Gelsenkirchen. Der Ex-Schalker Joel Matip ist Teil des Fußballwunders von Liverpool. Wir haben mit seinem Entdecker Norbert Elgert über ihn gesprochen.
Auch Norbert Elgert hatte Gänsehaut. Als die Mannschaft des FC Liverpool nach dem grandiosen Einzug ins Finale der Champions League Arm in Arm vor ihren Fans stand und gemeinsam mit ihnen den Klassiker „You’ll never walk alone“ schmetterte. Der 4:0-Sieg am Dienstagabend an der Anfield Road gegen den FC Barcelona war nach der 0:3 Niederlage im Hinspiel eines der größten Comebacks der Fußballgeschichte. Und mittendrin stand ein ehemaliger Schalker, der nach dem Spiel in den Jubelarien längst nicht mehr so präsent war wie in den knapp 95 Minuten zuvor: Joel Matip.
Joel Matip - von 2000 bis 2016 ein Schalker
An der Seite von Virgil van Dijk brachte der 27-Jährige selbst Barcelonas Ausnahmekicker Messi zur Verzweiflung. „Das war eine Eins Plus. Das war eine Weltklasseleistung – defensiv und offensiv. Joel ist mit diesem Spiel in die Kategorie Weltklasse aufgestiegen“, urteilt sein ehemaliger U19-Trainer Norbert Elgert, der Joel Matip gleich am Mittwochmorgen eine Nachricht mit den besten Wünschen aufs Handy schickte.
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Als Achtjähriger kam Joel Matip im Jahr 2000 nach Schalke, er durchlief die komplette Knappenschmiede, bevor er im März 2010 einen Profivertrag bei den Königsblauen unterschrieb. Im Sommer 2016 wechselte der Innenverteidiger dann ablösefrei zum FC Liverpool. Sein Vertrag auf Schalke war ausgelaufen und Trainer Jürgen Klopp hatte ihn vom Wechsel zum 18-maligen Englischen Meister überzeugt. Schalkes damaliger Manager Horst Heldt hatte zwar alles versucht, das Tauziehen am Ende aber doch verloren. Matip sagte: „Die Entscheidung ist mir alles andere als leicht gefallen, weil ich mich hier eigentlich immer wohl gefühlt habe. Aber es ist Zeit, etwas Neues zu probieren und ins Ausland zu gehen.“
Westfalenliga-Kicker erinnert sich an Joel Matip
Christian Melchner hat in der Schalker U19 an der Seite von Joel Matip verteidigt. Der 28-Jährige spielt heute für den DSC Wanne-Eickel und kann sich noch gut an die gemeinsame Zeit erinnern. „Joel hat schon damals nicht den dynamischsten Eindruck gemacht, er wirkte immer etwas schläfrig. Im Zweikampftraining hat er uns dann immer gezeigt, dass der Eindruck trügt. Selbst wenn man zwei Meter vor ihm war, kam er mit seinen langen Beinen noch an den Ball. Er hatte schon zu der Zeit in der A-Jugend eine extreme Spannweite. Auch sein Kopfballspiel war schon außergewöhnlich gut.“
Der Westfalenliga-Kicker ist aber nicht nur von Matips fußballerischen Fähigkeiten angetan. Er schätzt auch den Charakter seines ehemaligen Mitspielers: „Joel war schon immer ein sehr ruhiger und sehr angenehmer Zeitgenosse. Ganz anders als andere Mitspieler, die mit 16, 17 oder 18 Jahren schon glaubten, Fußballprofis zu sein und auf Turnieren bereits fleißig Autogramme gegeben haben. Er war extrem trainingsfleißig. Ich freue mich sehr für ihn, dass er jetzt da ist, wo er ist.“
Kontakt zu Joel Matip hat Christian Melchner aber nicht mehr.
Drei Jahre später steht Joel Matip, der Nationalspieler von Kamerun war, vor dem größten Spiel seiner Karriere: Das Finale der Champions League im Wanda Metropolitano Stadion in Madrid findet am 1. Juni statt.
Dabei stand lange auf der Kippe, ob der heutige Liverpool-Star auf Schalke überhaupt den Sprung von der U17 zu Elgert in die U19 schaffen würde. Der mittlerweile 1,95 Meter große Innenverteidiger war als Jugendlicher auf einen Schlag ziemlich gewachsen, wodurch seine Koordination ins Wanken geraten war. Letztlich sei er „nur mit Ach und Krach“ in den Kader der A-Jugend aufgenommen worden. Das hat Matip in seinem Gastbeitrag in Elgerts vor kurzem veröffentlichten Buch „Gib alles – nur nie auf“ verraten.
Matip: Nach 43 Minuten das erste Bundesligator für Schalke
Der gebürtige Bochumer erinnert sich in seinem Beitrag auch noch gut an ein langes Gespräch mit Norbert Elgert, das große Auswirkung auf seine Laufbahn nehmen sollte. Ein sehr ausführliches Kennenlerngespräch in der ersten Reihe des Mannschaftsbusses – direkt hinter dem Busfahrer. Matip habe Elgert auch von seiner Familie erzählt, von seiner Mutter Eva-Maria, die beim Deutschen Roten Kreuz die Alzheimer-Hilfe mit aufgebaut hatte. Und von seinem Vater Jean, der Chemie studiert hatte und sich als Demenzbetreuer engagierte.
Natürlich ging es auch um die Wünsche und Träume des jungen Fußballspielers. Matip berichtet, dass er sich nicht getraut habe, große Ziele zu äußern. Elgert habe seine enorme Zurückhaltung deutlich gespürt und beschlossen, neben der fußballerischen Weiterbildung fortan vor allem auf den, wie es Matip ausdrückt, „Selbstvertrauens-Turbo-Booster-Knopf“ zu drücken. Mit Erfolg.
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43 Minuten reichten dem Schalker Eigengewächs übrigens in der Bundesliga, um das erste Tor zu erzielen. Felix Magath hatte nicht nur die eigenen Fans überrascht, als er den damals erst gerade 18 Jahre alten A-Jugend-Spieler im November 2009 beim Auswärtsspiel beim FC Bayern München zum ersten Mal in die Startelf beorderte. Nach Flanke von Lukas Schmitz traf der Abwehrspieler zum 1:1. Es war das erste Tor von insgesamt 23 Toren, die Matip für die Schalker Profis in 258 Spielen erzielte. Schon in der U19 war Matip sehr torgefährlich. Ging es gegen die Großen der Liga, hielt er als Innenverteidiger oder Sechser den Laden dicht. Ab und zu kam es Elgert aber auch in den Sinn, Matip in der Offensive einzusetzen, sogar als Stoßstürmer.
Nach jenem ersten Tor für die Schalker Profis nahm Elgert seinen Spieler zur Seite und sagte ihm: „Das Tor ist schön. Aber deshalb nimmst du jetzt keine fünf Stufen auf der Erfolgsleiter auf einmal. Es gilt: Erst Lehrling, dann Geselle, dann Meister.“
Meister ist Joel Matip zwar noch nicht. Dafür aber vielleicht sogar schon sehr bald Champions-League-Sieger.