Gelsenkirchen/Essen. Die Kritik an Clemens Tönnies reißt nach dessen rassistischen Äußerungen nicht ab. Auch der Ethik-Rat des DFB greift den Fall auf.

Die nächsten Wochen werden für Schalkes Aufsichtsratschef Clemens Tönnies vermutlich sehr ereignisreich. Und das wird viel weniger als es Spielern, Verantwortlichen und Tönnies selber lieb sein kann, mit Fußball zu tun haben.

Am Dienstag wird sich Schalkes Ehrenrat mit den rassistischen Äußerungen des Klubchefs auseinandersetzen, hat ihn – auch wenn das selbstverständlich nicht so drastisch formuliert wurde – zum Gespräch vorgeladen.

Asamoah wird deutlich

Weniger formal, aber gefühlt deutlich bedeutender wird vermutlich ein Gespräch mit einem ehemaligen Profi des Klubs, Gerald Asamoah, in Ghana geborener deutscher Nationalspieler, kündigte jedenfalls über die Social-Media-Plattform an, ein Gespräch mit Tönnies führen zu wollen, schreibt Asamoah, „denn so etwas darf nicht passieren (!!) und es ist traurig, dass wir 2019 immer noch über so etwas sprechen müssen.“ Der U23-Manager gehört zu den wenigen Schalke-Funktionären, die deutlich werden: „Seine Äußerung hat mich sehr überrascht, geschockt und auch verletzt. Klar ist, dass es nicht in Ordnung ist und es sich nicht gehört. Er beleidigt mich und alle anderen Betroffenen. Das können wir nicht dulden.“

Tönnies wird beim DFB Thema

Sollten die Gespräche mit Asamoah und mit dem fünfköpfigen Ehrenrat, der das Recht hat, Tönnies von seinem Amt zu suspendieren, glimpflich verlaufen, wartet einige Tage später die Ethikkommission des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) auf den Unternehmer. Das Gremium wird sich bei seiner nächsten Sitzung am 15. August mit dem Vorfall beschäftigen. Das bestätigte der Gremiums-Vorsitzende Nikolaus Schneider. „Wir werden das Thema in unserem Kreis bereden.“ Die DFB-Ethikkommission kann selbst kein Urteil fällen. Das dreiköpfige Gremium kann lediglich Anklage erheben, über die dann die DFB-Gerichtsbarkeit entscheiden muss. Die Folgen sind bisher nicht absehbar.

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Clemens Tönnies hatte am Donnerstagabend als Gastredner beim „Tag des Handwerks“ in Paderborn als Konsequenz auf den fortschreitenden Klimawandel gefordert, nicht etwa höhere Steuern einzuführen, sondern in Afrika lieber jährlich 20 Kraftwerke mehr zu finanzieren. Dann, so Tönnies, würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen und aufhören, wenn es dunkel ist, Kinder zu produzieren. Fleischfabrikant Tönnies entschuldigte sich für die Äußerungen am Tag darauf – mehrfach. Der WAZ hatte Tönnies am Freitag gesagt: „Ich bin über mich selbst bestürzt, dass mir so etwas passieren konnte. Da hilft kein drum herum reden, da hilft auch keine Verschlimmbesserung, es war schlicht töricht.“

Obgleich das Schalker Umfeld, voran Sportvorstand Jochen Schneider und Trainer David Wagner, die Äußerungen zwar verurteilten, die Entschuldigung jedoch als ausreichend bewerteten, dürfte Clemens Tönnies nicht so ohne weiteres aus dem Fokus der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit geraten. Dass Schneider und Wagner ihren Boss schnellen Ablass gewähren, hat neben dem Abhängigkeitsverhältnis wohl vor allem damit zu tun, dass sie um die ungestörte Saisonvorbereitung des Klubs, dessen vergangene Saison eher turbulent verlief, fürchten.

Kritik auch von der Justizministerin

Einen Vorgeschmack auf weiter folgende Kritik gab es am Wochenende. Am Sonntag meldete sich Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) zu Wort und kritisierte Tönnies scharf: „Wer dumpfen Rassismus verbreitet, stellt sich gegen hunderttausende Fußballfans. Die übergroße Mehrheit steht klar für Menschlichkeit und Toleranz“, sagte die Justizministerin dieser Zeitung. Lambrecht forderte den DFB auf, sich mit dem Vorfall zu beschäftigen.

Rauball: "Das kann man nicht kommentarlos durchgehen lassen"

Bereits am Samstag hatte sich Reinhard Rauball zu Wort gemeldet: „Ich war sehr überrascht, dass ihm das so passiert ist, und das kann man nicht kommentarlos durchgehen lassen“, sagte der Präsident der Deutschen Fußball-Liga und Interimschef des DFB.

Warum sich das Thema nicht so ohne weiteres aus der öffentlichen Wahrnehmung davonstehlen wird, darauf deutet ein weiterer Satz Rauballs hin: „Was mich noch mehr als dieser völlig deplatzierte Spruch betroffen gemacht hat, ist, dass dort für diese Sätze auch noch Beifall geklatscht worden ist. Das ist etwas, was man in keinster Weise akzeptieren kann und was auch mit den Werten des Fußballs, so wie er in den Vereinen und wie er beim DFB und bei der DFL gelebt wird, überhaupt nicht in Einklang ist“, sagte Rauball.

Folgt eine breite Debatte?

Selbst, wenn es Schalke und seinem Aufsichtsratschef gelingen könnte, die Nebengeräusche der Social-Media-Kanäle auszublenden, ist nicht auszuschließen, dass mit Beginn der Arbeitswoche eine Diskussion über Äußerungen und den Beifall dafür beginnt.

Dieser Debatte werden sich die Klubverantwortlichen wohl nicht so ohne weiteres entziehen können.