Gelsenkirchen. Die aus Schalke-Mitgliedern bestehende Gruppe, die mit Ralf Rangnick sprach, kommt aus der Deckung. Langjährige Schalker machen mit.

Fußball ist auf Schalke in diesen Zeiten zweitrangig geworden, seit eine aus einflussreichen Schalke-Mitgliedern bestehende Interessengemeinschaft eigenmächtig auf Ralf Rangnick zuging, dem früheren Schalker Trainer eine Rückkehr als Sportvorstand schmackhaft machte - und damit den S04-Aufsichtsrat unter Druck setzte und enorm verärgerte.

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Ralf Rangnick
Von Peter Müller, Andreas Ernst, Manfred Hendriock

Wer steckt hinter dieser bisher als mysteriös wahrgenommenen Gruppe? Ihre Mitglieder hatten sich in der Öffentlichkeit bedeckt gehalten, weil sich einige von ihnen für den Aufsichtsrat beworben haben und vorher den Wahlausschuss passieren müssen, der unvoreingenommen bleiben sollte. Ihre Aktion aber wurde von gewaltigem vereinsinternen Getöse und großer medialer Aufmerksamkeit begleitet, so dass die Initiative den Ruf eines verschwörerischen Geheimbundes nicht abwenden konnte.

Ex-DFB-Funktionär Helmut Sandrock ist dabei

An diesem Mittwoch will sie sich deshalb aus der Anonymität herauswagen und outen, geplant ist die Vorstellung ihrer wichtigsten Gesichter. Am Dienstagnachmittag preschte die Bild-Zeitung vor und veröffentlichte erste Namen.

Diese Zeitung kann bestätigen, dass es sich bei den Köpfen der aus angesehenen Schalker Mitgliedern bestehenden Gruppe um Prof. Dr. Uli Paetzel (49), den Vorstandsvorsitzenden der Emschergenossenschaft und des Lippeverbandes, sowie um Frank Haberzettel, den Geschäftsführer des Deutschen Beamtenwirtschaftsbundes, handelt. Uli Paetzel ist gebürtiger Gelsenkirchener und war von 2004 bis 2016 Bürgermeister von Herten. Frank Haberzettel war bis Herbst 2020 Bereichsvorstand bei der Commerzbank.

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Auch ein ehemaliger hochrangiger DFB-Funktionär zählt zu der Interessengemeinschaft: Helmut Sandrock (64) war Generalsekretär des Verbandes und kennt sich auch mit Vereinsarbeit aus. Beim MSV Duisburg war der frühere Junioren-Nationalspieler Vorstands-Vorsitzender, beim Karlsruher SC Geschäftsführer.

Auch der in Warstein geborene Professor Dr. Karl-Werner Schulte (75), bis zu seinem Ruhestand vor zehn Jahren wissenschaftlicher Leiter der Immobilienakademie der Universität Regensburg, gehört als leidenschaftlicher Schalker zu der Initiative: Er sitzt im Kuratorium der „Stiftung Schalker Markt“.

Eine spannende Personalie ist Uwe Kemmer: Der 56-Jährige gab im Dezember seinen Rücktritt aus dem Aufsichtsrat bekannt - wegen Unzufriedenheit mit dem Gremium. In einem offenen Brief hatte er bei Facebook geschrieben: „Die Gespräche im Aufsichtsrat und die (Nicht-)Maßnahmen der letzten Monate haben mir schmerzlich vor Augen geführt, dass ich einige Dinge fundamental anders beurteile als viele meiner Kollegen.“

Eurofighter Ingo Anderbrügge unterstützt die Gruppe

Die Persönlichkeiten werden flankiert und gestützt von langjährigen Schalkern, die ebenfalls eine Erneuerung auf der Entscheidungsebene des Vereins anstreben. Der prominenteste Name ist Ingo Anderbrügge (57) – ein Eurofighter, Mitglied der legendären Uefa-Cup-Siegermannschaft von 1997.

Große Verdienste um den Verein hat sich auch der frühere Jugendleiter Bodo Menze (67) erworben, der dem Verein zudem aufgrund seiner Sprachvielfalt bei internationalen Beziehungen half und zu offiziellen Delegationen der Königsblauen zählte. Der ehemalige Mannschaftsarzt Armin Langhorst (68), der früher dem Aufsichtsrat angehörte, zählt ebenso zu der Gruppe wie Rüdiger Mengede (60), der ehemalige Eventmanager der Schalker Arena.

Schalkes Aufsichtsrats-Chef Jens Buchta warf der Initiative im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung „vereinsschädigendes Verhalten“ vor. Nicht nur, weil sie als nicht legitimierte Gruppe mit Rangnick gesprochen und ihm „im Namen des Vereins ein Angebot gemacht hat“, sondern auch, weil sie Sponsoren aufgefordert habe, für den Fall einer Ablehnung Rangnicks ihr Engagement zu überdenken.

Schalke: Treffen mit Aufsichtsrats-Chef Jens Buchta ist geplant

Ein solches aggressives Vorgehen wird von der Gruppe bestritten. Zu ihren Reihen gehören allerdings tatsächlich auch aktuelle Schalker Sponsoren: Harfid Hadrovic vom Essener Bauunternehmen Harfid sowie Hans Mosbacher, der Chef der in Gelsenkirchen ansässigen Stölting Service Group.

An diesem Mittwoch will sich nicht nur die Gruppe vorstellen, sondern es soll nach Informationen dieser Redaktion auch zu einem Treffen mit Aufsichtsrats-Chef Buchta kommen, der inzwischen selbst Kontakt zu Ralf Rangnick aufgenommen hat. Für den Verein und seine große Anhängerschaft wäre nichts zielführender als eine Handreichung.