andere waren sehr optimistisch. Wir stehen mit dem vierten Platz in der Hinrunde gut da. Mittlerweile ist die Euphorie auch bei uns im Fanclub wieder groß.
Bültgerds: Nach so vielen Jahren ist es ungewohnt, plötzlich in der Zweiten Liga zu spielen. Inzwischen blickt man aber endlich wieder mit Freude auf das nächste Spiel. Man hat gesehen, was das Team zu leisten imstande ist. Wir freuen uns auf die Rückrunde.
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Das klingt alles sehr positiv. Wie nehmen Sie die Stimmung in Ihren Fanclubs wahr?
Vonnahme: Viele Fans sind inzwischen wieder euphorisch, das wurde in der Hinrunde ja auch in der Arena deutlich. Dass nun vieles gelöster ist, hängt für mich auch mit dem Abstieg zusammen. Es war zwar ein ganz bitterer Moment, keine Frage. Aber es hat gutgetan, dass wir danach wieder Luft holen konnten.
König: Wir merken, dass auf Schalke jetzt ein Team auf dem Platz steht – und das überträgt sich auch auf uns. Die Fans haben wieder Lust auf Schalke. Viele haben bei den letzten Spielen in der Bundesliga gesagt: Ich kann Samstag auch mal etwas anderes machen. Da bestand schon die Gefahr, dass einige Leute dem Verein den Rücken kehren. Nun aber geht es wieder in die richtige Richtung.
Bültgerds: Ich spreche gern von gedämpftem Optimismus. Die Spiele vor der Winterpause haben aber Hoffnung gemacht und gezeigt, was möglich sein kann.
Welchen Einfluss hat die Ligazugehörigkeit auf Ihr Verhältnis zu Schalke?
Vonnahme: Schalke-Fan zu sein, war schon immer etwas Besonderes. Natürlich hat man sich in der letzten Saison geärgert, aber jetzt kehrt das positive Denken zurück. Mein Verhältnis zum Verein mache ich nicht an einer bestimmten Liga fest. Viel wichtiger ist, dass die Truppe, der Klub und die Fans zusammenhalten. Das macht Schalke aus.
König: Klar, ist es schöner in der Ersten Liga zu spielen. Aber auch die Zweite Liga hat ihren Charme, mit Vereinen wie Hamburg, Bremen, Nürnberg oder Düsseldorf.
Bültgerds: Dass Schalke in der Zweiten Liga spielt, macht mir persönlich nichts. Ich freue mich über jeden Sieg und ärgere mich genauso über jede Niederlage. Das wäre wahrscheinlich sogar der Fall, wenn sie noch eine Liga tiefer wären.
Wie beurteilen Sie die bisherigen Leistungen der Schalker?
Vonnahme: Dafür, dass die Mannschaft förmlich aus dem Boden gestampft wurde, haben sie eine gute Hinrunde gespielt. Ärgerlich war nur das Pokal-Aus bei 1860 München.
König: In den letzten drei, vier Spielen vor der Winterpause hat sich die Mannschaft sportlich deutlich verbessert gezeigt, eine Entwicklung war erkennbar und das macht mir Hoffnung. Ich hatte ein bisschen die Sorge, dass mit dem Ausfall von Simon Terodde alles zusammenbricht. Aber zum Glück haben sie gezeigt, dass es auch ohne ihn läuft.
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Terodde ist ein gutes Stichwort. Welcher Spieler hat Sie im Saisonverlauf positiv überrascht?
König: Mich hat Ko Itakura ziemlich überrascht. Natürlich war klar, dass er Qualität mitbringt, aber für mich war er in der Defensive bislang ein ganz wichtiger Faktor. Er hat die Abwehr gut zusammengehalten und die Offensive mit angekurbelt. Auch Thomas Ouwejan war eine tragende Figur. Aber sogar die jungen Schalker haben ihren Anteil an der Hinrunde.
