Gelsenkirchen. Schalke 04 weiß in seiner Verzweiflung keine Lösungen mehr und entlässt Trainer Manuel Baum. Zunächst übernimmt Huub Stevens. Ein Kommentar.

Erst Lucien Favre in Dortmund, dann Manuel Baum auf Schalke. Zwei spektakuläre Trainer-Entlassungen innerhalb einer Woche – man kann nicht behaupten, dass es bei den beiden großen Ruhrgebietsklubs langweilig zuginge. Aber es gibt dann doch einen großen Unterschied: Während der BVB lediglich auf hohem Niveau um seine ambitionierten Ziele fürchtet und sich ansonsten in jeder Hinsicht sicher fühlen darf, wird Schalke von Existenzangst gequält und dadurch in Panik getrieben.

Es geht nur nach darum, den freien Fall zu verhindern

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Drei für Schalke: Trainer Huub Stevens (M), Co-Trainer Mike Büskens (l) und Sportvorstand Jochen Schneider
Von Andreas Ernst und Manfred Hendriock

Der zweite Trainerwechsel im Laufe der Saison ist das nächste Indiz für völlige Hilf- und Konzeptlosigkeit. Es geht nur noch darum, den freien Fall irgendwie aufzuhalten, den Absturz in die Zweite Liga zu verhindern. Denn was danach käme, weiß man längst auf Schalke: Für die Zweite Liga ist dieser Verein finanziell nicht aufgestellt – wie will er, wenn deutlich weniger Fernsehgelder fließen, bei rund 240 Millionen Euro Verbindlichkeiten als Profiklub überleben?

Deshalb also nun die von Verzweiflung geprägte Entscheidung, mit einem neuen Trainer ins neue Jahr zu gehen. Bis dahin übernimmt zum wiederholten Male Huub Stevens das Team, Schalkes Jahrhunderttrainer, dem dieser Verein so sehr ans Herz gewachsen ist, dass er sich immer wieder dazu überreden lässt, seine eigenen Vorsätze über den Haufen zu werfen.

Manuel Baum wurde weniger die Serie von zehn Spielen ohne Sieg als vielmehr der letzte Eindruck zum Verhängnis: Nachdem beim 2:2 in Augsburg mit all den unglücklichen Umständen immerhin das Gefühl entstanden war, dass sich so wichtige Faktoren wie Teamgeist und Kampfgeist entwickelt haben könnten, brach das Gebilde schon wenige Tage später beim 0:2 gegen Freiburg krachend zusammen. Baum beklagte, dass man von einer Mannschaft bei offenkundiger Harmlosigkeit in der Offensive zumindest erwarten können müsse, dass sie „dann alles wegverteidigt“. Und damit hatte er wirklich recht.

Manuel Baum ist an Schalke gescheitert

Wenn die Spieler ihren Job nicht erledigen, nicht einmal die Grundaufgaben, ist ein Trainer machtlos. Manuel Baum kann einem leid tun. Er ist an Schalke gescheitert, so wie in dieser Situation sicher viele andere auch an Schalke gescheitert wären.

Das gilt auch für Sportchefs. Dass Jochen Schneider jetzt vermehrt in die Kritik geraten ist, zählt zu den Gesetzen der Branche. Er hatte zu lange auf David Wagner gesetzt und mit Manuel Baum keinen Volltreffer gelandet. Aber bitte: Jürgen Klopp und Hansi Flick standen nicht zur Auswahl, und Ralf Rangnick, der Wunschkandidat vieler Schalke-Fans, hat natürlich abgewunken – weil er wusste, was er sich angetan hätte.

Schalke sucht den Supertrainer. Für eine Mannschaft, die diese Bezeichnung nicht verdient. Wer sich das antut, bringt schon mal viel Mut mit. Sollte es dem Neuen gelingen, diesen auf den Abgrund zurasenden Zug noch zu stoppen, wäre er ein angemessener Kandidat für die nächste Wahl zum Welttrainer des Jahres.