Gelsenkirchen. Nach den Vorkommnissen beim Zweitliga-Spiel zwischen Bremen und Schalke sieht der Weltmeister Handlungsbedarf.

Der späte Strafstoß beim 1:1 in Bremen bringt das königsblaue Blut auch Tage später noch zum Kochen: Schalkes Henning Matriciani im Zweikampf Werders Roger Assalé im 16er.

Schalke-Ikone Thon: „Wir waren uns einig“

Der Bremer nimmt den Ball klar mit der Hand mit, wird dann angeblich von Matriciani am Fuß getroffen. Schiri Tobias Stieler lässt zunächst weiterlaufen, wird dann aber von Video-Assistant-Referee Christian Dingert an den Monitor beordert.

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Stieler ignoriert Assalés Handspiel, will stattdessen ein Foul Matricianis erkannt haben: Elfmeter, 1:1 in der 99. Minute. Selbst der DFB kritisierte Stielers übereifriges Eingreifen als „nicht angemessen“.

Eine Korrektur sei nur angezeigt „wenn absolute Klarheit über einen Fehler“ bestehe. Hier bestand nicht mal ein Fehler.

Olaf Thon war Co-Kommentator der Partie bei Sport 1. „Wir am Mikro waren uns einig, dass es keine Berührung gegeben hatte, wenn überhaupt, war es ein Handspiel des Bremers“, betont die S04-Legende.

„Dabei bleibe ich auch. Dass sich der DFB für die schlechte Leistung entschuldigt hat, ist aller Ehren wert – aber so eine Fehlentscheidung? Die kennen doch die Regeln.“

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Nun müsse es „persönliche Konsequenzen für die beteiligten Personen“ geben, fordert Thon und schlägt eine „zwei- bis vierwöchige Einsatzpause“ für Stieler und Dingert vor. Dennoch: Schalke sind zwei Punkte geraubt worden, noch dazu im Duell mit einem direkten Aufstiegsrivalen. Und so entsteht wieder mal der Eindruck: Der VAR ist kein Schalker.

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VAR-Frust hielt sich bisher in Grenzen

Dabei hatte es auf Schalke in der laufenden Saison bislang kaum VAR-Frust gegeben. Vor dem Skandal-Elfer von Bremen hatte sich Köln lediglich fünfmal eingeschaltet: Bei der 1:3-Auftaktniederlage gegen den HSV war das zunächst abgewunkene 1:0 durch Simon Terodde nachträglich anerkannt worden.

Eine Woche später, beim 3:0-Auswärtssieg in Kiel, wurde das vermeintliche 2:1-Anschlusstor des Ex-Schalkers Steven Skrzybski wegen Abseits einkassiert.

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Beide Korrekturen waren ebenso richtig wie die Annullierung von Marcin Kaminskis (Abseits-)Tor beim 1:2 gegen Karlsruhe (7. Spieltag). Auch die Rücknahme des Handelfmeters für Hansa Rostock beim Schalker 2:0-Auswärtssieg (8. Spieltag) war korrekt: „Übeltäter“ Thomas Ouwejan hatte den Ball nur an den Rumpf bekommen.

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Schwenk in die vergangene Saison

Der vom VAR überprüfte 1:1-Ausgleich des Darmstädters Phillip Tietz bei Schalkes 2:4-Heimpleite am 13. Spieltag war ebenfalls regulär. Um ermessen zu können, warum die Schalker Wut dennoch so uferlos ist, empfiehlt sich ein Schwenk in die vergangene Saison. Gleich mehrfach erlitt Königsblau hier schwere Benachteiligungen.

Zwei Elfer-Gegentore in Mainz

Nach dem 2:2 in Mainz (mit zwei Elfmeter-Gegentoren) war der damalige S04-Sportvorstand außer sich: Vor dem ersten Mainzer Foul-Elfer (Nastasic an Burkardt), hatte laut Jochen Schneider „keine krasse Fehlentscheidung“ vorgelegen.

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Vor dem zweiten Foul-Elfer war das Versagen noch offenkundiger: „Beim Zweikampf von Kabak gegen Mateta muss der Videoschiedsrichter eingreifen, weil das eindeutig kein elfmeterwürdiges Foul ist.“ Zumal Mateta dem Schalker zuvor einen Ellbogen ins Gesicht verpasst hatte.

Am Ende blieb S04 auch noch ein eigener Foul-Elfmeter verwehrt (Niakhaté an Paciencia).„Wie hier mit Schalke umgegangen wurde, ist nicht in Ordnung“, tobte Schneider und musste noch weitere Szenen dieser Art schlucken:

Thiaws Eigentor nicht beanstandet

Bei der 0:3-Heimpleite gegen Leverkusen beispielsweise wurde Malick Thiaw von Gegenspieler Aleksandar Dragovic massiv geschoben. Das daraus resultierende Eigentor Thiaws zum 0:1 wurde in Köln nicht beanstandet.

Dennoch dürfe es nach solchen Frust-Erlebnissen nur eine Reaktion geben, mahnt Olaf Thon mit Blick auf die laufenden Saison: „Man muss versuchen, positive Energie daraus zu ziehen.“

Zur Geschichte des Bremen-Spiels gehört allerdings auch, dass Schalke bei der Entstehung des Skandal-Elfmeters nicht gut verteidigt hatte: Bei der letzten Hereingabe von Werders Ilija Gruev standen im Zentrum zwei Grün-Weiße (Oscar Schönfelder und Niclas Füllkrug) gleich drei Schalkern gegenüber.

Doch Ko Itakura, Malick Thiaw und Terodde konnten nicht entscheidend klären. Stattdessen flutschte der Ball durch zu Assalé, den Matriciani kurz aus den Augen verloren hatte …Schon 16 Gegentore kassierte Königsblau diese Saison in der Schlussviertelstunde. Nur Nürnberg (21) schluckte mehr späte Treffer.

Olaf Thon nennt die Defizite

„Das liegt auch daran, dass die Gegner zu viel Ballbesitz haben“, sagt Olaf Thon. „In Bremen war das Verhältnis fast 60:40 für Werder. Nach der Führung hatte es Schalke zunächst gut gemacht, die Kugel in den eigenen Reihen gehalten.“

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Doch zum Schluss geriet man nochmal unter Druck. „In solchen Phasen fehlt die letzte Klasse bei der Ballkontrolle“, so Thon. Der Weltmeister von 1990 schiebt nach: „Daran muss man arbeiten.“