Gelsenkirchen. Ist von Schalkes großen Trainern die Rede, fällt der Name Diethelm Ferner nur selten. Dabei schaffte „Didi“ 1984 den Aufstieg in die Bundesliga.
Die 1980er-Jahre auf Schalke waren eine wilde Zeit – geprägt von drei Bundesliga-Abstiegen (1981, 83, 88), Skandalen, Krisen, Intrigen. Umso höher ist die Leistung von Diethelm Ferner (heute 78) zu bewerten: Der Bottroper führte die Knappen 1983/84 als Cheftrainer zum zweiten Wiederaufstieg und etablierte den Klub wieder in der Bundesliga. 1986 verließ Ferner den Schalker Markt, weil der damalige Klubpräsident Dr. Hans-Joachim Fenne lieber einen „großen Namen“ wie Rolf Schafstall wollte. Doch Ferner ist S04 bis heute verbunden und regelmäßiger Gast bei den alljährlichen Ehemaligen-Treffen, jeweils am letzten Bundesliga-Heimspieltag in der Veltins-Arena.
Assauer holte ihn 1983 nach Schalke
Diethelm Ferner? Schalkes Fans reagierten verhalten, als Manager Rudi Assauer den einstigen Profi von Werder Bremen und Rot-Weiss Essen im Sommer 1983 zum neuen Cheftrainer bestimmte. Schließlich war „Didi“ zuvor bei Hannover 96 dreimal in Folge am Aufstieg gescheitert. Nun sollte der Mann mit dem markanten Seitenscheitel genau dieses Ziel mit den Königsblauen in Angriff nehmen. „Ich hatte mich mit Assauer und Dr. Fenne zu Gesprächen bei Assauer in Wulfen getroffen“, erzählt Ferner. „Für mich gab es nicht viel zu überlegen, ich habe ganz schnell zugesagt.“ Und siehe da: Assauers Riecher für den richtigen Trainer zur richtigen Zeit sollte sich einmal mehr bestätigen.
Auf Schalke stand ein Neuaufbau an. Stützen wie Uli Bittcher (zum BVB) oder Wolfram Wuttke (zum HSV) hatten sich nach dem zweiten Bundesliga-Abstieg verabschiedet. Im Gegenzug holte der neue Coach seinen Lieblingsspieler aus Hannover: Bernd „Shorty“ Dierßen. Der kleine Spielmacher schlug ebenso ein wie die übrigen Neuen: Klaus Täuber (Stuttgarter Kickers), Michael Jakobs (VfL Bochum) sowie ein 17-jähriges Eigengewächs, das noch mit dem Mofa zum Training knatterte – Olaf Thon.
Ferner warf den jungen Thon ins eiskalte Wasser
„Man konnte sofort sehen, was für ein Ausnahmetalent das war“, sagt Ferner. „Zum Ende der Vorbereitung war ich der Meinung, dass Olaf das Zeug hatte, der Mannschaft zu helfen.“ Schon am 1. Spieltag (3:0 in Charlottenburg) warf der Coach den schüchternen „Thöni“ ins eiskalte Pflichtspiel-Wasser – als zweitjüngsten Schalker aller Zeiten nach Berni Klodt, dem Meisterkapitän von 1958. Am 8. Spieltag erzielte Thon sein erstes Tor (beim 3:0 gegen Ulm), drei Wochen später den ersten Hattrick (beim 3:2 gegen Hertha).
Am Ende stieg Schalke als Zweiter hinter Karlsruhe auf. Mit 95 Treffern (2,5 pro Spiel) stellte die attraktiv spielende Ferner-Elf den besten Angriff der Liga. „Wir hatten gute Spieler für die Offensive“, erinnert sich Ferner: „ganz vorne unter anderem Täuber und Thon, im Mittelfeld torgefährliche Leute wie Dierßen oder Manni Drexler.“ Ganz nebenbei legte Schalke das spektakulärste Spiel seiner Vereinsgeschichte hin: Im Pokal-Halbfinale trotzte man den Bayern daheim ein 6:6 n.V. ab, dreifacher Torschütze: Thon. Erst im Wiederholungsspiel in München unterlagen die Knappen mit 2:3.
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Die Zusatz-Einnahmen aus dem Pokal investierten Ferner und Assauer im folgenden Sommer in Spieler mit Bundesliga-Erfahrung. Stürmer Frank Hartmann kam aus Köln, Defensivmann Gerd Kleppinger vom KSC, und aus Hamburg holte man Sturmtank Dieter Schatzschneider, den Ferner noch aus Hannover kannte. Zudem kehrte der damals 39-jährige Klaus Fichtel aus Bremen zurück – „eigentlich als Co-Trainer, aber weil er topfit war, habe ich ihn schon bald aufgestellt“, erzählt Ferner schmunzelnd.
So kämpfte Aufsteiger Schalke 1984/85 um die internationalen Plätze. Am Saisonende belegte die weiterhin offensiv ausgerichtete Ferner-Elf mit 34:34 Punkten und 63:62 Toren den 8. Platz, und die Fans spürten: Schalke war nur noch zwei, drei richtig gute Transfers vom Spitzendrittel entfernt. „Wenn wir den Europacup erreicht hätten, wäre sicher mehr Geld dagewesen“, sagt Ferner. „Doch Assauer und ich mussten uns nach den vorhandenen Möglichkeiten richten.“ Statt einer erneuten Einkaufsoffensive kamen im Sommer 1985 nur Dietmar Roth aus Karlsruhe und Ralf Regenbogen aus Wanne-Eickel.
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Der Start in die Spielzeit 1985/86 ging gründlich in die Hose. Nach 0:6 Punkten und 0:6 Toren aus den ersten drei Partien titelte der Boulevard: „Schalke 06“. Doch Ferner bewahrte Ruhe. Durch ein 1:0 gegen den HSV am 8. Spieltag verließ S04 die Abstiegszone, nach 17 Spieltagen lag das Team auf dem 12. Platz, am Saisonende auf Rang 10. Ferner hatte den Fahrstuhl-Klub vergangener Jahre wieder im Oberhaus etabliert. „Natürlich hätte ich diese Arbeit gerne fortgeführt“, sagt Ferner heute, „doch als klar war, dass Dr. Fenne mich nicht mehr wollte, hab ich gekündigt.“
Kurzes Comeback stand unter keinem guten Stern
Nach dem 10. Spieltag der Saison 1988/89 kehrte Ferner noch einmal zurück. Schalke war im Sommer zum dritten Mal abgestiegen, hatte Thon an die Bayern verkauft und den Zweitliga-Auftakt unter Trainer Horst Franz völlig versemmelt. Ferner startete mit einem 2:1 bei Fortuna Köln, doch nach dem Rücktritt von Präsident Günter Siebert herrschte Chaos im Verein. Nach dem 26. Spieltag (0:1 in Osnabrück) musste der „Retter“ gehen, Schalke lag auf dem vorletzten Platz. Erst Nachfolger Peter Neururer bewahrte den Klub im Schlussspurt vor der Drittklassigkeit. Diethelm Ferner arbeitete später u.a. in Zypern, im Sudan und in Libyen. Heute lebt er in Kalkar am Niederrhein.