Gelsenkirchen. Schalke 04 hat nur noch einen Punkt Vorsprung auf den Relegationsplatz. Trainer Domenico Tedesco ist umstritten - verteidigt sein Team dennoch.
Als alle Kameras aus, alle Mikros eingepackt und die Pfiffe schon lange verklungen waren, stand Domenico Tedesco noch immer in der Interview-Zone im Untergeschoss der Gelsenkirchener Arena. Es war spät geworden, der Trainer des FC Schalke 04 war vorher noch lange in der Kabine. Dann kam für ihn der unvermeidliche Medien-Marathon, den er sich an diesem Abend sicher gerne erspart hätte: mehrere TV-Interviews, die Pressekonferenz – nach einem solchen Ereignis muss man schon gute Nerven haben, um das alles professionell zu überstehen.
Wäre Domenico Tedesco nach dieser für ihn persönlich wie für den gesamten Verein deprimierenden 1:2-Niederlage gegen Bayer Leverkusen genauso schnell verschwunden wie viele seiner Spieler, hätte man das sogar verstehen können. Aber nun ging der 33-Jährige sogar noch freiwillig in die Verlängerung, er stand dort unten vor einem kleinen Kreis ständiger journalistischer Schalke-Begleiter. Und, bevor jemand denken könnte, dass er über 4-4-2 mit Raute referiert hätte: Nein, so wie im Fernsehen redet Domenico Tedesco in persönlichen Gesprächen nicht.
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Er versuchte zu erklären, was kaum zu erklären war. Er wich keinen Fragen aus, auch unangenehmen nicht. Der Mann ist zu klug, um nicht zu wissen, dass die Diskussionen um ihn jetzt zunehmen werden, dass der Kredit Vizemeisterschaft mehr und mehr aufgebraucht wird. Er spüre immer noch großes Vertrauen im Verein, sagte er, und mit traurigem Blick fügte er an: „Glauben Sie mir, dass ich dieses Vertrauen gerne mit Punkten zurückzahlen würde, auch für die Menschen da draußen. Wenn man spürt, dass man das nicht kann, tut es noch mehr weh.“
Er fand, seine Mannschaft habe mutig gespielt. „Wir hatten mehr Ecken, mehr Torschüsse, mehr Ballbesitz. Alles sprach für uns, nur die Tore halt nicht.“ Also wieder kein Erfolg für Schalke. Nicht einmal gegen die keinesfalls überzeugenden Leverkusener, die in der ersten Halbzeit nur auf Schalker Fehler warten mussten, um zu einer 2:0-Führung kommen zu können. Die neunte Saisonniederlage verstärkte das Drama: Schalke steht nur noch einen Punkt vor dem Relegationsplatz und droht bei einer Niederlage am Samstag (15.30 Uhr/Sky) beim VfB Stuttgart auf eben diesen abzurutschen. „Das fühlt sich schlecht an“, sagte Domenico Tedesco.
Im Winter gibt es für Schalke viel zu tun
Aber er will nicht jammern, er will kämpfen. Längst sind Gerüchte aufgekommen, dass Teile der Mannschaft von ihm abgerückt seien. Domenico Tedesco hielt voll dagegen: „Es ist so, dass wir eine super Einheit haben“, versicherte er. Er machte das an einem Beispiel fest: an dem Kreis, den er mit seinem Trainerteam und den Profis direkt nach den Spielen auf dem Rasen bildet. „Es ist schon geil, wenn man hört, was die Spieler im Kreis so sagen. Und dann kommen sie zum Trainer. Eigentlich muss ich sie aufmuntern.“
Doch was hilft das alles, wenn die Fakten den guten Willen nicht dokumentieren. Schalke 04 wird den Abstiegskampf mit in die Rückrunde nehmen. Und wird vorher viel Arbeit in der Winterpause zu erledigen haben. Entscheidendes ändern muss dabei nicht nur der Trainer, sondern auch der Sportvorstand. Von Christian Heidel wird erwartet, dass er den Kader von Ballast befreit (Di Santo, Geis) und sofort funktionierende Verstärkungen heranschafft.
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Natürlich wurde Heidel nach dem Spiel auch zu Tedesco befragt. „Ich tue mich total schwer, einen Trainer in Frage zu stellen, den wir alle vor vier Monaten noch gefeiert haben“, antwortete er. „Und ich weiß, dass es mit den Problemen, die wir haben, für jeden Trainer schwer sein wird. Ich kann nicht in Prozent ausdrücken, wie viel Kredit Domenico noch hat. Das Thema stellt sich nicht.“
Schalke-Trainer Tedesco: "Ich mache mir keine Sorgen"
Auch der Trainer selbst wurde mit der Frage der Fragen konfrontiert: Macht er sich Sorgen um seinen Job? „Ich bin grundsätzlich ein Mensch, der sich viele Sorgen macht“, sagte Domenico Tedesco. „Wenn meine Frau Auto fährt und mit der Kleinen unterwegs ist, mache ich mir Sorgen. Auch über Schalke mache ich mir Sorgen. Über mich aber mache ich mir keine Sorgen. Ich bin mir relativ wurscht.“