Gelsenkirchen. Das 0:3 gegen den FC Augsburg verschärft die Schalke-Krise. Sie wurde wochenlang verharmlost – und wird noch lange andauern. Ein Kommentar.

Gesichter, die den Auftritt spiegelten. Leere, nichts als Leere, wie auf den Rängen. Nach dem Abpfiff standen die Spieler des FC Schalke 04 fassungslos auf dem Rasen der Arena, sie wussten offenbar immer noch nicht, was gerade geschehen war. 0:3 gegen den FC Augsburg. Das neunte Spiel in Serie ohne Sieg. Es ist nur noch peinlich.

Es war früh klar, wohin die Reise an diesem Spieltag für Schalke gehen würde. Der Spielaufbau durchschaubar, die Ballverluste eklatant. Die Defensive wackelig, die Offensive nicht vorhanden. Dazu ein Gegner, der frech draufging, attackierte, die taktischen Vorgaben besser umsetzte. Und wieder fiel den Schalkern nichts ein.

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Ein Beispiel: In der zweiten Hälfte gab es einmal die Möglichkeit für einen flotten Konter. Daniel Caligiuri trieb den Ball über rechts. Und schenkte ihn dann mit einem unmotivierten kurzen Fehlpass her. Der Caligiuri, der die Mannschaft als Kapitän aufs Feld führte und nach dem Spiel bei DAZN dieses Fazit zog: „Ich will nicht sagen, dass wir klar unterlegen waren.“ Er erklärte diese erschreckende Heimniederlage mit „individuellen Fehlern“.

Schalke: Verantwortliche sprechen von "Ergebnisdelle"

Diese fehlende Selbsterkenntnis, dieses Sich-in-die-Tasche-lügen, ist eines der Probleme auf Schalke. Als der Abwärtstrend in der Rückrunde schon erkennbar war, sprachen auch die Verantwortlichen noch von einer „Ergebnisdelle“. Und jetzt sieht man, was dabei herauskommt, wenn man die erschreckende Realität verharmlost.

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In diesem Team fehlt alles. Man fragt sich mittlerweile, wie es möglich war, dass es einen ordentlichen Saisonstart hinlegen konnte. Vermutlich war es der Effekt des Trainerwechsels, David Wagner schien in Sachen Motivation einiges bewegen zu können. Auch davon scheint nicht mehr viel übrig geblieben zu sein. Wagner wird gerade durch die Gesamtlage geschützt, die Verunsicherung durch Corona ist groß. Es gab schon Trainer auf Schalke, die nach kürzeren Misserfolgsphasen gehen mussten.

Ja, es stimmt, lange Zeit fielen zu viele Stammkräfte wegen Verletzungen aus. Inzwischen aber hat sich in diesem Punkt die Lage entspannt. Und dennoch stürzt die Mannschaft immer tiefer in die Krise. Ohne das Polster, das sie sich in der Hinrunde zugelegt hat, wäre sie jetzt ein sicherer Abstiegskandidat. In dieser Form ist ihr nicht zuzutrauen, dass sie noch die Kurve kriegt.

„Wir wissen, dass es gerade ergebnistechnisch nicht so gut läuft. Wir müssen positiv nach vorne schauen“, hat Caligiuri auch noch gesagt. Billige Durchhalteparolen, viel zu oft gehört.

Diese Schalke-Mannschaft hat in Europa nichts zu suchen

Schalke 04 hatte nach der furchtbaren vergangenen Spielzeit inklusive Abstiegsangst offiziell kein Saisonziel ausgegeben. Es ging darum, zunächst Stabilität zu finden – und dann zu sehen, was nach oben möglich ist. Intern aber war der Ehrgeiz schon groß, zumindest wieder die Europa League zu erreichen. Die verheerende finanzielle Lage mit rund 200 Millionen Euro Verbindlichkeiten erlaubt es dem Verein nämlich nicht, mehrmals das internationale Geschäft zu verpassen.

Es ist zwar immer noch in Sichtweite, aber: Diese Mannschaft hat in Europa nichts zu suchen. Und die Corona-Krise macht es den Führungskräften momentan fast unmöglich, auf die erkennbaren Mängel zu reagieren und Korrekturen vorzunehmen. Schalke kann jetzt kein Geld ausgeben.

Diese Abwärtsspirale ist keine vorübergehende sportliche Krise. Die Pläne für die Ausgliederung der Profi-Abteilung werden auf den Tisch kommen, die Not ist schon jetzt groß. Schalke 04 stehen turbulente Monate bevor.