Gelsenkirchen. Der langjährige Bundesliga-Keeper findet gewohnt deutliche Worte über seinen Ex-Verein. Aber auch zu Bremen und dem HSV äußert er sich kritisch.
Auf Schalke galt er einst als „Heißkiste“: Inzwischen ist Ex-Keeper Frank Rost (426 Bundesliga- und 4 A-Länderspiele) erheblich ruhiger geworden und hat einen zunehmend distanzierten Blick auf den Fußball. Stattdessen mischt „Fäustel“, der von 2002 bis 2007 bei den Königsblauen unter Vertrag stand, heute in einer ganz anderen Sportart mit.
Frank Rost, wo erreichen wir Sie gerade?
In Rotenburg an der Wümme, zwischen Bremen, Hannover und Hamburg, wo ich seit acht Jahren lebe. Meine zweite Frau und ich betreiben hier einen Pferdehof, bilden Dressurpferde aus. Außerdem betreibe ich noch ein paar andere Projekte. Bis vor wenigen Augenblicken hatte ich übrigens ein Pferd an der Longe.
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Werden Sie sich das Zweitliga-Topspiel zwischen Ihren früheren Klubs Werder und Schalke anschauen?
Wenn ich kurzfristig Zeit haben sollte, schalte ich vielleicht mal rein. Aber ich plane sicher nicht meinen Samstagabend rund um dieses Spiel.
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Klingt, als habe Ihr Interesse deutlich nachgelassen.
Ganz ehrlich? Die 2. Bundesliga will man sich nicht antun. Ich kann auch manchmal die Medien nicht verstehen, die immer von der „besten 2. Liga aller Zeiten“ schwärmen. Ich bin da eher sachlich.
Sie bemängeln das fußballerische Niveau?
Das Gegurke, das man dort sieht, ist ja teilweise Albtraum-mäßig. Ich habe neulich das Spiel KSC gegen den HSV gesehen, da hab ich nach einiger Zeit weggeschaltet. Das kann man sich nicht angucken.
Und die Bundesliga?
Die 1. Liga ist sicher für viele Menschen ein tolles Erlebnis – gerade jetzt, wo die Stadien endlich wieder voll sind. Aber es ist eine Scheinwelt. Das Ganze ist zu reinen Unterhaltungsgeschäft geworden, oft geht es dabei gar nicht mehr um den Sport.
Können Sie sich vorstellen, noch mal in die Fußballbranche zurückzukehren?
Wenn, dann hätte sich ein solcher Job wohl schon aufgetan. Ich habe im Fußball immer alles gegeben, aber es hat nicht sollen sein. Es gibt so viele, die diesem Sport angeblich dienen wollen, aber in Wahrheit nur an sich denken. Man muss nur in die jüngere Vergangenheit blicken, auf meine Ex-Vereine Schalke, Bremen und HSV. Alle drei haben den Menschen jahrelang vorgegaukelt: Wir sind große Klubs. Da wurde mit Ressourcen bloß so um sich geschmissen – nach mir die Sintflut. Das ist vielleicht auch ein Spiegelbild der gesamten Gesellschaft.
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Macht Sie die Entwicklung auf Schalke traurig?
Nein, denn es ist selbst gemachtes Leid. Da waren Personen am Werk, die gezielt mit den Emotionen der Leute gespielt haben: Hauptsache Brot und Spiele. Jetzt ist man in der 2. Liga, und es wird verdammt schwierig, da wieder raus zu kommen. Der HSV versucht es schon das vierte Jahr in Folge. Irgendwann wird es auch finanziell eng. Für Klubs, die immer auf großem Fuß gelebt haben, wird ein Wiederaufstieg viel komplizierter als für jene, die solide gewirtschaftet haben. Hinzu kommt, dass es in der 2. Liga immer wieder Überraschungsteams gibt, die keiner auf dem Zettel hatte: letzte Saison war es Fürth, aktuell Regensburg oder St. Pauli. Ich habe Pauli diese Saison zweimal gesehen, die machen das sehr, sehr gut. Wenn sie nicht aus dem Tritt kommen, spielen sie bis zum Ende um den Aufstieg.
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Was ist eigentlich der Haupt-Unterschied zwischen Fußball und Pferdesport?
Ich bin jedenfalls froh, dass ich mit Tieren arbeiten darf. Das gibt einem so viel, man geht sehr enge Beziehungen ein, leidet und freut sich mit einem Pferd, wenn man es vom Fohlenalter an begleitet. Andererseits ähnelt der Pferdesport in vielen Punkten dem Fußball: Auch hier geht die finanzielle Schere weit auseinander. Für Top-Pferde, die du als Reiter brauchst, um Erfolg zu haben, werden mittlerweile ungeheure Preise aufgerufen. Selbst talentierte Jungpferde, und das ist eine weitere Parallele, kosten schon enormes Geld. Dabei gibt es so viele Unwägbarkeiten: Wie verläuft die körperliche Entwicklung, etwa in der Pubertät? Wie sensibel oder robust ist ein Individuum?
Kann ein Weg nach oben auch über eine Nachwuchs-orientierte Arbeit, speziell beim FC Schalke mit seiner legendären Knappenschmiede, führen?
Vielleicht ist das der Weg. Aber dazu muss es auch mal gelingen, die guten jungen Spieler eine Weile zu halten. In jüngerer Vergangenheit gab es leider viele Beispiele für große Talente, die sehr früh zu großen Vereinen gewechselt sind, einige deutlich zu früh. Alexander Nübel kann ein Lied davon singen, wie schnell du aus dem Blickfeld verschwinden kannst. Dann bist du nur noch ein Wanderpokal. Vielleicht ist das ein mahnendes Beispiel für den einen oder anderen, sich erst mal nachhaltig zu entwickeln. Das wäre auch für Schalke gut. Dazu müssen die Jungs natürlich eine realistische Chance sehen, bei den Profis zum Einsatz zu kommen.
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Sie selbst haben zu Ihrer aktiven Zeit einen intensiven Dialog mit den S04-Fans gepflegt, besteht da noch Kontakt?
Ich bin durch den Pferdesport immer noch häufig im Ruhrgebiet. Dort ist natürlich jeder irgendwie Schalke-Anhänger. Aber du merkst auch, dass die jüngere Vergangenheit die Leute noch beschäftigt.