Gelsenkirchen. Huub Stevens erwartet beim Revierderby seine schwierigste Prüfung als Trainer. Im Interview spricht der Niederländer über Schalkes Abstiegskampf.

Zum Interview-Termin mit dieser Zeitung kommt Huub Stevens ganz relaxed in Badelatschen. Der Trainer des abstiegsbedrohten FC Schalke 04 zeigt sich von seiner locker-sympathischen Seite, spricht über die Bedeutung der kommenden Aufgabe und über seine Gesundheit. Den „Knurrer“ lässt er diesmal weg. „Ab und zu kommt der nochmal, damit will ich dann etwas bewirken“, sagt der 65-Jährige mit einem Augenzwinkern vor dem Derby am Samstag (15.30 Uhr/ARD und Sky) bei Borussia Dortmund.

Herr Stevens, die wichtigste Frage vorweg: Wie geht es Ihnen?

Huub Stevens: Danke, mir geht es gut.

Sie mussten 2016 in Hoffenheim wegen Herzrhythmusstörungen aufhören. Hat sich Ihr Arzt in den vergangenen Wochen mal Sorgen um Ihren Zustand gemacht?

Ich lasse die Herz-Kontrollen in einem bestimmten Abstand durchführen. Ich habe mit unserem Kardiologen auf Schalke gesprochen. Er hat alle Berichte von meinen Ärzten aus den Niederlanden bekommen, damit er weiß, was los ist. Es ist alles unter Kontrolle.

Der Abstiegskampf dürfte auch mit Ihnen etwas machen, oder?

Ja, absolut. Das betrifft aber nicht nur das Herz.

Macht sich Ihre Frau Gedanken um Ihren Gesundheitszustand?

Natürlich macht sie das. Aber das muss sie nicht.

Wie erlebt Ihre Frau die Schalker Spiele?

Sie ist öfter mal mit dabei und dabei aber ganz entspannt. Aber das war sie auch früher schon, als ich noch Spieler war.

Auch, wenn Sie mal verletzt am Boden lagen?

(lacht). Ich lag da nicht. Ich war Verteidiger. Meistens lagen da die gegnerischen Stürmer am Boden. Früher war das so von der Spielweise. Heutzutage geht das nicht mehr.

"Da sind Momente in den Spielen, in denen es gut läuft"

Was kann die Schalker Mannschaft tun, damit es dem Trainer Huub Stevens noch besser geht?

Sie kann noch einige Punkte einfahren. So, wie wir diese Woche trainiert und Gas gegeben haben, muss man feststellen: Die Mannschaft tut das, was gefragt ist. Aber sie hat es bisher noch nicht hingekriegt, das während eines ganzen Spiels so abzurufen. Da sind Momente in den Spielen, in denen es gut läuft. Und dann verfallen die Spieler wieder in alte Muster. Das versuchen wir jetzt zu korrigieren. Daran arbeiten wir.

"Ich weiß, um die Bedeutung des Derbys"

Sie haben gesagt, dass die Aufgabe, die Sie bei Schalke angenommen haben, Ihre schwierigste ist. Wird das Derby am Samstag bei Titelmitfavorit BVB demnach die allerschwierigste Prüfung?

Ja, aber das gehört dazu. Ich weiß, um die Bedeutung des Derbys und wie die Fans damit umgehen. Die Anhänger leben für dieses Spiel. Für uns geht es natürlich darum, zu punkten. Wir wissen, dass es schwierig wird, aber in so einem Spiel ist alles möglich.

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Wäre ein Unentschieden für Schalke ein Riesen-Erfolg?

Am besten stellen Sie mir diese Frage am Samstag nach dem Spiel noch einmal. Stellen Sie sich vor, wir bekämen einen Elfmeter und vergeben ihn.

Bei dem Spiel trifft positiver Druck auf negativen Druck.

Stimmt, wenn man unten steht, ist der Druck anders.Trotzdem haben wir noch einen kleinen Unterschied zu den Mannschaften, die unter dem Strich stehen. Aber darauf will ich mich nicht zu sehr verlassen, sondern dafür sorgen, dass wir die nötige Sicherheit bekommen.

Die Reporter Christoph Winkel und Thomas Tartemann mit Huub Stevens (v.l.).
Die Reporter Christoph Winkel und Thomas Tartemann mit Huub Stevens (v.l.). © Lars Heidrich

Haben Sie Ihren Spielern zu Beginn der Woche Sequenzen vom 4:4 gegen Dortmund aus der Vorsaison zur Motivation gezeigt?

