Gelsenkirchen. Warum steckt Schalke in einem Formtief? Ein Grund der Verantwortlichen: die Verletztenmisere. Doch stimmt das wirklich? Der Faktencheck.
Wenn Trainer David Wagner und Sportvorstand Jochen Schneider über die Krise des Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04 sprechen, dann führen sie erst einmal die Personalsituation an. Wer war wie lange verletzt, wer ist noch fit und, und, und. Erst am Ende fügen sie dann noch hinzu, die Misere nicht als Ausrede für die schwachen Leistungen anzuführen. Ein Satz, der aber so nicht stimmt - denn genau das machen Wagner und Schneider. Wir nehmen Wagners Aussagen nach der 0:5-Klatsche gegen den Tabellenzweiten RB Leipzig im Faktencheck unter die Lupe.
Die erste Aussage: „Wenn du über einen längeren Zeitraum sechs, sieben potenzielle Stammspieler ersetzen musst, dann macht das etwas aus."
Diese Aussage stimmt nur bedingt. Über einen längeren Zeitraum verletzt sind Benjamin Stambouli (seit Oktober 2019), Salif Sané (seit November 2019) und Daniel Caligiuri (seit einigen Wochen). Diese drei sind zweifelsohne potenzielle Stammspieler. Für Torwart Markus Schubert gilt das nicht unbedingt. Er wäre wahrscheinlich hinter Alexander Nübel wieder auf die Bank gerückt, nachdem der Stammtorwart seine Vier-Spiele-Sperre abgesessen hatte.
Weitere Spieler, die temporär fehlten, sind Matija Nastasic (Achillessehenprobleme, sechs Spiele in der Hinrunde) Jonjoe Kenny (Bänderriss, zwei Spiele), Suat Serdar (Sprunggelenksprellung, drei Spiele) und Ozan Kabak (Oberschenkelzerrung, ein Spiel). Da verbietet es sich, von einem "längeren Zeitraum" zu sprechen - zumal die Spieler nicht alle parallel fehlten.
Heißt: Wagners Zahl stimmt, seine Schlussfolgerung nur teilweise.
Die zweite Aussage: "Wenn die Jungs, die dann zurückkommen, keinen Rhythmus haben, macht das etwas aus."
Diese Aussage ist korrekt. Drei Beispiele: Suat Serdar (Sprunggelenksprellung) kehrte nach dreiwöchiger Verletzungspause gegen Leipzig in die Startelf zurück - er wirkte zu Beginn auch sehr dynamisch und bemühte sich um Spielkontrolle. Doch mit zunehmender Spieldauer ließ er nach und musste auch vorzeitig ausgewechselt werden. Der Alte ist er noch lange nicht.
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Auch Jonjoe Kenny hatte zwei Spiele verpasst und sucht seit seiner Rückkehr seine Form.
Weston McKennie ist dauerhaft angeschlagen - und wer mal trainiert und mal nicht, kann kein Leistungsträger sein.
Heißt: Wagners Argument stimmt.
Die dritte Aussage: "Und wenn die, die viel gespielt haben, keine Pause bekommen können, macht das auch etwas aus.“
Eine Aussage, die überrascht. Für den Sturm trifft das nicht zu. Gegen Leipzig konnte Wagner Stürmer Michael Gregoritsch eine Pause gönnen - Rabbi Matondo rückte in die Startelf. Auf der Bank sitzen seit Wochen Guido Burgstaller und Ahmed Kutucu, falls Benito Raman aussetzen soll.
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Einer, der in der Bundesliga jedes Spiel von der ersten bis zur letzten Sekunde bestritten hat, ist Linksverteidiger Bastian Oczipka - gewiss auch ein Kandidat für eine Pause. Ersatz steht sogar bereit: Juan Miranda ist vom FC Barcelona ausgeliehen. Wagner bescheinigt Miranda stets eine gute Entwicklung - aber es reicht offenbar nicht, Oczipka zu verdrängen. Ist die Entwicklung doch nicht so gut?
In der Innenverteidigung steht Barcelona-Leihgabe Jean-Clair Todibo bereit, falls Matija Nastasic pausieren möchte. Für Ozan Kabak rückte Todibo beim 0:0 in Mainz bereits in die Startelf - und spielte gut.
Der einzige Spieler, der wirklich eine Pause gebrauchen könnte und für den es keinen Ersatz gibt, ist Spielmacher Amine Harit. Doch auch hier hätte Schalke einen Ersatz haben können: Mark Uth, ausgeliehen an den 1. FC Köln, spielt bei seinem neuen Klub sehr erfolgreich Harits Position.
Kapitän Omar Mascarell spielt immer - aber selbst wenn alle Spieler fit wären, würde er nicht pausieren müssen.
Fazit: Es ist okay, dass sich Wagner über die Verletztenmisere beschwert. Aber einige Argumente sind nicht korrekt.