Gelsenkirchen. Viele Schalke-Anhänger haben große Angst vor dem kompletten Durchrasseln ihres Lieblingsklubs. Kaiserslautern als warnendes Beispiel.

Sonntagvormittag auf Schalke. Ein Spaziergänger bleibt an der Baustelle zwischen Parkstadion und Hotelkomplex stehen und sagt: „Gut, dass Schalkes Spieler an den Bauarbeiten nicht beteiligt sind. Sonst wäre hier alles krumm und schief. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht den Weg des Drittligisten 1. FC Kaiserslautern einschlagen.“ Kaum hat sich der Mann, der als geringfügig Beschäftigter bei Schalke 04 arbeitet, verabschiedet, stoppt ein Radfahrer.

Markus Radek ist mit seinem Trekking-Bike von seinem Wohnort Marl Richtung Parkstadion geradelt und wirkt im Gespräch mit dieser Zeitung gefasst. „Ich bin hier ein paar hundert Meter entfernt von der Arena geboren und heute mal einfach so bei Schalke vorbeigefahren. Ich bin S04-Fan, betrachte das Ganze aber etwas aus der Distanz. Für die Rettung sehe ich überhaupt keine Chance mehr, ganz gleich, welche Maßnahmen ergriffen werden. Hier ist einfach zu viel Chaos im Verein.“

Schalke-Fan Radek: Die Summe der Fehlentscheidungen führt zum Abstieg

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Am Tag nach dem 1:5-Debakel beim VfB Stuttgart hatten die Königsblauen sowohl Cheftrainer Christian Gross als auch Sportvorstand Jochen Schneider von ihren Aufgaben entbunden. Auch Co-Trainer Rainer Widmayer, der umstrittene Leiter Performance Werner Leuthard und Profi-Koordinator Sascha Riether mussten ihre Spinde räumen. „Jochen Schneider hatte als Sportvorstand kaum Handlungsspielraum. Im Sommer, als Ex-Trainer David Wagner Verstärkungen haben wollte, war kein Geld da. Jetzt im Winter waren finanzielle Mittel vorhanden, es wurde nachgebessert. Aber die vier Spieler, die geholt wurden, kamen fast alle ohne Spielpraxis“ bilanziert Markus Radek und stellt fest: „Es gab in der gesamten Saison sehr viele Fehlentscheidungen. Und die Summe dieser Entscheidungen führt zum Abstieg.“ Bevor Radek wieder in die Pedale tritt, sagt er noch diesen Satz: „Hauptsache, wir werden nicht komplett durchgereicht.“

Ein paar Meter entfernt läuft ein Ehepaar aus Bottrop am Zaun vor dem Parkstadion entlang: „Nichts los hier.“ Ansichtssache. Zumindest auf den leeren Rasen trifft die Feststellung von Schalke-Fan Uli Schulz zu. Der Allesfahrer ist mit seiner Frau Marlies zu „normalen“ Zeiten bei jedem Schalker Bundesliga-Spiel dabei, auswärts und zuhause. In Corona-Zeiten, in denen sie sich mit ihren Fußballfreunden nicht auf Schalke treffen können, veranstalten beide in einer Whatsapp-Gruppe mit 30 Mitgliedern an jedem Samstags-Spieltag ein Quiz. Der Sieger der Quizrunde bekommt einen kleinen Pokal. „Das ist gar nicht so einfach, sich immer neue Schalke-Fragen auszudenken“, sagt Marlies Schulz. Eine für den kommenden Spieltag könnte sein: Wie viele Mitarbeiter mussten bei Schalke am 28. Februar gehen und wie war die Reihenfolge?

"Schalke-Oma" betont: "Liebe kennt keine Liga"

„Sportlich“, sagt Uli Schulz, „sind wir definitiv abgestiegen. Man kann sicherlich bei einem ordentlichen Aufsteiger wie Stuttgart verlieren, aber dann nicht 1:5. Ich wünsche mir, dass Schalke nicht durch die 2. Liga durchrasselt.“ Dass der Verein nach dem Debakel in Stuttgart und dem Aufbegehren einiger Spieler gegen Christian Gross reagiert hat, findet Uli Schulz richtig: „Der Sportvorstand war seit Wochen in der Versenkung verschwunden. Der Trainer hat, sagen wir mal, unglücklich agiert. Diese Konstellation konnte man bis zum Saisonende gar nicht durchhalten.“ Wie soll es nun weitergehen? „Man müsste ein paar Korsettstangen, wie zum Beispiel Ralf Fährmann, halten. Und darum herum junge Leute bauen. Das könnte funktionieren.“

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Auch die als "Schalke-Oma" bekannte Margret Wiescher ließ sich am Sonntag mit ihrem Mann Willi am Schalker Trainingsgelände sehen. Hoffnung hat die Rentnerin, die auf ihrer S04-Jacke die Initialien „DT“ (Domenico Tedesco) trug, im Endspurt keine mehr. Zu desaströs waren die Auftritte der Schalker Mannschaft in den vergangenen Wochen und Monaten. „Auch, wenn es Richtung 2. Liga geht, bleibe ich Schalkerin. Sonst könnte ich ja gleich Bayern-Fan werden. Liebe kennt keine Liga", sagt Margret Wiescher. Ein paar Meter von ihrem Beobachtungsposten entfernt flattern zwei Transparente im Wind. Auf dem einen prangt ein schwarzes Kreuz auf blauem Untergrund. Auf dem anderen steht schwarz auf weiß: "Bundesliga ade. Wir kommen wieder!"