Essen. Ohne Rückendeckung wollte der Sportvorstand nicht weiterarbeiten. Transferpolitik und Misserfolg wurden ihm zum Verhängnis. Ein Kommentar.

Einen symbolträchtigeren Zeitpunkt hätte sich Christian Heidel nicht aussuchen können: An dem Tag, an dem der FC Schalke 04 beim FSV Mainz 05 spielte, ist der frühere Mainzer Manager als Schalker Sportvorstand zurückgetreten. Das ist natürlich ein Kracher - auch wenn sich die Trennung in den vergangenen Wochen angedeutet und in den vergangenen Tagen abgezeichnet hatte.

Nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt

Der Aufsichtsrat vertraute Heidel nicht mehr, und wegen der fehlenden Rückendeckung zieht er jetzt die Konsequenzen. Er will nicht länger als Sündenbock für die vermurkste Saison dienen und macht nun den Weg für einen Nachfolger frei, der voraussichtlich Jonas Boldt heißen wird und dann frühzeitig die kommende Saison vorbereiten kann. Das Ziel, auf einen der Plätze zu klettern, die Zugang zum internationalen Geschäft ermöglichen, wird in der aktuellen Spielzeit über die Bundesliga nicht mehr zu erreichen sein. Und auch im DFB-Pokal müsste, ein Heimsieg gegen Werder Bremen im Viertelfinale vorausgesetzt, erst noch die hohe Hürde Bayern München genommen werden.

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Von Thomas Tartemann und Christoph Winkel

Es ist nicht nur für den Verein, sondern auch für Christian Heidel persönlich tragisch, dass es überhaupt so weit kommen musste. Heidel hat zweifellos nicht leichtfertig gehandelt, sondern nach bestem Wissen und Gewissen. Aber seine Transferpolitik konnte nicht überzeugen, und wenn die Mannschaft in seinen nun zweieinhalb Jahren Amtszeit zum zweiten Mal einen Saisonstart mit jeweils fünf Niederlagen in Serie vermasselt, dann gehen dem sportlich Verantwortlichen natürlich die Argumente aus.

Schalker Vizemeisterschaft hat sich als Strohfeuer erwiesen

Heidel weist mit Recht darauf hin, dass es im Sommer, als er Spieler wie Salif Sané, Suat Serdar, Omar Mascarell und Sebastian Rudy holte, keinen Aufschrei gab. In der Tat konnte man glauben: Das könnte passen. Doch die Qualitäts-Lücke, die durch den nicht zu verhindernden Abgang von Leon Goretzka zum FC Bayern entstanden war, wurde nicht gefüllt. Und am Ende ist es in diesem Geschäft egal, ob unglückliche Umstände wie Verletzungen oder Sperren sportliche Pläne über den Haufen werfen. Am Ende muss der sportlich Verantwortliche seinen Kopf hinhalten.

Christian Heidel hat insgesamt 154 Millionen Euro für neue Spieler ausgegeben, die Vizemeisterschaft aber hat sich dennoch als Strohfeuer erwiesen. Das ist leider eine ernüchternde Bilanz. Die Kritik an Heidel hätte vermutlich nur noch zugenommen, mit dem Rücktritt kam er einer Abberufung zuvor.

Jetzt muss Schalke 04 wieder von vorne anfangen. Dieser Verein scheint nie zur Ruhe zu kommen.