Vonnahme: Ich kann mich nur anschließen. Gefreut hat mich auch, dass der junge Mehmet Aydin auf der rechten Seite einen so guten Job gemacht hat. Endlich mal wieder ein Junge aus der Knappenschmiede, der den Weg bis zu den Profis geschafft hat – in den vergangenen Jahren gab es davon nicht mehr so viele. Der Verein gibt viel Geld dafür aus, die Leute in der Jugend zu entwickeln, doch leider verlassen uns dann viele Talente zu früh. Und an Aydin sollen jetzt ja auch schon einige größere Klubs interessiert sein.
Bültgerds: Ich hätte nicht gedacht, dass Terodde auch auf Schalke so gut funktioniert – für mich war das eine positive Überraschung. Und ich liebe natürlich Spieler wie Rodrigo Zalazar, die außergewöhnliche Dinge machen und das Eins-gegen-Eins suchen.
Für die Transferplanungen hauptverantwortlich ist Rouven Schröder. Wie zufrieden sind Sie mit der Arbeit des Sportdirektors?
Bültgerds: Bei Schröders Transfers scheint ein Konzept dahinterzustecken. Er hat viele Spieler verpflichtet, die in Deutschland kaum jemand kannte, doch einige davon haben bereits ihr Können gezeigt.
Vonnahme: Schröder macht bisher einen bombastischen Job. Was er mit wenig Kohle für Leute geholt hat, die voll eingeschlagen sind, ist schon erste Sahne. Natürlich wird es im Saisonverlauf noch Rückschläge geben, aber im Moment sollten wir als Fans wenige Gründe haben, um herumzumeckern.
König: Was man Schröder auch zugutehalten muss: Die Transfers werden verkündet, ohne dass vorher schon alle Bescheid wussten. Früher wurde auf Schalke drei, vier Tage darüber diskutiert: Kommt er denn? Kommt er nicht? Es war schon in allen Zeitungen. Nun läuft alles im Hintergrund ab. Das bringt auch ein bisschen Ruhe rein.
Trainer Dimitrios Grammozis ist auf Schalke immer wieder umstritten. Zurecht?
Bültgerds: Es war ein starkes Zeichen, dass der Verein auch in einer schwierigen Situation am Trainer festgehalten hat. Ich habe das Gefühl, dass sich auch der Trainer im Laufe der Vorrunde weiterentwickelt hat. Die Kritik an ihm war nicht immer unberechtigt, aber in den letzten Spielen war das Team offensiver und aggressiver. Genau so nimmt man die Fans auf Schalke mit.
König: Ich fand es stark, an ihm festzuhalten. Es wurden auf Schalke fünf, sechs Trainer in kürzester Zeit verbrannt und das hat nichts gebracht. Klar, hat er auch Fehler gemacht, aber jetzt scheint es sich mit Grammozis in die richtige Richtung zu entwickeln.
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Die wichtigste Frage kommt zum Schluss: Schafft Schalke den Aufstieg?
Vonnahme: Ich hoffe es. Mir wäre es egal, ob wir am letzten Spieltag Erster oder Zweiter sind – Hauptsache es reicht. Andererseits denke ich, dass ein weiteres Jahr 2. Bundesliga für uns vielleicht gar nicht so schlecht wäre. Dann hätten wir eine weitere Saison, in der wir uns ein bisschen konsolidieren können.
König: Klar, ist die Hoffnung groß. Mir würde auch der dritte Platz reichen, wenn wir uns dann in der Relegation durchsetzen. Der Traum ist es, gemeinsam mit Nürnberg am letzten Spieltag aufzusteigen. Streitig machen könnten es uns aber die beiden Klubs aus Hamburg. Die gesamte obere Tabellenhälfte ist dabei total eng, die Liga ausgeglichen. Gut möglich also, dass nach 34 Spieltagen eine Überraschungsmannschaft aufsteigt. Aber ich hoffe am Ende auf Platz eins, zwei oder drei zu stehen.
Bültgerds: Fußball-Fans tippen ja ganz gerne und liegen meistens daneben. Ich hoffe sehr, dass ich richtig liege, wenn ich sage: Wir werden Dritter.