Gelsenkirchen. Schalke geht nach dem Sieg gegen Mainz nicht zur Tagesordnung über. Trainer Wagner listet Fehler auf: “Daraus können wir wahnsinnig viel lernen.“

David Wagner ließ sich von dem Sieg nicht blenden. Natürlich genoss auch Schalkes Trainer dieses Last-Minute-Erlebnis vom Freitagabend mit dem späten Siegtor von Amine Harit zum 2:1 gegen Mainz. „Ganz ehrlich“, sagte Wagner, „es gibt nichts Besseres, als Freitagabend, Flutlicht, gewinnen und dann ein Wochenende zu haben.“ Doch immer wieder kam er auf das zu sprechen, was aus seiner Sicht bei der Partie gegen Mainz so richtig schiefgelaufen war: „Ich war natürlich überhaupt nicht einverstanden mit der zweiten Halbzeit. Wir haben 40 Minuten sehr schlecht und sehr fahrig Fußball gespielt.“

Die Analyse im Detail: Schalke hat 40 Minuten nicht funktioniert

Schalkes Trainer ging bei seiner Analyse ins Detail: „Wir waren technisch nicht gut genug, haben uns nicht genug bewegt, sind weggerutscht. Insbesondere unsere Offensivspieler wirkten nicht so frisch wie in den vergangenen Spielen. Dann verlierst du plötzlich immer mehr an Mut, an Selbstvertrauen und kassierst den Ausgleich.“ Die nahe liegende Erklärung wäre für ihn gewesen, dass die Spieler nach der Partie fünf Tage zuvor in Paderborn nicht so frisch waren wie gewohnt. Aber dies relativierte er selbst: „Warum haben wir dann die letzten fünf Minuten nochmal drauflegen können?“ Deswegen sprach er auch immer von 40 Minuten, in denen Schalkes Spiel nicht funktioniert hat.

Fest steht für Wagner: „Wir können aus diesem Spiel so wahnsinnig viel lernen, um weitere Schritte zu gehen.“ Das ist das Spannende von diesem Freitagabend, dass Schalke sich nicht mit dem Sieg tröstet und zur Tagesordnung übergeht, sondern den fehlerhaften Auftritt für die eigene Entwicklung nutzen will.

Es geht um den Ballbesitz-Fußball

Dabei geht es in erster Linie um den Ballbesitz-Fußball, „wir haben den Ball viel zu schnell wieder abgegeben“, monierte Wagner. Um das Defizit zu beheben, zog er eine Viertelstunde vor Schluss den ballsicheren Benjamin Stambouli aus der Abwehr ins Mittelfeld vor und wechselte stattdessen Matija Nastasic in die Viererkette ein. Viele Fans hinterfragten den Sinn dieses defensiven Wechsels, aber Stambouli war von Wagner als Ordnungshüter im Mittelfeld auserkoren. „Wir wollten einfach dadurch versuchen, mehr Stabilität und Ballsicherheit ins Spiel zu bekommen. Der Druck wurde immer höher, deswegen haben wir uns für diesen Wechsel entschieden.“

Wo war die Ordnung? Mascarell und Stambouli diskutieren.
Wo war die Ordnung? Mascarell und Stambouli diskutieren. © Bongarts/Getty Images | Christian Kaspar-Bartke

Stambouli genießt beim Trainer einen enorm hohen Stellenwert, dieser taktische Wechsel untermauerte dies noch einmal. Wie sehr beide auf einer Wellenlänge funken, zeigt die Analyse des Franzosen, warum Schalke das Spiel in der zweiten Halbzeit aus der Hand gegeben hatte: „Beim Sieg in Paderborn war unsere Stärke der Ballbesitz, mit viel Geduld und viel Ruhe am Ball.“ Das habe gegen Mainz gefehlt und gehört auch für ihn zum Lernprozess der Mannschaft. Gerade in den schwächeren Phasen eines Spiels sei es nötig, durch Ballzirkulation in den eigenen Reihen Ruhe ins Spiel zu bringen. „Wir werden Videos anschauen und dabei vielleicht Lösungen finden“, hofft der Franzose. Er verspricht: „Unser nächster Schritt wird viel Ballbesitz sein.“

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Gegen Mainz war auch Stambouli mit seiner eigenen Leistung nicht zufrieden, aber so erging es der gesamten Mannschaft. Jeder einzelne wusste, dass es im Endeffekt ein glücklicher Erfolg war – nach dem 1:1-Ausgleich waren die Mainzer zunächst fast näher dran, das Spiel für sich zu entscheiden, ehe fünf Minuten vor Schluss noch einmal die Schalker Lebensgeister zurückkehrten. „Was da gewesen ist, war schon stark“, lobte auch Wagner: „Es war Energie auf dem Platz und im Stadion, die Nordkurve war voll da und wir hatten Abschlussaktionen. Das war richtig zu fühlen.“ Aber den kritischen Umgang mit dem Sieg wertet Stambouli als gutes Signal: „Das zeigt: Wir möchten uns verbessern.“

Der Unterschied zur letzten Saison

Sportvorstand Jochen Schneider verglich die Partie mit dem Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt in der vergangenen Saison: Damals hatte Schalke durch ein Gegentor in der Nachspielzeit mit 1:2 verloren. Nun hingegen habe man „nach dem Ausgleich doch gemerkt, dass die Mannschaft wieder nach vorne gespielt hat und das Ding doch noch gewinnen wollte – das ist der Unterschied zum letzten Jahr, wo auch viel Pech und Unglück dazukam und dann irgendwann im Verlauf der Saison der Glauben verloren ging – so haben wir das Spiel damals gegen Frankfurt noch verloren.“

Schalke glaubt wieder daran, Spiele drehen zu können. „Ja, das Gefühl habe ich ein bisschen“, bestätigt Stambouli: „Wir gehen mit viel Selbstvertrauen und Mut auf den Platz. Das ist super für einen Fußballer.“