Gelsenkirchen. Das Jahr 2020 bleibt für Schalke ein Desaster: Nach dem desolaten Auftritt beim 1:3 gegen Bremen dürfte es einen Trainerwechsel geben.
David Wagner ahnte gestern Abend selbst, dass seine Zeit als Trainer des Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04 zu Ende geht. „Wir können auf dem Platz nicht umsetzen, was wir im Training anbieten. Dafür bin ich der Hauptverantwortliche“, sagte Wagner nach dem 1:3 (0:2) gegen Werder Bremen. Zum 18. Mal in Folge blieb Schalke ohne Sieg, nach zwei Liga-Spielen lautet das Torverhältnis 1:11. Zahlen des Schreckens. Zahlen, die Wagner mit großer Wahrscheinlichkeit den Job kosten.
Schalkes Sportvorstand Jochen Schneider hatte vor dem Spiel zwar nicht von einem Ultimatum oder einem Endspiel für den Trainer gesprochen, aber doch eine deutliche Leistungssteigerung im Vergleich zur 0:8-Klatsche beim FC Bayern zum Liga-Auftakt gefordert - mit einem besseren Ergebnis. Um das zu erreichen, hatte Wagner seine Elf auf drei Positionen geändert. Kapitän Omar Mascarell feierte sein Comeback. Zuschauer sahen aber nicht zu. Am Samstagmorgen hatten die Schalker dies aufgrund gestiegener Corona-Zahlen in Gelsenkirchen verkündet.
Schalke-Trainer Wagner: "Es war kein gutes Spiel"
Ohne Fans im Stadion waren die Rufe der Spieler besonders laut zu hören. Und das Spiel begann mit sehr viel Gebölke, aber wenig Fußball. Denn auch die Bremer traten mit angeknackstem Selbstvertrauen an - sie hatten zum Auftakt mit 1:4 gegen Hertha BSC verloren. Deshalb gab es zunächst eine Menge Fehlpässe, viele Zweikämpfe, etliche Fouls. „Es war kein gutes Spiel“, sagte Wagner über die erste Halbzeit.
Kombinationen blieben deshalb selten - und so gab es nur nach schweren individuellen Fehlern oder Standardsituationen Torszenen. Und die ersten beiden Ecken der Bremer führten direkt zu Treffern: In der 22. Minute flankte Ludwig Augustinsson Richtung Elfmeterpunkt, dort stieg Josh Sargent am höchsten und köpfte Richtung Tor. Niclas Füllkrug erwischte den Ball noch mit der Fußspitze und lenkte ihn zum 1:0 für Werder ins Tor.
Uth reklamierte, Kabak spuckte
Ein Gegentor, das Schalkes Team aus der Spur brachte. Mark Uth reklamierte nach dem Gegentor eine Abseitsstellung von Torschütze Füllkrug - dabei hatte er selbst das Abseits aufgehoben. In der 27. Minute spuckte Innenverteidiger Ozan Kabak in Richtung des am Boden liegenden Augustinsson - Schiedsrichter Markus Schmidt und der Video-Assistent reagierten nicht. Sky-Experte Lothar Matthäus sagte fassungslos: „Das ist eine grobe Unsportlichkeit. Das ist das Allerschlimmste.“ Wagner bemühte sich noch um Schadensbegrenzung: „Die Szene sieht nicht gut aus, aber ich bin fest überzeugt, dass das keine Absicht war.“
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Das zweite Gegentor war nur noch eine Frage der Zeit - und es fiel in der 37. Minute: Augustinsson flankte den Ball bei einem Freistoß in den Strafraum, dort ließ Benjamin Stambouli Füllkrug ziehen - wieder war Schalkes Torwart Ralf Fährmann machtlos. „Die beiden Ecken“, seufzte Wagner, „haben wir nicht gut verteidigt.“
Ibisevic kam - und traf nicht
Mit einem Oldie im Sturm ging Wagner seine wohl letzte Halbzeit als S04-Trainer an: Er brachte Routinier Vedad Ibisevic für Benito Raman - für Ibisevic war es das Schalke-Debüt. Und zunächst startete Schalkes Team sogar einen Sturmlauf. In der 53. Minute flankte Goncalo Paciencia den Ball auf den Kopf von Ibisevic - vorbei. Zwei Minuten später stand Nassim Boujellab ganz frei, doch sein Schuss sauste am linken Torpfosten vorbei. Was für eine Chance - ein 1:2 kurz nach der Pause hätte womöglich neue Kräfte freigesetzt.
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Doch die neue Hoffnung auf eine spektakuläre Wende hielt nicht lange. Die in der zweiten Hälfte zunächst sehr destruktiven Bremer fanden in der 59. Minute erstmals den Weg in den gegnerischen Strafraum. Dort wurde Füllkrug von Kabak umgestoßen: Elfmeter. Füllkrug trat selbst an und erzielte sein drittes Tor in diesem Spiel - 3:0 für Werder, die Entscheidung.
Kabak musste doch noch vom Platz
Die Bremer verteidigten die Führung danach im ersten Gang. Und Schalke? Kabak, der an diesem Abend völlig neben sich stand, sah noch Gelb-Rot (84.), Mark Uth erzielte in der 93. Minute das Ehrentor zum 1:3-Endstand.
Während die Tor-Melodie „Blau und Weiß ein Leben lang“ laut durch die Arena dröhnte, pfiff Schiedsrichter Schmidt ab. Um 20.22 Uhr endete wohl Wagners Amtszeit. Seine Hoffnung, dass er noch eine weitere Chance bekommt, ist da, aber gering: „Die Mannschaft steht zusammen - und ich bin ein Teil dieser Mannschaft. Ich kann ein Teil der Lösung sein. Aber das muss der Verein letztlich für sich beantworten.“