Gelsenkirchen. Klaas-Jan Huntelaar steht noch für die guten Zeiten, jetzt muss er S04 verlassen. Eine Würdigung. Auch Klaus Fischer erinnert sich.
Sein letztes Tor war also ein im Nachschuss verwandelter Elfmeter. Am 33. Spieltag war Klaas-Jan Huntelaar beim Schalker 4:3-Sieg gegen Eintracht Frankfurt erst an Torwart Kevin Trapp gescheitert, dann schob er den abgeprallten Ball im zweiten Versuch über die Linie. Kein Kunstwerk für einen wie ihn. Und im Zeichen des Schalker Abstiegs auch nicht besonders bedeutungsvoll. Aber es war das letzte Tor, das dieser Klaas-Jan Huntelaar in seiner großartigen Karriere erzielt hat.
Am Donnerstag hatte Schalke verkündet, dass Klaas-Jan Huntelaar (37) und Sead Kolasinac (27) keine neuen Vertragsangebote mehr bekommen werden: Sportvorstand Peter Knäbel sprach von einer „sportlich wie menschlich“ schmerzhaften Entscheidung. Schalke kann sich eine weitere Zusammenarbeit mit den beiden Profis aus finanziellen Gründen nicht leisten – für den Niederländer Huntelaar, eine Vereinsikone, wird das mit hoher Wahrscheinlichkeit das Karriere-Ende bedeuten. Der Stürmer hatte diesen Beschluss schon Ende des vergangenen Jahres gefasst, war zuletzt aber ins Grübeln geraten. Nun geht mit ihm der vielleicht letzte ganz große Schalker.
Der „Hunter“ schoss 128 Tore für Schalke: Nur Fischer war besser
Huntelaar hat in seiner Karriere 128 Tore für Schalke geschossen (84 in der Bundesliga, 31 im Europapokal, 13 im DFB-Pokal). Damit liegt er unter allen Schalkern auf Platz zwei hinter dem unerreichbaren Klaus Fischer: Der erzielte 226 Tore für Schalke – davon allein 185 in der Bundesliga. Fischer (heute 71) hat Huntelaar immer geschätzt, er sagte der WAZ nun: „Huntelaar gehört mit zu denen, die Großes für Schalke geleistet haben. Er steht für die guten Zeiten.“
Der Niederländer kam 2010 aus Mailand nach Gelsenkirchen: Er hatte zuvor gespielt für den AC Milan (30 Spiele/ sieben Tore) und davor gemeinsam mit Raúl für Real Madrid (20 Spiele/ acht Tore). Allein das zeigt, wie gut die Zeiten waren, dass sich Schalke einen solchen internationalen Star leisten konnte. Mit Huntelaar gewann Schalke 2011 den DFB-Pokal: Im Finale gegen den MSV Duisburg (5:0) schoss er zwei Tore. Ein Jahr später wurde Huntelaar mit 29 Treffern Torschützenkönig der Bundesliga – das hat seitdem auch nie wieder ein Schalker geschafft. „Er war immer ein Strafraumspieler, kein Konterstürmer. Er wusste, wo das Tor steht, aber er hatte auch gute Mitspieler“, sagt Fischer.
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2017 ging Huntelaar (damals 33), ein bodenständiger Typ, dem die Familie wichtig ist, zurück zu Ajax Amsterdam. Schalkes damalige sportliche Leitung um Christian Heidel setzte auf andere Spieler, doch beim Top-Team Ajax hatte der „Hunter“ in seiner Heimat noch dreieinhalb gute Jahre. Auch zum Karriere-Ende in der abgelaufenen Saison hätte er mit Ajax noch einmal Meister werden können, doch als Schalke ihn im Januar in größter Not um Hilfe bat, kehrte er von der einen großen Liebe (Ajax) zur anderen (S04) zurück. „Schalke braucht mich im Moment vielleicht ein bisschen mehr“, sagte er.
Schalke wollte keine Hängepartie
Allein das zeigte, wie Huntelaar an Schalke hängt. Auch wenn seine Mission – nicht zuletzt verletzungsbedingt – schief ging, hätte er es sich vorstellen können, beim Wiederaufbau der Mannschaft in der Zweiten Liga noch einmal mit anzupacken: „Man muss machen, woran man Spaß hat“, sagte er im April über eine Fortsetzung der Karriere: Und zu dieser Zeit spürte er diesen Spaß. Die Entscheidung wollte er aber erst nach der Saison treffen – jetzt hat sie ihm der Verein abgenommen. Knäbel wollte eine wochenlange Hängepartie vermeiden und sah gegenüber den verdienten Spielern Huntelaar und Kolasinac auch die Verpflichtung, deren Zukunft schnell zu klären.
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So schwer der Abschied von Huntelaar fällt – so sehr hält Klaus Fischer den Zeitpunkt jetzt aber für richtig. Am 12. August wird Huntelaar 38, und diese Zahl erinnert Fischer an sein eigenes Karriere-Ende: „Ich war auch 38, als ich damals in Bochum aufgehört habe. Ich hatte viele Muskelverletzungen, irgendwann hat man einfach ein Alter erreicht, in dem man sagen muss: Es geht nicht mehr. Das geht jedem Spieler so, mir ist es auch so gegangen.“ Fischer glaubt, dass Schalke für die kommende Zweitliga-Saison mit Neuzugang Simon Terodde (33) gut aufgestellt ist: „Terodde ist noch wesentlich jünger, und er ist ein ähnlicher Spielertyp.“
Nur hätte man einem wie Klaas-Jan Huntelaar eben einen ganz anderen Abschied gewünscht. Ohne Corona, mit Fans auf der großen Bühne und ohne Abstieg – wenigstens so, wie beim ersten Mal im Jahr 2017. Damals traf sich Huntelaar mit der WAZ auf dem Rasen der Arena zum großen Abschieds-Interview: Es machte ihn „stolz“, dass schon zu dieser Zeit viele Fans sagten, mit ihm würde der letzte große Schalke-Spieler gehen. Und den Zuschauern rief er bei seinem letzten Heimspiel in einer vollen Arena zu: „Schalke geht unter die Haut – und das geht nie wieder weg.“