Gelsenkirchen. Aufsichtsrats-Chef Clemens Tönnies stellte Schalkes neuen Sportvorstand Jochen Schneider vor. Trainer Domenico Tedesco darf weiterarbeiten.

Es gibt Prominente, die sich im Blitzlichtgewitter wohlfühlen und darin Bestätigung sehen. Zu denen, so viel ist sicher, zählt Jochen Schneider nicht.

Als der neue Sportvorstand des FC Schalke 04 an der Seite von Aufsichtsrats-Chef Clemens Tönnies auf dem Podium im Medienraum der Arena Platz nahm, lächelte er gequält. Er zupfte ein wenig an seinem Jackett, und als Tönnies gewohnt kernig das Wort ergriff („Mahlzeit, meine Damen und Herren!“), schaute Schneider nach unten. Es war dann auch kein Wunder mehr, dass anschließend verkündet wurde, der neue Sportvorstand werde im Gegensatz zu seinen Vorgängern Christian Heidel und Horst Heldt nicht mehr auch das Ressort Kommunikation verantworten. Dieser Job wird nun an Marketing-Vorstand Alexander Jobst weitergereicht.

Jochen Schneider - ein Mann mit einem guten Ruf

„Ich bin Schwabe. Ich weiß, wie man mit Geld umgehen muss, und ich bin wortkarg“, sagte Schneider halb im Scherz, halb im Ernst. Langjährige Wegbegleiter aus Stuttgart, wo er 16 Jahre lang für den VfB arbeitete, bevor er 2015 zu RB Leipzig weiterzog, beschreiben den 48-Jährigen nahezu deckungsgleich als korrekt, kompetent, glaubwürdig und fleißig. Aber auch als zurückhaltend. Es musste ja auch einen Grund dafür gegeben haben, dass dieser branchenweit geschätzte Netzwerker so lange und so geschickt im Hintergrund seine Strippen ziehen konnte.

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Auf Schalke aber rückt er nun in Reihe eins vor. Warum tut er sich das an, gerade jetzt, gerade hier? „Es ist der Reiz dieses Vereins“, erklärte Schneider. Tönnies erzählte, Schneider habe sofort Ja gesagt, als er ihn fragte, ob er Lust auf Schalke habe. Und auch, dass Schneider nach dem Rücktritt von Heidel erste Wahl für ihn gewesen sei – zumal ihm auch Huub Stevens, im Aufsichtsrat Berater von Tönnies in sportlichen Fragen, versichert habe, dass Schneider „ein Guter“ sei. Stevens muss das beurteilen können, er hatte als Trainer in Stuttgart mit Schneider zu tun.

Der Neue sagte zunächst, was man so sagt, wenn man sich anfreunden möchte. Er sei sehr dankbar und stolz, „Teil der Familie von Schalke 04“ zu sein, Schalke sei „nicht nur ein großer, sondern auch ein großartiger Verein“. Wer aktuell auf die Tabelle schaut, den Zustand der Mannschaft beurteilt und die Stimmung der Fans vernimmt, könnte allerdings auch auf andere Gedanken kommen.

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Aber es ist ja logisch, dass Schneider versuchen muss, Optimismus zu verbreiten und Zusammenhalt zu erreichen. Formell kann er erst bei der turnusmäßigen Aufsichtsratssitzung am 14. März zum Sportvorstand berufen werden, seine Arbeit aber hat er aus Dringlichkeitsgründen längst aufgenommen. „Wir müssen gar nicht um den heißen Brei herumreden“, sagte er. „Wir befinden uns im Kampf gegen den Abstieg.“

Erste wichtige Entscheidung: Trainer Domenico Tedesco wird auch am Freitagabend im Spiel bei Werder Bremen auf der Bank sitzen. Schneider kennt Tedesco, seit der in Stuttgart die U17 trainierte, der Sportvorstand sagte: „Er ist ein wunderbarer Trainer, ich bin im offenen Austausch mit ihm. Ich habe ihm gesagt: Ich bin ein Freund von Kontinuität, aber die Ziele dürfen nicht gefährdet sein. Ich bin kein Freund von Lippenbekenntnissen. Ich sage nicht, wir ziehen das jetzt bis zum Saisonende durch.“

Tedesco weiß damit, woran er ist. Er muss sofort Resultate liefern, sonst wird es ihn doch noch erwischen. Freie Hand bei der Personalwahl wird ihm gewährt. „Die muss jeder Trainer haben, sonst hat der Verein ein Problem“, stellte Schneider klar.

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Der neue Sportvorstand hatte sich beim 0:4 gegen Düsseldorf ein Bild vom erbärmlichen Zustand der Mannschaft machen können, in Gesprächen mit den Profis forschte er in den vergangenen Tagen nach Ursachen. Sein Fazit: Es besteht noch Hoffnung. „Es sind gute Jungs“, versicherte er. „Ein Miteinander“ sei erkennbar. Öffentlich ließ er die Spieler am Dienstag also erstaunlich gut wegkommen, aufgrund blamabler Auftritte und vieler Disziplinlosigkeiten ließe sich auch behaupten: zu gut. Schneider erklärte: „Wir verbessern die Situation ja nicht, wenn wir mit dem Finger auf Spieler zeigen und sagen: Du bist schuld!“

Tedesco wird weniger nachsichtig sein können. Die letzte Chance, das heißt für den Trainer: volles Risiko. Er wird keinen mehr aufstellen, dem er nicht vertrauen kann. Er wird sich nicht mehr, wie nach dem 0:3 in Mainz, durch gute Trainingseindrücke umstimmen lassen. Er wird auf Spieler setzen, die er an seiner Seite weiß – wie Benjamin Stambouli, Daniel Caligiuri, Guido Burgstaller, Steven Skrzybski. Er ist froh, dass Weston McKennnie und Bastian Oczipka zurückkehren, und er wird auf den Ehrgeiz der Talente Ahmed Kutucu und Benjamin Goller bauen. Spieler wie Mark Uth, Sebastian Rudy, Amine Harit, Hamza Mendyl und Salif Sané hingegen werden mit Degradierungen rechnen dürfen. Der eine oder andere aus diesem Kreis wird daheim bleiben.

Strukturen auf Schalke werden sich ändern

Jochen Schneider wird das Aufgebot zur nächsten Saison entscheidend verändern müssen. Er holt sich dafür auch Hilfe, er will wie vom Aufsichtsrat gewünscht noch einen Sportdirektor und einen Technischen Direktor installieren. Aber all das, sagte er, stehe jetzt hinten an. Denn jetzt gebe es nur ein Ziel: „Wir müssen die Trendwende herbeiführen!“