Gelsenkirchen. Schalke 04 steckt weiter tief in der Krise. Der ehemalige S04-Torwart Oliver Reck leidet mit dem Klub - und richtet einen Appell an die Spieler.

Sechs Jahre - von 1998 bis 2004 - stand Oliver Reck als Torwart beim FC Schalke 04 unter Vertrag. Es folgten zwei weitere Spielzeiten als Co- und Torwarttrainer bei den Profis der Königsblauen, bevor der gebürtige Frankfurter Schalke verließ und an seiner Trainerkarriere bastelte. Über den MSV Duisburg, Fortuna Düsseldorf und Kickers Offenbach führte der Weg des heute 55-jährigen Fußballlehrers im Dezember 2019 zum Nord-Regionalligisten SSV Jeddeloh.

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Aktuell pausiert die Regionalliga Nord, so dass Reck umso mehr Zeit hat, um mit dem FC Schalke 04 zu leiden. Mit dem Klub, mit dem er 2001 und 2002 gleich zweimal den DFB-Pokalsieg im Berliner Olympiastadion feierte. 132 Mal stand der ehemalige deutsche Nationalspieler im Schalker Kasten. 453 weitere Bundesligaspiele absolvierte er für Werder Bremen, wo er vor seiner Unterschrift auf Schalke im Juli 1998 satte 13 Jahre verbrachte. Obwohl seine Werder-Zeit viel länger dauerte, besitzt Reck auch ein großes königsblaues Herz, wie er im Interview verrät.

Herr Reck, wie geht es Ihnen beim SSV Jeddeloh?

Oliver Reck: Ich muss sagen, dass ich sehr positiv überrascht wurde. Der Verein ist ordentlich geführt. Leider wurde unsere Saison in der Regionalliga Nord ja unterbrochen. Niemand weiß, wann und wie es weiter geht. Aktuell können wir nicht viel tun, weil wir auch nicht trainieren dürfen. Die Jungs halten sich hoffentlich an die individuellen Trainingspläne, die wir ihnen mitgegeben haben.

Was geht in Ihnen vor, wenn Sie an Schalke aktuell denken?

Oliver Reck nach dem Gewinn des DFB Pokals mit Schalke 04 im Jahr 2001.
Oliver Reck nach dem Gewinn des DFB Pokals mit Schalke 04 im Jahr 2001. © firo

Oliver Reck: Ich bin traurig und leide so sehr wie die Schalke-Fans. Denn ich bin einer von ihnen. Wir leiden jeden Tag zusammen.

Warum ist Schalke in dieser misslichen Lage?

Oliver Reck: Seit längerer Zeit ist es so, dass die Entscheidungen, die gefallen sind, nicht richtig waren. Seit Wochen, Monaten war gefühlt alles falsch, was die Verantwortlichen entschieden haben. Der Verein kann wirklich froh sein, dass man ohne Publikum spielt. Ich weiß und will es mir gar nicht ausmalen, was auf Schalke dann los wäre. Ich sag mal so: Die Leute würden ihren Unmut schon kundtun.

Glauben Sie, dass Schalke mit Zuschauern niemals eine Negativserie von 25 Spielen ohne Sieg "geschafft" hätte?

Oliver Reck: Das weiß ich nicht. Das werden wir wohl auch nicht so schnell erfahren. Fakt ist, dass es ein unfassbares Armutszeugnis für die Spieler ist, dass ein Verein wie der FC Schalke 04 25 Bundesligaspiele in Folge sieglos bleibt. Die Leute, die dieses Team zusammengestellt haben, sollten sich wirklich hinterfragen. Hier geht es vor allem um Charakter, um Grundtugenden. Diese Dinge scheinen die Spieler leider nicht zu besitzen.

Was ist denn Ihrer Meinung nach das größte Problem?

Oliver Reck: Die Spieler wissen nicht, was Schalke für die Menschen bedeutet. Nicht nur in Gelsenkirchen, im ganzen Ruhrgebiet gibt es Menschen, die für Schalke leben. Schalke ist für viele Menschen eine Religion. So etwas gibt es eigentlich kein zweites Mal in Deutschland. Ich hoffe, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, dass die Spieler irgendwann, am besten schnell, erkennen, was es heißt, für den FC Schalke 04 zu spielen.

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Was würden Sie in dieser Situation tun?

Oliver Reck: Ich würde erst einmal mit der Mannschaft in eine Zeche gehen und unter Tage fahren. Sie sollten mal vor Augen geführt bekommen, wie die Menschen im Ruhrgebiet für ihr Geld malochen mussten. Und da waren sehr, sehr viele Menschen dabei, die Schalker waren und deren Familien immer noch sind. Diese Schalker haben für ihre Familien geackert und ums Überleben gekämpft. Jetzt verlangen die Fans einfach nur, dass die Spieler sich an die Ehre packen, die Grundtugenden auf den Rasen bringen und endlich ein Spiel gewinnen, um diese unfassbare Serie zu beenden.

Leverkusen, Augsburg, Freiburg und Bielefeld heißen die Gegner im Jahr 2020. Gelingt der ersehnte Sieg?

Oliver Reck: Mich interessiert nicht, gegen wen es noch geht. In der Bundesliga kann man jeden schlagen - auch den FC Bayern München. Man spielt in einer Liga. Das sind ja keine DFB-Pokalspiele oder dergleichen. Noch einmal: Man muss sich an die Grundtugenden erinnern und verinnerlichen, was es heißt für den FC Schalke 04 zu arbeiten und Fußball zu spielen. Das sehe ich im Moment überhaupt nicht. Ich hoffe, dass es schon gegen Leverkusen anders sein wird. Dieses Leiden muss endlich ein Ende haben. Die Schalker Seele brennt.