Gelsenkirchen. 1998: Ein verschossener Elfmeter warf Schalkes Arena-Finanzierung über den Haufen. Peter Peters erinnert sich an die Turbulenzen, bis es losging.
Es war ein Rückschlag, und zwar richtig heftig. Schalkes Bosse saßen mit versteinerten Gesichtern auf der Tribüne im Stadion von Slavia Prag, als Marco van Hoogdalem mit dem letzten Schuss beim Elfmeterschießen an Torwart Cerny scheiterte – Schalke war bereits in der ersten Runde des Uefa-Pokals der Saison 1998/99 rausgeflogen. „Ich war völlig fertig“, gesteht Peter Peters heute. Denn mit dem völlig unerwarteten Ausscheiden geriet auch Schalkes Finanz-Plan für die Arena ins Wanken: „Unsere Eigenkapitalfinanzierung war in den Wind geschossen.“
Schalke hatte für den Löwenanteil der rund 190 Millionen Euro Baukosten zwar Kreditzusagen von Banken, musste einen Teil aber auch mit eigenem Geld aufbringen. Vorgesehen waren dafür die Einnahmen aus dem Uefa-Cup: Dank der lukrativen Vermarktung der TV-Rechte über die Agentur ISPR konnte Schalke pro Runde mit fünf bis sieben Millionen Euro (umgerechnet) kalkulieren – „wenn wir drei bis vier Runden spielen, kriegen wir das Geld wieder rein.“ Schalke war so optimistisch, weil die Mannschaft 1996/97 ja den Uefa-Cup gewonnen und es 1997/98 auch bis ins Viertelfinale geschafft hatte. Doch dann verballerte van Hoogdalem gleich im ersten Jahr, in dem es um die Kohle für die Arena ging, den Elfmeter in der ersten Runde. Schalke musste sich das fest einkalkulierte Geld leihen – so entstehen Schulden.
Schalkes Vorstände kauften Anteile mit privatem Geld
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Übrigens: Auch Schalkes kompletter Vorstand mit Präsident Gerd Rehberg, Finanz-Vorstand Jupp Schnusenberg, Manager Rudi Assauer und eben Geschäftsführer Peter Peters musste mit privatem Geld für die Arena einstehen: Jeder der vier Herren erwarb einen Anteil von 100.000 D-Mark. Peters: „Auch wir mussten zeigen, dass wir an das Projekt glauben.“ Assauer und Peters wurden die Geschäftsführer der Arena-Gesellschaft.
So wurde die Uefa einmal ausgetrickst
Schalke brauchte die Arena auch, um für den Übergang weiter seine internationalen Spiele im maroden Parkstadion austragen zu dürfen: Der Klub musste nachweisen, dass die Arena auch wirklich gebaut wird, sonst hätte es von der Uefa keine Ausnahme-Genehmigung mehr fürs Parkstadion gegeben. Eines schönen Morgens im Sommer 1998 wollte sich die Uefa dann auch mal persönlich vom Baubeginn überzeugen, ein Delegierter kündigte seinen baldigen Besuch an. Schalke hatte nur das Problem: Man war noch nicht ganz soweit, wie man es der Uefa vorgegaukelt hatte – auf der Baustelle tat sich noch nichts.
Doch wie Schalke solche Kleinigkeiten damals löste, erzählt Peter Peters heute mit einem Schmunzeln: „Rudi Assauer hat seinen alten Freund Walter Hellmich angerufen und ihm gesagt: Wir brauchen sofort zehn LKW und drei Bagger auf die Baustelle.“ Der Duisburger Bauunternehmer half Assauer gerne aus der Patsche – und der Uefa-Delegierte war bei seinem Besuch zufrieden, wie emsig die Schalker schon am Bauen waren...
Als der Controller kalte Füße bekam
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In Wahrheit ging nicht alles so reibungslos vonstatten. Peter Peters erinnert sich an den Tag, als der Bauvertrag mit dem Bauunternehmer HBM auf der Schalker Geschäftsstelle unterzeichnet werden sollte. Die Herren saßen beisammen, nur der für den Vertragsabschluss nötige Controller ließ auf sich warten. Nachdem Schalke mehrfach telefonisch nachhakte, wo der Mann denn stecken würde, ließ die Antwort die Herren blass werden: Der Controller war bei der Ausfahrt von der A2 im Kreisverkehr wieder umgedreht – er hatte sich vor der Verantwortung für dieses 190-Millionen-Euro-Projekt gedrückt...
So recht hatte man es Schalke damals in der Öffentlichkeit tatsächlich nicht zugetraut, diese Nummer wirklich durchzuziehen.
Doch nachdem ein neuer Controller gefunden war, ging’s am 21. November 1998 tatsächlich los: An einem diesigen, trüben Samstagmorgen wurde auf einem Stück Brachland am Berger Feld der erste symbolische Pfahl in die Erde gerammt, so etwas wie die Grundsteinlegung, nur dass die Arena wegen der Bergschäden auf dem Gelände bekanntlich auf Pfählen gebaut ist. Die vier Vorstands-Herren Rehberg, Assauer, Schnusenberg und Peters hatten das Ding wirklich durchgezogen – auch nach dem verschossenen Elfmeter von Prag.
Das private Kapital übrigens, das jeder investiert hatte, steckt heute nur noch zu einem kleinen Teil in der Arena: Rudi Assauer hat seinen 100.000-D-Mark-Anteil noch zu Lebzeiten verkauft, auch Jupp Schnusenberg hat sich von seinem Anteil getrennt. Peter Peters aber gehört heute immer noch ein kleines Stück dieser großen Arena.