Essen. Sky bot den Zuschauern beim Geisterderby besondere Optionen. Auf Wunsch waren sogar Fangesänge zu hören - ein unwirkliches Erlebnis.
Das Fernsehen kann mit seinen technischen Möglichkeiten eine Wirklichkeit vorgaukeln, die nicht der Realität entspricht. Das ist zwar wahrlich keine neue Erkenntnis, aber eben doch eine Besonderheit, die nun auch in den Live-Übertragungen der Fußball-Bundesliga zum Tragen kommen soll. Nach mehr als zwei Monaten Zwangspause läuft der Spielbetrieb wieder. Und obwohl Fans die Stadien nicht besuchen dürfen, bietet der TV-Sender Sky seinen Zuschauern eine Audio-Option mit Fan-Gesängen und Publikumsreaktionen. Eine skurrile neue Fußball-Welt in Corona-Zeiten.
Immerhin dürfen Zuschauer selbst entscheiden, ob sie sich auf diese TV-Erfahrung einlassen wollen. Niemand wird von Sky dazu gezwungen. So war es auch beim Liga-Neustart während des Revierderbys zwischen Borussia Dortmund und Schalke 04 (4:0). Wer die Partie am Fernseher unter den derzeit gegebenen realen Umständen verfolgte – also ohne Fans auf den Rängen – hörte viele Details, die bei einem vollen Stadion nur schwer wahrzunehmen wären: Anweisungen der Trainer, Zurufe der Spieler, Händeklatschen bei gelungenen Aktionen. Das ergab ein authentisches Hörerlebnis bei einer gleichermaßen gespenstischen Atmosphäre.
Pfeifkonzert beim Revierderby
Wer dagegen die Tonoption mit Fan-Akustik wählte, musste direkt arg stutzen. Die Gesänge hatten meistens wenig mit der Spielsituation zu tun. Als Schalke in der ersten Halbzeit beim Stand von 0:0 ganz normal im Ballbesitz war, war ein minutenlanges Pfeifkonzert zu hören. Dabei wären unter realen Bedingungen auch S04-Anhänger zu hören. Zudem gab es Tonprobleme: Der Reporter Jonas Friedrich war etwas schlechter zu verstehen, zu leise im Verhältnis zu den Fangesängen. So mochte man das Revierderby nicht verfolgen.
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„Auch wenn es ohne Publikum in den Stadien nicht dasselbe ist, wollen wir unseren Zuschauern ein besonderes TV-Erlebnis bieten“, hatte Sky-Sportchef Jacques Raynaud angekündigt. Deshalb wolle der Sender „das Beste aus den Comeback-Spielen und der für alle ungewohnten Situation machen“. Sky hatte die Idee mit den Einspielern zum Neustart der Bundesliga womöglich gut gemeint. Doch so etwas braucht kein Mensch, der den Fußball liebt. Das ist komplett überflüssig.
Fans kommentieren BVB gegen Schalke
Eine andere Idee des Senders hingegen hatte ihren Charme: Beim Revierderby gab es auf einem gesonderten Einzelspiel-Kanal Fan-Reporter. Daniel Kohnen (BVB) und Daniel Hölzel (S04) kommentierten das Spiel. Die beiden plauderten munter bei ihrem TV-Debüt über das Geschehen auf dem Rasen. Naturgemäß war auch Objektivität dabei nicht gegeben. Aber das machte gerade den Reiz der Übertragung aus.
„So kann es weitergehen“, sagte Daniel Kohnen zum Beispiel nach dem Führungstreffer durch Erling Haaland. „Da muss jetzt was kommen von uns“, forderte Daniel Hölzel. Kohnen nahm natürlich auch das 2:0 durch Raphael Guerreiro erfreut zur Kenntnis: „Ich hab‘s doch gesagt: Noch schön einen reinlegen vor der Halbzeit.“ Und Hölzel ärgerte sich über den Patzer der Schalker Torhüters Markus Schubert, der mit eine Vorlage zum Gegentreffer lieferte: „Ich weiß nicht, warum man so einen Plastikball nicht einfach wegdreschen kann.“
Jubel auf der einen Seite, Frust auf der anderen – die Kommentatoren frotzelten, lachten, diskutierten. Angesichts dieses Geisterspiels inmitten der Corona-Krise waren sie sich einig: „Das ist wirklich kein Derby.“