Gelsenkirchen. . Der Rücktritt von Sportvorstand Heidel stellt Schalke vor neue Probleme. Es soll mindestens zwei Nachfolger geben - erste Namen kursieren schon.

Ernste Mienen, leere Blicke, wenige Worte. Schalkes Trainingseinheit am Sonntagvormittag nach der 0:3-Blamage beim FSV Mainz 05 war nicht vergnügungssteuerpflichtig. Der Traditionsverein taumelt. Und als gebe die Lage in der Bundesliga nicht schon genügend Anlass zu größter Sorge, ist nun mitten in der Saison noch ein großes Loch aufgerissen worden, das schleunigst zu füllen ist. Der Rücktritt von Sportvorstand Christian Heidel setzt den Verein enorm unter Druck.

Was nun, Schalke 04?

„Wir werden zu gegebener Zeit die Nachfolge-Regelungen vornehmen und vorstellen“, erklärt der Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Tönnies. „Das wird zügig, aber nicht übereilt geschehen.“ Sicher ist, dass nicht nur ein Nachfolger gesucht wird. Nach Informationen dieser Zeitung sollen es mindestens zwei sein, die sich die Fülle der Aufgaben teilen sollen.

Jonas Boldt ist ein Kandidat. Die Gespräche mit dem 37-Jährigen, der noch bis Juni bei Bayer Leverkusen unter Vertrag steht, sollen weit fortgeschritten sein. Welche Rolle er genau spielen soll, steht noch nicht fest. Die Bild-Zeitung bringt als Partner für Boldt den gerade erst in Stuttgart entlassenen Michael Reschke (61) ins Spiel – und zwar als ersten Mann.

„Jonas Boldt ist ein sehr guter Mann“

Christian Heidel sagt, Boldt sei ein „sehr guter Mann“. Heidel will Boldt nach eigener Aussage schon vor Monaten als Verstärkung für Schalke vorgeschlagen haben – damals aber noch als Helfer an seiner Seite. Im Verein heißt es hingegen, Heidel sei nicht damit einverstanden gewesen, die Verantwortung auf mehrere Schultern zu verteilen.

Nach dem leblosen Auftritt der Mannschaft in Mainz gerät nun mehr denn je Domenico Tedesco, dem bisher viel Bewährungszeit eingeräumt wurde, in den Fokus. Der junge Trainer hat zwar auch intern Fürsprecher, sein wichtigster aber ist gerade zurückgetreten. Die Entscheidung darüber, ob der 33-Jährige bleiben darf, wird die neue sportliche Leitung treffen.

Sportlich kann es aktuell nur noch darum gehen, den größtmöglichen Unfall zu vermeiden. Den Schalkern droht nach fünf Bundesligaspielen ohne Sieg nun doch wieder das Abrutschen ins Rotlichtviertel der Tabelle. Tedesco gibt sich trotz der angespannten Situation kämpferisch – auch am Sonntag betonte er, er sehe keinen Anlass für eine vorzeitige Aufgabe.

Christian Heidel dagegen sah für sich keinen anderen Weg mehr als die Trennung. Besonders dramatisch wirkte sein Rücktritt durch den Ort, an dem er ihn öffentlich verkündete. Ausgerechnet in Mainz, wo er 24 Jahre lang gewirkt hatte, erklärte er das Ende seines Schalker Engagements.

„Ich gehe ohne Groll und habe Schalke 04 in den vergangenen zweieinhalb Jahren richtig lieb gewonnen. Ich bin zu 100 Prozent aufgeräumt“, sagt er im Gespräch mit dieser Zeitung. Heidel stellt allerdings fest: „Schalke funktioniert ohne Ruhe nicht.“ Durch seinen Rücktritt will er dazu beitragen, dass künftig wieder mehr Besonnenheit im Verein herrscht und sich der Fokus ausschließlich auf den sportlichen Bereich richtet.

Verzicht auf eine Abfindung

Heidel war zuletzt wegen der unglücklichen Transferpolitik schwer in die Kritik geraten. „Jeder erlebt Dellen in seiner Karriere“, bilanziert Christian Heidel. „Das Problem auf Schalke ist: Du darfst eigentlich keine Fehler machen.“ Für ihn kamen in den vergangenen Wochen „einfach viele Dinge zusammen“, die in der Summe dazu geführt hätten, 16 Monate vor dem Vertragsende das Handtuch zu werfen.

Heidel übernimmt die Verantwortung für den Absturz, aber er hat es satt, Diffamierungen über sich ergehen zu lassen: „Wenn Kritik in den Bereich der Verunglimpfung geht, dann habe ich dazu einfach keine Lust. Fairness und Anstand gehören für mich dazu.“ Aussitzen sei nicht sein Ding. Spätestens bis zum Saisonschluss soll eine Vertragsauflösung das vorzeitige Ende besiegeln. Indem er geht, verzichtet er auf eine Abfindung.

Am Abend vor dem Spiel in Mainz hatte er Tedesco informiert. Am Samstag um 13.32 Uhr besuchte Heidel die Mannschaft vor der Abfahrt ins Stadion noch im Team-Hotel am Rhein. Zu diesem Zeitpunkt wussten die Profis noch nichts von Heidels Entschluss, der seit der Winterpause in seinem Kopf immer mehr gereift war.

Der 55-Jährige hatte Aufsichtsrats-Chef Clemens Tönnies schon vor einer Woche unterrichtet. „Clemens war überrascht“, sagt Heidel. Den Vorschlag von Tönnies, ihm öffentlich das Vertrauen auszusprechen, lehnte Heidel ab. Vorerst will er Schalke mit Rat und Tat zur Seite stehen. Sobald die Nachfolge geregelt ist, wird er endgültig gehen.