Dortmund. Die Welt schaute zu, als der BVB und Schalke aufeinandertrafen. Und es wurde eine klare Sache. Dortmund hat das Geisterderby mit 4:0 gewonnen.
Es sollte wohl ein Tanz sein, den Erling Haaland an der Eckfahne aufführte: Der Norweger zuckte mit dem Körper hin und her, die Mitspieler beobachteten es aus sicherer Distanz und klatschten Beifall. Es war eine Szene, die überhaupt nicht passen wollte zu einem Revierderby, zu diesem skurrilen Spiel aber sehr wohl. Denn Haaland hatte gerade das 1:0 für Borussia Dortmund gegen den großen Rivalen Schalke 04 erzielt. Normalerweise ein Anlass für ganz große Ekstase, aber wegen der Corona-Hygiene-Regeln und der fehlenden Zuschauer fiel der Jubel seltsam gebremst aus – es macht eben einen Unterschied, ob 81.365 Zuschauer für Lärm sorgen, oder eben nicht. Eine höchst ungewohnte Atmosphäre für ein Pflichtspiel, mit dem der BVB deutlich besser zurecht kam: Gegen enttäuschende Schalker gab es einen hochverdienten 4:0 (2:0)-Sieg.
Dabei waren die Vorzeichen aus Dortmunder Sicht nicht die besten gewesen, Trainer Lucien Favre hatte bis zum Anpfiff reichlich improvisieren müssen: Axel Witsel, Emre Can, Marco Reus und Dan-Axel Zagadou fehlten verletzt, Jadon Sancho saß nur auf der Bank, weil ihm im Laufe der Woche die Wadenmuskulatur Probleme bereitet hatte. Und so kehrte Thomas Delaney nach 203-tägiger Verletzungspause zurück auf den Rasen, so kam Mahmoud Dahoud mal wieder zu einem Startelf-Einsatz und so kam der 17-jährige Giovanni Reyna zu seinem Startelf-Debüt – dachte man. Doch weil er sich beim Aufwärmen verletzte, rutsche Thorgan Hazard in die Mannschaft.
Schalke musste auf Benjamin Stambouli, Omar Mascarell und Ozan Kabak verzichten – was gegenüber dem eigentlichen Derby-Termin Mitte März eine deutliche Entspannung der personellen Lage bedeutete.
Schalke nur in der Anfangsphase auf Augenhöhe
Die Schalker begannen im Dortmunder Stadion engagiert, pressten aggressiv und erarbeiteten sich erste Feldvorteile – blieben aber in ihren Pässen zu ungenau, um für echte Torgefahr zu sorgen. Dafür ließen sie mit ihrem weiten Aufrücken deutliche Lücken, die der BVB nach und nach immer besser zu nutzen verstand. Insbesondere Nationalspieler Julian Brandt sorgte mit klugem Positionsspiel und feinen Pässen dafür, dass sich die Dortmunder immer wieder durch die Schalker Reihen kombinieren konnten und die Gäste immer weniger am Spiel teilhaben ließen – Dahoud und Delaney assistierten ihm geschickt.
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Es dauerte allerdings, bis die ersten echten Torchancen zu registrieren waren: Nach einem Konter schoss Hazard noch deutlich zu hoch (7.). Als Erling Haaland aus kurzer Distanz Jonjoe Kenny im Strafraum an die Hand schoss, blieb die Pfeife von Schiedsrichter Deniz Aytekin stumm – und der Video-Assistent prüfte zwar, sah aber keinen Grund zum Eingreifen (11.).
BVB nimmt nach zehn Minuten Tempo auf
Doch die Dortmunder kamen dem Tor immer näher: Achraf Hakimis scharfe Hereingabe klärte Jean-Clair Todibo noch mit einer spektakulären Grätsche (12.), Haalands Schuss aus spitzem Winkel flog ans Außennetz (24.). Die Gäste wurden vor der Pause nur einmal aus dem Nichts gefährlich: Manuel Akanji köpfte im eigenen Strafraum Daniel Caligiuri an, doch der Schalker brachte keinen Druck hinter seinen Schuss – Roman Bürki konnte klären (26.).
Und dann fiel sie doch, die inzwischen verdiente Dortmunder Führung: Brandt leitete mit der Hacke weiter auf Hazaard, der ganz viel Platz hatte und mit punktgenauer Flanke Haaland fand, der mit der Innenseite traf – Schalke-Torhüter Markus Schubert war chancenlos (29.).
Und der BVB machte weiter Druck: Raphael Guerreiro verzog nach starker Hakimi-Vorarbeit, Dahouds Gewaltschuss klärte Salif Sané per Kopf (41.). Kurz vor der Pause klappte es dann aber doch aus Dortmunder Sicht: Schuberts Abstoß geriet zu kurz und zu flach und landete bei Dahoud. Der gab schnell weiter auf Brandt, der schickte Guerreiro und der traf wuchtig ins lange Eck (44.).
Von Schalke kam da schon lange nichts mehr, die Königsblauen kamen nur selten aus der eigenen Hälfte, weil die BVB-Profis die Passwege klug zustellten – und die wenigen Vorstöße versandeten durch Fehlpässe.
Schalke: Taktische Umstellung bringt keine Besserung
Schalke stellte zur Pause um: Rabbi Matondo kam für den angeschlagenen Todibo, Guido Burgstaller für den wirkungslosen Benito Raman, statt mit Dreier- spielten die Gäste nun mit Viererkette. Am Spiel aber änderte sich wenig: Ein weiteres Mal konterte der BVB weit aufgerückte Schalker aus, Brandt bediente Hazard und der traf zum 3:0 (48.) – Schubert allerdings sah bei diesem recht unplatzierten Schuss nicht allzu gut aus.
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Nun erst ein konstruktiver Schalker Angriff, die sich über links sauber durchkombinierten – am Ende allerdings kam Bastian Oczipka dann nicht vernünftig zum Abschluss (50.). Später landete ein abgefälschter Burgstaller-Schuss in Bürkis Armen (56.).
Doch auch der nächste Treffer fiel auf der anderen Seite: Wieder leitete der überragende Brandt ein, Guerreiro und Haaland spielten einen locker-leichten Doppelpass und der Portugiese vollendete mit dem Außenrist (63.). Nicht nur in dieser Szene hielt die Schalker Hintermannschaft jenen Sicherheitsabstand, der ihr eigentlich nur neben dem Feld abverlangt wird.
Schalke gegen BVB dramatisch unterlegen
Elf zu fünf Torschüsse und 56 Prozent Ballbesitz für den BVB hatten die Statistiker bis dahin gezählt – was den Klassenunterschied auf dem Rasen nicht ansatzweise erfasste. Die Gäste waren spielerisch und physisch dramatisch unterlegen.
Und das Spiel trudelte nun seinem Ende entgegen. Schalke-Trainer David Wagner nahm noch ein paar Wechsel vor, die nichts mehr änderten, Sané köpfte noch einmal über das Tor (74.), Sancho bekam noch etwas Spielpraxis – viel mehr passierte nicht mehr in diesem einseitigen Duell. Der BVB meldet sich mit einem Ausrufezeichen im Titelkampf zurück – Schalke dagegen dürfte in dieser Fassung mit der Europapokal-Qualifikation wenig zu tun haben.