Gelsenkirchen. Schalke beabsichtigt, die Lizenz für die “League-of-Legends“-Liga für viel Geld zu verkaufen. Doch ist das wirklich notwendig? Eine Analyse.

Wahrscheinlich nicht wenige der 160.000 Mitglieder des FC Schalke 04 werden mit dem Begriff "League of Legends" besonders viel anfangen können. Dahinter verbirgt sich ein Strategie-Computerspiel mit viel Action. Eins, das auch in Gruppen gespielt werden kann. Mit Profifußball hat das erst einmal wenig zu tun. Bei Schalke 04 aber eben doch. Und mit "LoL", so ist die Kurzform des Spiels, lässt sich das finanzielle Dilemma des Klubs perfekt erklären.

Schalke erwarb Lizenz im Jahr 2018

Es war im Jahr 2018 eine kluge Entscheidung von Marketingvorstand Alexander Jobst, Schalke für acht Millionen Euro eine ganz bestimmte Lizenz im E-Sport zu kaufen. E-Sport - das bedeutet: elektronischer Sport, oder anders: der sportliche Wettkampf mit Computerspielen. Jobst erwarb das Recht, dass die Königsblauen ein Team in der seinerzeit neu gegründeten europäischen LoL-Liga LEC stellen dürfen. Schalke setzte sich sogar gegen Paris St. Germain durch - auch PSG hatte sich um die Lizenz bemüht.

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Wie richtig Jobst mit seiner Investition lag, zeigte sich nur wenig später: E-Sport boomt und ist inzwischen ein wichtiger Teil der Jugendkultur. Wettbewerbe sind zu Events in großen Arenen geworden, sie werden teilweise sogar live im TV übertragen, die Einschaltquoten sind okay - das gilt vor allem für "League of Legends". Die einzelnen Spieler werden zu Stars, die Schalker verkauften kürzlich Felix „Abbedagge“ Braun in die USA. Ein Ende des Booms ist nicht in Sicht, die Werte der Lizenzen steigen und steigen.

Das gilt auch für die der Schalker. Und schon jetzt haben sie die Möglichkeit, etwa 30 Millionen Euro für ihre LoL-Lizenz einzunehmen. Auf den ersten Blick klingt das nach einem großartigen Deal für die Königsblauen: Sie verkaufen ihre Lizenz mit einem Gewinn von 22 Millionen Euro und können ihre finanziellen Sorgen etwas abschwächen. Und E-Sport hat mit Profifußball ja eigentlich nichts zu tun...

Schalke: In der 2. Bundesliga drohen sechs Punkte Abzug

Aber das ist nur die halbe Wahrheit. In den kommenden Jahren würde der Wert der Lizenz um ein Vielfaches steigen. Über E-Sport könnten die Schalker viele Anhänger einer interessanten Zielgruppe auf einem neuen Geschäftsfeld gewinnen - Anhänger, die sich später vielleicht auch für Fußball interessieren. Eigene Großveranstaltungen in der Arena wären denkbar, der "Global Masters 2020" fiel der Corona-Pandemie zum Opfer. Aus all diesen Gründen steht die Veräußerung der Lizenz weit unten auf der Notfall-Liste - Motto: Nur wenn es wirklich gar nicht anders geht...

Nun ist dieser Punkt offenbar erreicht. Fixiert ist der Verkauf noch nicht, bis zu zwei Wochen können bis zur Unterschrift noch verstreichen. Er beweist, wie dreckig es Schalke 04 finanziell wirklich geht. Die Notsituation macht diese kaufmännisch schmerzhafte Entscheidung notwendig. Es geht nicht nur darum, in der 2. Bundesliga die Lizenz-Auflagen zu erfüllen, um nicht mit sechs Punkten Abzug bestraft zu werden. Es geht ganz einfach ums Überleben.

Schalkes Tafelsilber sind nicht nur Spieler

Mit Tafelsilber sind deshalb bei den Königsblauen deshalb längst nicht mehr nur Spieler wie Ozan Kabak, Suat Serdar, Amine Harit und Mark Uth gemeint, die vielleicht noch eine hohe Ablöse generieren können. „Natürlich ist es so", sagte E-Sport-Abteilungsleiter Tim Reichert einmal, "dass der Fußball im Kerngeschäft immer eine höhere Wichtigkeit hat."

Klar ist: Viel ist nicht mehr übrig, das Schalke im Sommer 2022, wenn die erste Zweitliga-Saison gespielt ist, noch verändern könnte. Die Bauarbeiten am Berger Feld sind bereits gestoppt, eine neue Unternehmensanleihe bereits aufgenommen. Die Spieler mit dem höchsten Marktwert werden in diesem Sommer gehen, nun könnte auch die E-Sport-Lizenz futsch sein.

Ein direkter Wiederaufstieg wäre eben sehr wichtig.

Vom Erlös aus dem Verkauf der Lizenz können die Schalker übrigens nur einen kleinen Teil für die Kaderplanung verwenden. Der größere Teil fließt in die Abzahlung von Krediten. Und es kann sein, dass Schalke einige unerwünschte Profis teuer abfinden muss. Was für ein finanzielles Dilemma.