Essen. Tasmania Berlin erlebte einst in der Bundesliga eine Horror-Saison. Schalke droht aktuell ein ähnliches Schicksal. Eine Kolumne
Die Fußballkarriere von Horst Szymaniak aus Oer-Erkenschwick konnte sich sehenlassen. 43 Länderspiele, Teilnahmen an den Weltmeisterschaften 1958 und 1962, Auslandserfahrung bei Inter Mailand – der Mann, über den erzählt wird, er habe mal ein Drittel mehr Gehalt abgelehnt und stattdessen ein Viertel mehr verlangt, war zu seiner besten Zeit populär und erfolgreich. Zum Ende der Laufbahn aber landete er bei dem Verein, dem bis heute das größte Verlierer-Image im deutschen Profifußball anhaftet. Bei Tasmania Berlin.
Der Klub blieb 1965/66 in seiner einzigen Bundesligasaison 31 Spiele nacheinander ohne Sieg. Dem FC Schalke 04 werden allerdings bei aktuell 24 Niederlagen in Serie gute Chancen eingeräumt, diesen Rekord brechen zu können.
„Der Rekord gehört zur Tasmania-Identität“
Die Berliner aber wünschen den Schalkern Erfolg. Schließlich gilt es, einen schlechten Ruf zu verteidigen. „Das ist seit Jahrzehnten unser Rekord, der gehört zur Tasmania-Identität“, stellt der Vorstandsvorsitzende Almir Numic klar. Der Klub ist heute fünftklassig, führt die Tabelle der Oberliga Nord an. „Jeder kennt Tasmania“, betont Numic. „Zu Saisonbeginn wird in der Sportschau immer über uns gesprochen. Da brauchen wir keine Werbekampagne.“
Die Tasmania-Story ist wirklich einzigartig. Im Sommer 1965 genossen die Spieler den Urlaub, als ihnen mitgeteilt wurde, sie sollten doch bitte schnell nach Hause kommen, sie müssten in zwei Wochen in der Bundesliga spielen. Ein Aufstieg in Badelatschen.
Am Anfang kamen 80.000, am Ende nur noch 1000
Tasmania hatte seine unerwartete Beförderung dem Lokalrivalen Hertha BSC zu verdanken. Der hatte sich einen Finanzskandal geleistet und war zum Zwangsabstieg verdonnert worden. Der sportliche Abstieg des FC Schalke 04 und des Karlsruher SC wurde aufgehoben, die Liga auf 18 Vereine aufgestockt. Aus politischen Gründen sollte aber ein Vertreter der damaligen Inselstadt Berlin dabei sein. Die Wahl fiel auf Tasmania.
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80.000 Zuschauer kamen damals ins Olympiastadion zur Saisoneröffnung gegen Karlsruhe. Die Begeisterung trug Tasmania zum 2:0. Was keiner ahnen konnte: Es sollte für lange Zeit der letzte Sieg bleiben, erst am vorletzten Spieltag gelang ein weiterer. Wieder in einem Heimspiel: Beim 2:1 gegen Borussia Neunkirchen schauten nur noch 1000 Besucher zu.
Der 2009 verstorbene Horst Szymaniak passte mit seiner Eleganz am Ball in jenes Team wie Pavarotti auf eine Oktoberfestzeltbühne. Tasmania verabschiedete sich mit acht Punkten und 15:108 Toren aus der Bundesliga. Die letzte Auswärtsreise endete mit einer 0:4-Niederlage. Na, wo wohl? Richtig!