Nein. Manchmal werden Dinge in die Welt gesetzt, die so nicht stimmen. Das kostet Kraft. Es war so: Ein Spieler von uns hat in der Kabine etwas zum Derby gesagt. Es ging dabei auch um das 4:4. Für mich ist das aber nicht so wichtig.

"Man kann sich auf vergangenen Erfolgen nicht ausruhen."

Warum nicht?

Weil es Vergangenheit ist. Für uns zählt, was heute ist. Die Vergangenheit ist schön, aber das hilft uns jetzt nicht weiter. Man kann sich auf vergangenen Erfolgen nicht ausruhen.

Haben Sie das 4:4 in Dortmund live gesehen?

Das habe ich zu Hause vor dem Fernseher angeschaut.

Was dachten Sie beim Schalker 0:4-Pausenrückstand? Haben Sie ausgeschaltet?

Nein. Ich habe nur gedacht: Puh, aufpassen, dass man keine schlimmere Packung bekommt. Aber an diesem Verlauf sieht man auch, wie ein Spiel kippen kann. Das muss dir immer wieder Vertrauen geben.

Werden Sie Derbysequenzen im Mannschaftsbus zeigen, wenn es Samstag Richtung Dortmund geht?

Nein. Ich denke, dass wir andere Momente zeigen, die den Spielern ins Gedächtnis rufen, was gefragt ist. Wir wissen, dass ein Derby unheimlich wichtig ist.

Machen Sie vor den Revier-Klassiker irgendetwas anders als sonst?

Eigentlich nicht. Die Erfahrungen, die bei dem 4:4 in der letzten Saison gemacht wurden, nimmt die Mannschaft mit. Jeder weiß, wie es zwischen Dortmund und Schalke aussieht. Da gibt es Respekt, aber auch große Rivalität. Leider liegen die Klubs jetzt etwas zu weit auseinander, wenn man die Tabelle ansieht.

Würden Sie dem Rivalen Borussia Dortmund den Meistertitel gönnen?

Wenn sie einen Punkt vor Bayern sind oder am Ende das bessere Torverhältnis haben sollten, dann hätten die Dortmunder es auch verdient. Wir spielen nicht mehr gegen Bayern. Aber jetzt noch einmal gegen den BVB. Sie brauchen Punkte. Wir auch. Ich hoffe, dass es ein engagiertes Spiel wird, das unsere Fans zufriedenstellt.

Haben Sie noch Kontakt zu Ihrem Vorgänger Domenico Tedesco?

Ja.

Ist das Verhältnis freundschaftlich?

Ich habe ein sehr gutes und kollegiales Verhältnis zu Domenico. Wir haben uns oft über Schalke unterhalten und ich habe versucht, zu helfen, ihm aber leider manchmal nicht die nötige Hilfe geben können.

Warum war das so?

Ein Beispiel: Domenico hatte mich auch mal ins Trainingslager eingeladen. Wenn du da aber als ehemaliger Coach erscheinst, birgt es die Gefahr, dass es andere als „Enteiern“ des aktuellen Trainers bewerten. Und das wollte ich nicht. In Deutschland ist das noch ausgeprägter als in anderen Ländern. Im Nachhinein sage ich: Mit dem Wissen von heute hätte ich vielleicht mehr für Domenico tun können..

Welche Tipps können Sie Alexander Nübel geben, an dem angeblich Bayern München interessiert sein soll?

Ich finde schade, dass dieses Thema in der Öffentlichkeit hochkocht. Damit hilft man Alex nicht. Und Schalke 04 auch nicht. Meine Meinung ist, dass junge Spieler nicht zu früh wechseln sollten, auch nicht ins Ausland. Du brauchst eine Basis. Auch für Nübel ist eine gewisse Basis gut und wichtig.

Sie haben zuletzt auf junge Spieler wie Carls und Boujellab gesetzt. Trauen Sie den Talenten schon die Wucht eines Derbys zu?

Das ist doch das Schönste, was du erleben kannst. Es muss Spaß machen, in so einem Stadion, bei so einer Stimmung aufzulaufen. So ein Gefühl ist super. Da möchte ich am liebsten selbst noch spielen. Aber das geht nicht mehr (lacht).

Schlussfrage: Was ist, wenn Sportvorstand Jochen Schneider im Mai zu Ihnen sagt, Huub, wir….

Nein, hört auf! (lacht).