Gelsenkirchen. Schalke feiert Benjamin Stambouli nach dessen Vertragsverlängerung - obwohl der zuletzt vor zehn Monaten spielte. Zu Recht? Eine Einordnung.
Ein besonders großes Lob kam von einem, der beim FC Schalke 04 selbst seit vielen Jahren eine Legende ist. "Er hat bewiesen", schrieb Eurofighter Mike Büskens bei Instagram über Benjamin Stambouli, "dass er das königsblaue Trikot mit Stolz, Würde und Demut trägt." In schweren Zeiten lechzen die Schalker nach guten Nachrichten - und dementsprechend überschwänglich feierten sie die Vertragsverlängerung des Franzosen. Doch sind diese Emotionen wirklich angemessen?
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Was dagegen spricht: Wie sehr Stambouli Schalke sportlich noch weiterhelfen kann, ist fraglich. Seit zehn Monaten hat er wegen einer schweren Verletzung kein Spiel für die Königsblauen bestritten, sein Comeback musste er immer wieder verschieben. In wenigen Tagen feiert er seinen 30. Geburtstag - er ist schon im Herbst seiner Karriere. War es deshalb angemessen, ihm direkt einen Dreijahresvertrag zu geben? Von seinen Gehaltsforderungen ist er erheblich abgerückt, doch er verdient bis 2023 immer noch mehrere Millionen Euro, das sollte niemand vergessen. Stimmen Preis und erwartbare Leistung wirklich überein?
Schalke: Unter Tedesco lief es für Stambouli besser
Ja, stimmen sie. Und die Schalker freuen sich zu Recht, dass es ihnen gelungen ist, "Benji" zu halten. Es gab seit langer Zeit keinen Spieler, der aus dem Ausland kam und sich so schnell auf die Region, die Stadt Gelsenkirchen und den Verein Schalke 04 einließ. Er beschäftigte sich mit der Geschichte des Klubs, lernte ganz schnell die deutsche Sprache und wurde in der Kabine, ob nun Benedikt Höwedes und Ralf Fährmann die Kapitänsbinde trug, der Chef - egal ob er von Anfang an spielte oder nicht.
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Nach einem durchwachsenen Jahr unter Trainer Markus Weinzierl in der Saison 2016/17 lief es für Stambouli unter Domenico Tedesco besser. Mit dem jungen Trainer saß er oft zusammen, diskutierte stundenlang über Taktik. Er selbst, das bezweifelt auf Schalke keiner, wird einmal ein großer Trainer. Stambouli vereinte in der Kabine die kleine Gruppe der französischsprachigen Spieler mit dem Rest - auch das war ein Baustein dafür, dass 2017/18 die Vizemeisterschaft heraussprang. Kurz vor dem ersten Bundesligaspiel 2018/19 verletzte sich Stambouli allerdings. Tedesco sieht darin bis heute einen Hauptgrund, warum die Saison so entgleiten konnte. Stambouli fehlte sportlich und auch als Verbindungsglied in der Kabine. Eine Grüppchenbildung und Abstiegskampf waren die Folge.
Eine Mütze mit der Aufschrift "Asoziale Schalker"
Wie sehr sich Stambouli auf Schalke eingelassen hat, zeigte die Endphase der vergangenen Saison 2019/20. Obwohl er verletzt war, bestand er darauf, die Mannschaft persönlich vor Ort bei den Geisterspielen zu unterstützen. Er gab von der Tribüne Anweisungen, feuerte laut an, trug eine Kappe mit der Aufschrift "Asoziale Schalker". Er ist offen, freundlich, witzig - und wie es aussieht auch sportlich wieder eine große Hilfe. Das alles macht ihn bei den Fans zu einer Kultfigur.
Traurig ist nur, dass diese Kultfiguren auf Schalke so selten geworden sind. Die Eurofighter zum Beispiel, die 1997 den Uefa-Pokal nach Gelsenkirchen holten, können wohl noch Generationen aufzählen, weil sie Typen, Kämpfer, spannenden Charaktere waren. Wie Mike Büskens zum Beispiel. Identifikation mit dem eigenen Verein über den Rasen hinaus ist inzwischen eine Seltenheit geworden. Einer wie Stambouli ist inzwischen eine Ausnahme.