Es mag Menschen geben, die denken, Christian Heidels Rücktritt sei eine gute Nachricht für Schalke - aber das ist sie nicht. Ein Kommentar
Schalke 04 spielt bisher die schlechteste Saison seit 36 Jahren. Das Thermometer der Enttäuschungen zeigt minus 20 Grad an. Das konnte nicht ohne Konsequenzen bleiben. Christian Heidel hat sie für sich gezogen. Der Sportvorstand hat entnervt seinen Rücktritt erklärt.
Es mag Menschen geben, die denken, das sei für Schalke 04 eine gute Nachricht. Nein, das ist sie nicht. Denn wieder einmal herrscht maximale Unruhe in diesem Klub, wieder einmal steht ihm ein Umbruch im großen Stil bevor.
Heidel resignierte, weil er intern keinen Rückhalt mehr spürte und die Schärfe mancher Medien-Kommentare nicht mehr ertrug. Er hat nicht, wie es ihm jetzt auch noch vorgehalten wird, Schalke im Stich gelassen. Sondern er hat Verantwortung übernommen. Indem er den Zeitpunkt seines Abgangs selbst bestimmte, konnte er sein Gesicht wahren. Dafür, dass er nicht auf eine Abfindung spekulierte, die ihm bei einem Rausschmiss zugestanden hätte, gebührt ihm Respekt.
Die Lawine kam ins Rollen, als Aufsichtsratschef Clemens Tönnies im Dezember den Gedanken in die Öffentlichkeit trug, Christian Heidel einen Helfer zur Seite zu stellen. So entstand der Eindruck, der Aufsichtsrat halte den Sportchef nicht mehr für fähig. Es heißt, er habe keine Macht teilen wollen. Er selbst sagt, das sei „völliger Quatsch“.
Geplant ist nun, mehr als nur einem Nachfolger die Verantwortung zu übertragen. Es wird nicht leicht sein, fähige Leute zu finden, die auch noch ideal zusammenpassen. Heidel glaubt, er könne durch seinen Rückzug die Unruhe stoppen. Doch da irrt er. Auf Schalke nimmt sich der Wahnsinn nie einen freien Tag. Kaum ist Christian Heidel weg, steht auch Trainer Domenico Tedesco zur Debatte. Aktuell zwar noch nicht im Klub, aber auch dort spätestens dann, wenn Heidels Nachfolger angetreten sind.
Denn der Rücktritt des Sportchefs lenkt nur kurzfristig von dem erbärmlichen Bild ab, das die Mannschaft abgibt. Sie ist nur noch ein Trümmerhaufen, ihr droht noch der Abstiegskampf. Die Schalker können froh sein, dass ein paar andere Teams bisher keine Anstalten machen, aus dem Keller zu klettern.
Aufregende Zeiten, einmal mehr. Es ist leichter, einen Elefanten zum Sprung durch einen brennenden Reifen zu animieren, als Kontinuität in diesen Verein zu bekommen.