Gelsenkirchen. Respekt ist Norbert Elgert sehr wichtig. Schalkes U-19-Trainer fordert, Individualität, Kreativität und Intuition wieder verstärkt zu fördern.
Klar: Wegen der Corona-Pandemie ruht auch in der U-19-Bundesliga der Ball, in der die A-Junioren des FC Schalke 04 bislang keine gute Rolle gespielt haben und nur auf dem sechsten Platz liegen – mit zwölf Punkten Rückstand auf Spitzenreiter 1. FC Köln und zehn auf den Tabellenzweiten Borussia Dortmund, den sie auf dessen Rasen in der Hinrunde dank ihrer besten Saisonleistung eindrucksvoll mit 4:0 geschlagen haben.
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Zeit für Trainer Norbert Elgert, ein bisschen zu entspannen? Nicht wirklich. „Unsere Spieler sind jetzt in der sechsten Woche zu Hause, und jeder bekommt wöchentlich einen neuen, individuellen Trainingsplan“, erzählt der 63-Jährige, durch dessen Schule auch die 2014-Weltmeister Manuel Neuer, Benedikt Höwedes, Julian Draxler und Mesut Özil gegangen sind, im Sport1-Interview. „Natürlich fehlt den Jungs deren große Leidenschaft. Deshalb haben wir jetzt eine noch größere Verantwortung. Ich telefoniere wöchentlich mit meinen Spielern. Sie haben alle ihre Ängste und Nöte. Ich bin immer für sie da, um ihnen seelische Rückendeckung zu geben.“
Traditionelle Werte vermitteln. „Demut ist wichtig“, sagt Norbert Elgert
Elgert verfolgt bei seiner Nachwuchsarbeit in der Knappenschmiede ein klares Ziel, er spricht von einem ganzheitlichen Ansatz, und zwar so: „Ein Spieler muss den Ball beherrschen, das Spiel verstehen, eine hohe mentale Geschwindigkeit haben, sich permanent auf dem Spielfeld orientieren, um dadurch in der Lage zu sein, gute Entscheidungen unter Druck zu treffen. Darüber hinaus muss er trainierbar und belastbar sein.“ Und eine Frage lässt der Fußball-Lehrer gleich folgen: „Was bringt dir das größte Talent, wenn du ständig verletzt bist? Talent ist die Grundvoraussetzung, aber Spieler müssen auch ein Talent haben, ihr Talent zu nutzen. Ganz wichtig ist für mich die mentale Stärke. Das heißt, dann gut zu sein, wenn es darauf ankommt.“
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Unweigerlich gehört es dabei auch zu Elgerts Aufgaben, dafür zu sorgen, dass der eine oder andere junge Spieler nicht abhebt. „Wir Trainer und Ausbilder sind in diesem Punkt gefragt“, sagt er. „Wir führen viele Einzelgespräche und sollten mehr als nur Vermittler von Technik, Taktik und Athletik sein, nämlich auch von traditionellen Werten. Demut ist wichtig. Das betone ich immer wieder. Ich sage den Jungs immer, dass sie ihr Talent und ihr Können in keiner Weise über andere Menschen erheben. Nur weil du schnell Millionen verdienst, heißt das nicht, dass dein Talent höher einzuschätzen ist als das beispielsweise eines Handwerkers.“
Joel Matip zum Gewinn der Champions League gratuliert
Vor allem Respekt ist Elgert wichtig. „Sagt ein Spieler zum Beispiel im Hotel zu den Angestellten Danke und Bitte?“, fragt er. „Sie sollen nach den Sternen greifen, aber dabei bitte immer mit beiden Füßen auf dem Boden bleiben.“ Wie zum Beispiel? „Wir erwarten von unseren Spielern, dass die Kabine, die nach dem Training immer von Raumpflegerinnen gereinigt wird, schon einigermaßen besenrein ist. Das hat auch etwas mit Respekt zu tun“, erzählt er.
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Diese oft sehr intensive Zusammenarbeit führt dazu, dass Elgert den Kontakt zu vielen seiner Spieler auch dann nicht verliert, wenn diese das A-Junioren-Alter längst hinter sich haben und teilweise zu Stars geworden sind. „Ich gratuliere den Jungs zum Geburtstag oder rufe mal an, wenn einer ein Tief hat oder etwas Besonderes erreicht wie Joel Matip mit dem Gewinn der Champions League“, sagt er. „Jetzt gerade war ich viel in Kontakt mit Sead Kolašniac, der an der Schulter verletzt war. Bei Lennart Czyborra, der den Sprung zu Atalanta Bergamo geschafft hat, habe ich mich erkundigt, wie es ihm im von Corona gebeutelten Italien geht. Ich bin da, wenn ich das Gefühl habe, dass mich meine Jungs brauchen. Ansonsten halte ich mich aber zurück. Ich möchte mich nicht in ihrem Erfolg sonnen.“
Leroy Sané kann bei seinen Optionen keinen Fehler machen
Und? Hat Leroy Sané schon um einen Rat gebeten? „Ich habe tatsächlich einen sehr guten Kontakt zu Leroy und seiner Familie. Wenn er mich fragen würde, was er bisher nicht getan hat, dann würde ich sagen: Leroy, bei den Optionen kannst du keinen Fehler machen“, sagt Elgert. „Bei City und Pep Guardiola ist er ohnehin gut aufgehoben. Wenn er im Sommer wirklich zu den Bayern gehen sollte, dann macht er auch nichts falsch. Dort ist mit Hansi Flick, den ich menschlich und fachlich sehr schätzeund der auch auf junge Spieler setzt, ein großartiger Trainer.“
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Wie kaum einem anderen fällt Norbert Elgert auf, dass der deutsche Nachwuchs-Fußball aktuell international ein bisschen hinterherhinkt, weil „wir in den vergangenen zehn Jahren sicherlich einiges falsch gemacht haben“, wie er sagt. Aber: „Wir alle und auch der Deutsche Fußball-Bund haben gemeinsam erkannt, dass wir Individualität, Kreativität und Intuition nicht nur zulassen, sondern auch verstärkt wieder fördern müssen.“ Das bedeutet? „Unsere Spieler dürfen keine Angst davor haben, Fehler zu machen. Sie müssen sich trauen zu dribbeln und auch mal etwas Verrücktes machen dürfen“, sagt Elgert. (AHa)