Mainz. Christian Heidel begründet sein Schalke-Aus: „Wenn ich in guten Zeiten die Gesamtverantwortung trage, gilt das auch für die schlechten Zeiten.“

Christian Heidel hat lange überlegt. Soll er am Samstagnachmittag zum Schalker Spiel gegen seine alte Liebe Mainz 05, für die er 24 Jahre lang tätig war, gehen? Oder soll er lieber wegbleiben? Heidel wählte die erste Variante. Und damit bei Schalke den Abgang mit Anstand. Er trat unmittelbar nach dem Spiel als Manager des Traditionsklubs zurück. Heidels Vertrag wäre ursprünglich noch bis zum 30. Juni 2020 weitergelaufen. In Kürze unterschreibt Heidel einen Auflösungsvertrag, der zum Ende dieser Saison greift. Eine Abfindung, das versichert der Funktionär, muss Schalke an ihn nicht zahlen.

Eine Kurzschlusshandlung ist der Schritt des Familienvaters nicht. Ganz im Gegenteil. „Ich habe das Gefühl, dass es die richtige Entscheidung ist“, meinte Heidel, „es war ein Prozess, der sehr lange in meinem Kopf gereift ist. Wer mich kennt, der weiß, dass ich konsequent bin.“ Heidel stellt fest: „Wenn ich in guten Zeiten die Gesamtverantwortung trage, dann gilt das auch für die schlechten Zeiten.“

Zwölfte Schalker Niederlage

Nach der Vizemeisterschaft im vergangenen Jahr ist Schalke jetzt ins untere Mittelfeld der Bundesliga abgestürzt. Das 0:3 in Mainz war die zwölfte Niederlage im 23. Meisterschaftsspiel. Die Mannschaft präsentierte sich gerade im zweiten Durchgang als Torso. Heidel zieht sich den Schuh für die Talfahrt mit an. Er hat den Kader in Absprache mit Trainer Domenico Tedesco zusammengestellt, aber mit Transfers wie dem von Nationalspieler Sebastian Rudy, der für 16,5 Millionen Euro von Bayern München kam, daneben gelegen.

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Heidel begründet sein Aus aber nicht nur durch die sportliche Negativ-Entwicklung, sondern auch wegen der aufgekommenen Diskussionen um seine Person. „Ich glaube, dass dieser Verein nur erfolgreich sein kann, wenn in Ruhe gearbeitet werden kann. Ich bin ein bisschen der Grund, warum auf Schalke Unruhe herrscht. Wenn das so ist, dann muss ich entsprechend reagieren.“ Heidel schiebt nach: „Ich habe immer aus einer Position der Stärke heraus gearbeitet. Das passt jetzt nicht mehr.“

Schalke-Trainer Tedesco von Heidels Entschluss überrumpelt

Heidel charakterisiert sich selbst als „sehr empfänglich für Kritik“, hat aber in den letzten Wochen die Sachlichkeit in der öffentlichen Bewertung seiner Arbeit vermisst. „Wenn die Kritik in einen Bereich geht, der damit nichts mehr zu tun hat und es sich in den Bereich der Verunglimpfung entwickelt, dann habe ich einfach keine Lust mehr“, so Heidel. Für ihn schwand von Tag zu Tag ein Fünkchen mehr Freude an der täglichen Arbeit beim Malocherklub. Deswegen wirkte der langjährige Mainzer Macher dem Trend durch seinen Entschluss, nun vorzeitig zu gehen, entgegen.

Am Abend vor der 0:3-Klatsche teilte der 55-Jährige seine Entscheidung, als Manager zurückzutreten, Trainer Domenico Tedesco mit. Tedesco war sichtlich überrumpelt von der Entwicklung. „Ich war überrascht“, gesteht der 33-Jährige ein. Auf die Frage, ob er Heidels Entschluss nachvollziehen kann, sagt der Deutsch-Italiener: „Es muss nicht für mich nachvollziehbar sein, sondern für Christian Heidel.“

Team erst nach Spielende informiert

Die Schalker Spieler erfuhren vom Heidel-Rücktritt erst nach dem Schlusspfiff in der Kabine. „Es war keine schöne Situation für uns, die Stimmung war sehr gedämpft, aber es geht weiter. Fußball ist ein Wochengeschäft“, sagt Außenverteidiger Bastian Oczipka.

The Show must go on – aber ohne Christian Heidel. Heidel hat Aufsichtsrats-Chef Clemens Tönnies bereits am vergangenen Montag von seinem bevorstehenden Abgang, der für den Verein ohne finanzielle Belastung über die Bühne geht, informiert. „Ich bin zu ihm gegangen und habe ihm gesagt: Clemens, ich verzichte auf alles. Ich hatte in den zweieinhalb Jahren, die ich auf Schalke gearbeitet habe, nicht einen Disput mit Clemens Tönnies. Wir sind Freunde. Und wir bleiben Freunde.”

Bei der Suche nach einem Nachfolger wird Heidel nicht federführend eingebunden sein. Jonas Boldt, der noch bis Juni bei Bayer Leverkusen unter Vertrag steht, gilt als ein möglicher Heidel-Nachfolger. Der scheidende Manager hat Boldt selbst bei den Königsblauen ins Gespräch gebracht. Allerdings noch unter anderen Vorzeichen: Heidel wollte Boldt ursprünglich zu seiner Entlastung mit einbinden.