Stuttgart. Einen Tag nach dem 1:5 (1:3) beim VfB Stuttgart zog Schalke 04 personelle Konsequenzen. Das Aus für Trainer Gross hatte sich angedeutet.

Sie wehrten sich, sie stürmten, sie feuerten sich an – doch nach 90 Minuten lagen die Spieler des Bundesliga-Schlusslichts FC Schalke 04 wieder einmal enttäuscht auf dem Rasen. Beim Aufsteiger VfB Stuttgart unterlagen sie mit 1:5 (1:3). Vor der Pause hatte sich Schalke schlimme Abwehrfehler erlaubt, nach dem Wechsel aber beste Chancen ausgelassen. Am Sonntag stellte Schalke Trainer Christian Gross und Sportvorstand Jochen Schneider frei. Auch Teammanager Sascha Riehter und Fitnesstraier Werner Leuthard müssen gehen.

Vor dem Debakel gegen Aufsteiger Stuttgart hattenTeile der Mannschaft Gross‘ Ablösung gefordert. Der Protest der Spieler bestimmte die Spielvorbereitung. Bei der Ansprache im Teamhotel hatte Gross das Thema angesprochen. Seine Enttäuschung gab er vor dem Anpfiff am Sky-Mikrofon zu: „Offenheit und Direktheit sind das beste Mittel, um erfolgreich zu sein. Wenn die Spieler etwas stört, sollen sie auf mich zukommen. Bisher ist das noch nicht passiert.“ Gross änderte die Startelf im Vergleich zur 0:4-Derby-Klatsche gegen Dortmund auf zwei Positionen: Shkodran Mustafi und Omar Mascarell ersetzten Bastian Oczipka (Bank) und Nassim Boujellab (verletzt). Auf zehn verletzte Spieler musste Gross verzichten.

Trotz aller Querelen vor dem Spiel begann Schalke mutig und hatte nach fünf Minuten die große Chance zur Führung. Timo Becker hatte sich auf der rechten Seite energisch durchgesetzt. Seine Flanke in den Strafraum nahm Amine Harit perfekt an, doch er scheiterte an Torwart Gregor Kobel. Das hätte das 1:0 sein müssen.

Schalke kassiert drei Tore nach Stuttgarter Ecken

Die Stuttgarter ließen es gemächlich angehen und kamen mit viel Glück in der neunten Minute zu einer Ecke. Nach einem langen Pass aus der Stuttgarter Abwehr gab es ein Missverständnis zwischen Schalke-Torwart Michael Langer und Kapitän Sead Kolasinac. Langer kam zu spät aus seinem Tor, schoss deshalb Kolasinac an – Ecke. Borna Sosa flankte den Ball auf den langen Pfosten, dort hatten die Schalker Wataru Endo übersehen, und der köpfte problemlos das 1:0 für den Aufsteiger. Die Verteidiger der Königsblauen hatten sich auf die kopfballstarken Stuttgarter in der Strafraummitte konzentriert.

Schalkes Abwehrchef Shkodran Mustafi.
Schalkes Abwehrchef Shkodran Mustafi. © getty Images

Auf diesen bitteren Rückschlag folgten 26 aberwitzige Minuten die Schalker und zwei weitere Gegentore nach Standardsituationen. Die zweite Stuttgarter Ecke in der 26. Minute wurde zu einer Blaupause der ersten. Gonzalo Castro flankte diesmal auf den zweiten Pfosten, wieder stand Endo frei – 2:0. Und auch das 3:0 für Stuttgart in der 35. Minute entstand nach einer Standardsituationen. Nach einer eigentlichen abgewehrten Ecke brachte Sosa den Ball zurück in den Strafraum, dort stieg Sasa Kalajdzic höher als Mustafi und traf.

