Essen. Hertha BSC wollte hoch hinaus, steht aber unten. Investorengelder allein sind noch keine Hilfe – man muss damit umgehen können. Ein Kommentar.
Die Sorgen der ambitionierten Traditionsklubs waren berechtigt, als erst die TSG Hoffenheim und später mit noch mehr Geld RB Leipzig die Bundesliga aufmischten und für neue Verhältnisse sorgten: Vereine, die aus dem Nichts kamen, erhoben Ansprüche auf Europapokal-Plätze – weil sie die Mittel dafür bekamen. Hoffenheim von einem Mäzen, Leipzig von einem an Marketing interessierten Großunternehmen.
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Langjährige Europapokal-Teilnehmer mussten schmerzhaft erkennen, wie schnell es ohne Zusatzeinnahmen abwärts gehen kann. Werder Bremen fiel ins Mittelmaß zurück, Schalke 04 droht aktuell sogar der Abstieg. Einen ganz anderen Weg dagegen wollte Hertha BSC gehen: Hoch hinaus sollte der führen, seit Investor Lars Windhorst im Herbst 2019 einstieg und mit seinen Millionen den „Big-City-Klub“ erschaffen wollte – der natürlich nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa auffallen und eine gewichtige Rolle spielen sollte. Und das ziemlich zügig.
Hertha BSC: Preetz gab 150 Millionen Euro aus
Die Konkurrenz musste befürchten, dass künftig noch ein Platz im internationalen Geschäft besetzt sein würde. Doch es kam anders: Hertha BSC hält sich in der unteren Tabellenregion auf, die Berliner hatten sich falsche Hoffnungen gemacht. Der langjährige Sportchef Michael Preetz und Trainer Bruno Labbadia wurden gefeuert. Seit dem Start von Windhorst hatte Preetz 150 Millionen Euro für neue Spieler ausgegeben – ohne Erfolg. Jetzt hat Hertha seinen früheren Trainer Pal Dardai zurückgeholt, weil man bei ihm weiß, wen und was man bekommt. Und der Manager-Posten wird zunächst bis zum Saisonende mit Ex-Nationalspieler Arne Friedrich besetzt.
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Schalke-Mitglieder könnten skeptischer werden
Für die Verantwortlichen von Schalke 04, die eine Ausgliederung der Profiabteilung aus dem eingetragenen Verein als Lösung der Finanzprobleme sehen, ist das, was sich bei Hertha gerade abspielt, eine schlechte Nachricht. Denn die Mitglieder und Anhänger könnten durch das Beispiel Berlin noch skeptischer werden. Auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung müssten 75 Prozent der Anwesenden einer Ausgliederung zustimmen. Das ist eine hohe Hürde. Diejenigen, die sich darum sorgen, dass ihr Verein komplett seine Identität verlieren könnte, bringen schon jetzt den Hamburger SV und den VfB Stuttgart als Argumente an. Und jetzt zeigt auch noch Hertha: Sich für Investoren zu öffnen, ist nur sinnvoll, wenn gute Leute verantwortungsvoll und klug mit dem vielen frischen Geld umzugehen wissen. Die Umwandlung allein ist noch lange keine Erfolgsgarantie.