Gelsenkirchen. Der Schalker Kultspieler ehrt Jugendliche für herausragende soziale Projekte. Fragen zu seiner S04-Zukunft will er nicht beantworten.

Die Heimkabine in der Veltins-Arena ist prall gefüllt an diesem Dienstagmorgen. Eine Gruppe in der Größe eines Bundesligakaders sitzt auf den Holzbänken des Raumes, der für den Kumpel- und Malocherclub steht. Es sind aber nicht die Schalker Profis, die an diesem Morgen an ihren üblichen Plätzen hocken. Sie schwitzen draußen auf dem Trainingsplatz. Sie nehmen einen neuen Anlauf, um der sportlichen Misere Herr zu werden. Es sind Jugendliche aus Ense, die in der Kabine Platz genommen haben. Sie werden für ihr integratives Projekt „Welcome to Kartoffelländ“ geehrt.

Und zwar von einem, der diese Kabine getrost sein Zuhause nennen darf, der sie noch aus seinen Zeiten als Spieler bestens kennt. Gerald Asamoah biegt um die Ecke, natürlich mit einem Lächeln auf den Lippen. „Hier bin ich zu Hause“, sagt er und grinst. Vielleicht ist Asamoah das bald wieder öfter.

Natürlich geht es bei diesem Treffen um das Projekt der Jugendlichen aus dem knapp 60 Kilometer östlich dieser Kabine liegenden Ense. Die haben einen Treff eingerichtet, wo Migranten und Geflüchtete auf Enser treffen. Und sind dafür von der Bertelsmann-Stiftung ausgezeichnet worden – mit Gerald Asamoah als Schirmherr. „Mir hätte so etwas damals, als ich nach Deutschland gekommen bin, total geholfen. Das ist total wichtig, macht weiter so!“, sagt der 40-Jährige. Doch einer der beliebtesten Schalker Spieler der vergangenen 20 Jahre weiß natürlich mit am besten, dass man auf Schalke nicht am Thema der letzten Tage vorbeikommt.

Schalkes Asamoah: „Armutszeugnis“

Sportvorstand Christian Heidel hat nach der 0:3-Klatsche in Mainz inklusive eines von Passivität geprägten Schalker Auftritts, den Asamoah in seiner Kolumne beim kicker übrigens als „Armutszeugnis“ bezeichnete, seinen Rücktritt angekündigt. Heidels Nachfolger ist gefunden: Jochen Schneider, aktuell Leiter Sport und Internationalisierung bei Rasenballsport Leipzig. Schneider soll im Team, das die sportliche Verantwortung trägt, aber nicht der einzige Neuzugang bleiben.

Nach Informationen dieser Zeitung blickt Schalkes Aufsichtsratsvorsitzender Clemens Tönnies interessiert zum großen Rivalen Borussia Dortmund. Der hat sich vor dieser Saison nämlich gänzlich anders aufgestellt als Schalke. Nicht ein mächtiger Sportvorstand, sondern viele Hände stricken dort gemeinsam am großen Ganzen.

Hinzu kommt: Manager Michael Zorc trug früher das schwarz-gelbe Trikot, genau wie der externe Berater Matthias Sammer und der Leiter der Lizenzspieler-Abteilung, Sebastian Kehl. Dass Kehl und Co. in Dortmund gute Arbeit leisten, erkennt man allein beim Blick auf die Tabelle. Die Schwarz-Gelben grüßen von ganz oben. Würde man das Anforderungsprofil von Kehls Job auf Schalke übertragen, fällt natürlich auch der Name Gerald Asamoah.

Der sitzt an diesem Morgen in der Schalker Kabine. Zwar nicht an seinem alten Platz, sondern knapp zwei Meter weiter rechts. Das Thema Integration liegt Asamoah, der selbst erst seit seinem zwölften Lebensjahr in Deutschland lebt, natürlich am Herzen. Am Herzen liegt ihm aber auch sein Schalke. Das merkt man allein daran, dass er es nicht lassen kann, humorvolle Sticheleien in Richtung der Dortmund-Fans in der Gruppe abzulassen. „Ach stimmt, du bist eine Zecke, ne? Können wir die rausschmeißen?“, fragt er mit seinem typischen Grinsen im Gesicht und in einer Art, in der man ihm nichts böse nehmen kann.

Asamoah ist ein Kult-Schalker

Seine aktive Karriere beendet hat Asamoah 2015 in der zweiten Mannschaft der Knappen. Bei seinem letzten Auftritt im königsblauen Trikot in Wanne-Eickel kullerten Tränen. Die Schalker „Amateure“ verließ der Kult-Schalker aber nicht. Nach einem abgeschlossenen Sportmanagement-Studium – natürlich in der S04-Sportakademie – wurde er im November 2016 Manager der U23. Den Abstieg in die Oberliga konnte er nicht verhindern, dafür hat er in den vergangenen Jahren viel dazugelernt.

Dieses Know-how könnte bald womöglich auch dort auf Schalke zugute kommen. Clemens Tönnies gefällt das Dortmunder Modell mit Verantwortlichen, die Stallgeruch besitzen. Asamoah, daran glauben viele auf Schalke, hat allein wegen seiner offenen und herzlichen Art, das Zeug dazu, auf Schalke eine ähnliche Rolle wie Kehl beim Rivalen auszufüllen. Auch wenn das so bei Königsblau natürlich keiner offiziell formulieren würde, bevor die Tinte trocken ist.

Zurück zum Dienstag. In der Ecke des Schalke-Museums diskutiert Asamoah weiter mit den Jugendlichen, dann stellt er sich auch den Fragen der Journalisten. Er erzählt, wie wichtig er das Projekt der Enser findet. Wie sehr ihm solch ein Projekt damals geholfen hätte. Dass bei seiner Integration der Fußball eine wichtige Rolle gespielt habe. Asamoah schwelgt in Erinnerungen über den Ascheplatz seines ersten Vereins BV Werder Hannover.

Fragen zu seiner Zukunft aber beantwortet er nicht. Nett und freundlich, in typischer Gerald-Asamoah-Art eben, aber doch knapp und bestimmt, verneint er Fragen rund um Schalke. Auch die Presse-Mitarbeiterin des Vereins, die zwei Meter entfernt steht und Asamoah bei diesem Termin nicht von der Seite weicht, schüttelt freundlich, aber bestimmt den Kopf. Keine Aussage dazu, ob Asamoah demnächst häufiger in der Schalker Kabine zugegen sein wird. Aber auch kein Dementi.