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Die Stuttgarter hätten da aber noch höher führen können. In der 19. Minute hatte Schalkes Abwehr-Talent Malick Thiaw den schnellen Silas Wamangituka elfmeterreif gefoult. Doch weder Schiedsrichter Guido Winkmann noch die Video-Assistenten schritten ein – eine klare Fehlentscheidung. In der 34. Minute schoss Marc-Oliver Kempf aus 25 Metern Entfernung wuchtig aufs Tor. Langer lenkte den Ball mit den Fingerspitzen zur Ecke. Die brachte übrigens nichts ein – das war selten nach Stuttgarter Ecken im ersten Durchgang.

Schalke wehrte sich nach Kolasinacs Tor zum 1:3

Den Schalkern drohte ein ganz bitterer Nachmittag. Erst fünf Minuten vor der Pause erreichten sie wieder den Strafraum des VfB. Benjamin Stambouli spielte einen Querpass auf Sead Kolasinac – und der Kapitän verkürzte mit einem Flachschuss auf 1:3. Es war die erste gute Szene von Kolasinac, der sich zuvor viele Patzer erlaubt hatte. Eine Minute vor der Pause hätte William beinahe auf 2:3 verkürzt, doch sein Fernschuss strich hauchdünn am rechten Torpfosten vorbei. Für die Stuttgarter war das ein Alarmsignal. „3:1 heißt: Das Spiel ist noch nicht gewonnen“, sagte VfB-Sportdirektor Sven Mislintat zur Pause.

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Und die Stuttgarter wählten für die zweite Halbzeit eine riskante Strategie: Sie beschränkten sich auf Konter über den schnellen Wamangituka. Die beste Chance hatte Orel Mangala – natürlich im Anschluss an eine Ecke. Mangala erwischte einen von den Schalkern abgewehrten Ball, scheiterte aber an Torwart Langer (52.). Aus dem Spiel heraus gelang dem VfB nicht mehr viel, Mislintats Bedenken aus der Pause erwiesen sich als richtig.

Eine Momentaufnahme nach dem ersten Gegentor: Schalke (mit Torwart Michael Langer) am Boden.
Eine Momentaufnahme nach dem ersten Gegentor: Schalke (mit Torwart Michael Langer) am Boden. © getty Images

Die Schalker hingegen rissen sich zusammen und wehrten sich. Kolasinacs Tor hatte ihnen Mut gemacht. Sie kehrten etwas offensiver aus der Kabine zurück, bekamen von den Stuttgartern viel Platz angeboten. In der 48. Minute kam William frei zum Schuss – doch der wurde vom eigenen Mann geblockt: Harit stand im Weg. Suat Serdar drang in der 67. Minute in den Stuttgarter Strafraum ein – Kobel lenkte den Schuss zur Ecke. Die beste Chance hatte der eingewechselte Nabil Bentaleb in der 74. Minute. Nach einem Foul von Kempf an Harit hatte Schiedsrichter Winkmann auf den Elfmeterpunkt gezeigt. Bentaleb scheiterte mit einem schwachen Kullerschuss an Kobel. Auch danach drückte Schalke weiter: Alessandro Schöpf scheiterte an Kobel (81.), Serdars Schuss wurde zur Ecke abgeblockt (82.).

Zwei späte Stuttgarter Tore machen Schalke-Pleite perfekt

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Die Stuttgarter, die nach 35 Minuten mit 5:0 hätten führen können, waren drauf und dran, den sicheren Vorsprung zu verspielen. Da die Schalker ihre Chancen aber nicht nutzen konnten, blieben sie in Führung. In der 88. Minute entschied Philipp Klement das Spiel. Mit einem Flachschuss erzielte er das Tor zum 4:1-Endstand, in der Nachspielzeit erhöhte Daniel Didavi mit einem Schlenzer sogar auf 5:1 – Stuttgart siegte mit drei Toren zu hoch.

Zum vierten Mal verlor Schalke unter Gross mit mindestens drei Toren Differenz. Am Sonntag folgte dann das Aus für den 66 Jahre alten Schweizer. Mit ihm müssen auch Schneider, Riether und Leuthard gehen.