Gelsenkirchen. Der FC Schalke 04 ist im Achtelfinale der Champions League gegen Manchester City Außenseiter. Sky-Experte Dietmar Hamann erklärt, warum sich die Königsblauen dennoch zarte Hoffnungen machen dürfen.

Schalke 04 gegen Manchester City. Mehr David gegen Goliath geht in diesem Duell in der Champions League am Mittwochabend (21 Uhr, Veltins-Arena/live in unserem Ticker) nicht. Auch für Dietmar Hamann, Experte des Pay-TV-Senders Sky, ist die Favoritenrolle in dieser Achtelfinal-Paarung klar verteilt. Hamann kennt den englischen Fußball wie seine Westentasche. Der 45-Jährige gewann als Spieler mit Liverpool den Uefa-Pokal und die Champions League, spielte zudem drei Jahre im Trikot von Schalkes Königsklassen-Gegner Manchester City. Warum sich Schalke auch aus der Außenseiterposition zarte Hoffnungen machen darf, verrät Hamann im Interview mit FunkeSport.

Herr Hamann, Manchester City ist Tabellenführer der Premier League, Schalke steht auf Platz 14 in der Bundesliga. Haben die Königsblauen überhaupt eine Chance?

Dietmar Hamann: Eine Chance gibt es immer. Es steht außer Frage, dass Manchester City vom Potenzial des Kaders besser ausgestattet ist. Das heißt aber keineswegs automatisch, dass die vermeintlich bessere Mannschaft auch immer weiterkommt.

Warum darf sich Schalke etwas ausrechnen?

Hamann: City hat in den letzten Monaten auch gegen Mannschaften aus dem unteren Tabellendrittel gepatzt. So gab es unter anderem ein 2:3 gegen Crystal Palace. Im letzten Jahr haben sie in der Champions League im Achtelfinale zuhause 1:2 gegen den klaren Außenseiter FC Basel verloren. Wenn die Schalker diesen Geist entwickeln, der sie in der vergangenen Saison ganz nach oben in der Bundesliga gebracht hat, dann können sie gegen Manchester City bestehen. Du musst in die Spiele gehen und den festen Glauben haben, dass du es packen kannst.

Beim Vergleich Mann gegen Mann sind die Königsblauen klar unterlegen. Was macht die Mannschaft von Trainer Pep Guardiola so stark?

Hamann: Manchester City hat gerade in der Offensive alles abgedeckt. Sie haben mit dem Ex-Schalker Leroy Sané und Raheem Sterling enorme Schnelligkeit, sie strahlen durch Sergio Aguero und Gabriel Jesus unglaubliche Torgefahr aus. Das sind beides Top-Torjäger. Dazu haben sie David Silva sowie Bernardo Silva, die nach vorne immer wieder Akzente setzen.

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Haben Sie bei den Citizens auch eine Schwachstelle ausgemacht?

Hamann: Ja, in der Defensive sind sie anfällig. Da sehe ich ihre Achillesferse. Und City hat insgesamt Schwankungen in den Leistungen, die es so vorher noch nicht gab.

Wie sollte Schalke das Hinspiel in der Veltins-Arena angehen?

Hamann: Der frühere Schalker Trainer Huub Stevens hat immer gesagt: Die Null muss stehen. Wenn Schalke es hinbekommt, vor eigenem Publikum 0:0 zu spielen, dann wäre das ein Traumergebnis. Selbst ein knappes 0:1 wäre zu akzeptieren und würde für das Rückspiel noch viele Möglichkeiten offen lassen.

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Mit Rabbi Matondo haben die Schalke ein Talent von Manchester City in den Ruhrpott geholt. Der 18-Jährige stand zuletzt beim 0:0 gegen Freiburg in der Startelf. Was trauen Sie dem jungen Offensivmann zu?

Hamann: Ich bin da ganz vorsichtig mit Prognosen und weit davon entfernt, jetzt schon von einem Durchbruch bei Matondo zu sprechen. Borussia Dortmund hat mit Jadon Sancho, der ebenfalls aus Manchester geholt wurde, den Jackpot geknackt. Aber man darf bei Matondo auch nicht vergessen: Es wird viel Geld bezahlt für Fantasie. Der Junge hat einen Kurzeinsatz für die A-Nationalelf von Wales bestritten. Matondo kommt jetzt in ein Bundesliga-Team, das erst wenig funktioniert hat und jetzt in der Rückrunde etwas besser funktioniert. Jetzt bei Schalke vor 60.000 Fans zu spielen, das ist eine ganz andere Bühne, als vor 80 Zuschauern in der Reserve von Manchester City aufzulaufen. Und unter den 80 Beobachtern sind auch noch 60 Scouts dabei.

Hinkt der Vergleich zwischen Matondo und Sancho?

Hamann: Jadon Sancho hat beim BVB Monate gebraucht, bis er den Sprung gepackt hat. Matondo ist eine Verpflichtung, die sich für Schalke in zwei, drei Jahren auszahlen kann. Ob der Junge sich entwickelt, werden wir sehen. Man darf nicht erwarten, dass er bis zum Saisonende schon fünf Tore macht. So einfach ist das nicht.

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Nach wie vor ist Schalkes Art, Fußball zu spielen, fast nur auf kämpferische Elemente ausgelegt. Was muss sich ändern?

Hamann: Wenn Schalke unter die Top-Sechs will, dann müssen sie dahin kommen und auch in der Lage dazu sein, das Spiel mit Ball zu kontrollieren. Du kannst mit dem Umschalt-Fußball, den sie in der vergangenen Saison sehr gut praktiziert haben, sicherlich mal Zweiter in der Bundesliga werden. Aber auf lange Sicht musst du anders auftreten.

Was trauen Sie dem Vizemeister, der schon elf Punkte Rückstand auf Platz sechs hat, noch zu?

Hamann: Diesen Rückstand aufzuholen, wird schwer. Ich traue Schalke aber zu, dass sie auf einen einstelligen Tabellenplatz kommen. Was wichtig ist: Wenn du eine schlechte Hinrunde hattest, dann musst du dir den Mund abputzen und in der Lage sein, die zweite Serie mit 25, 26, 27 Punkten zu beenden. Für den Verein und die Basis ist das ganz wichtig, ein positives Gefühl zu erzeugen. Dadurch signalisierst du: Wir können mit Rückschlägen umgehen, unsere Schlüsse daraus ziehen und es besser machen. Schalke muss jetzt schon den Grundstein für die nächste Saison legen.