Essen. . Fußball-Profis sehen heute nach der Partie Fehler auf dem Handy. Vereine wie der BVB und Gladbach nutzen SAP. Schalke geht einen eigenen Weg.

Jonas Hofmann wartet immer etwas, bis er sein Smartphone aus der Hosentasche fischt. Erst müssen die Emotion verfliegen, muss sich der Adrenalinspiegel senken, dann greift der Profi von Borussia Mönchengladbach nach einem Bundesliga-Spiel zu seinem Handy. Checkt seine Nachrichten, stöbert bei Instagram. Aber, er arbeitet auch.

Denn spätestens eine Stunde nach Abpfiff bekommen die Gladbacher Profis Szenen der gerade absolvierten Partie auf ihr Mobiltelefon gesendet. Gelungene Aktionen. Schmerzhafte Fehler. „Ich gucke mir das immer gerne an, auch um mir einen Überblick zu verschaffen“, erklärt Hofmann im Gespräch mit dieser Zeitung. „Das ist sehr, sehr hilfreich.“

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Doch dass die Smartphone-Analyse mittlerweile so selbstverständlich dazugehört wie das Auslaufen, zeigt auch, wie rasant sich der Fußball hinter den Kulissen weiterentwickelt. Die Bundesligisten forschen nicht mehr nur nach den richtigen Trainern, den besten Betreuern, den genialen Scouts, sondern sie müssen auch auf die richtige Technik setzen. So werden Spielerdaten gesammelt, Trainingserkenntnisse gebündelt. Die Videoanalyse hilft, gegnerische Abwehrreihen zu knacken. Und während der 90 Minuten lässt sich sogar ermitteln, wie verletzungsanfällig ein Profi gerade ist. Fußball 2.0 also, der einen neuen Markt eröffnet.

DFB zählt zu den SAP-Kunden

Vor allem SAP Sports One drängt in die höchste deutsche Spielklasse. Zwölf Bundesligisten nutzen bereits die Software-Lösung des Milliardenunternehmens – darunter der FC Bayern München, Borussia Dortmund, Gladbach und Fortuna Düsseldorf. Auch der DFB zählt zu den SAP-Kunden. Schalke nicht.

Gebannter Blick auf das Spielfeld: Gladbachs Co-Trainer Frank Geideck (links) mit Videoanalyst Philipp Schützendorf.
Gebannter Blick auf das Spielfeld: Gladbachs Co-Trainer Frank Geideck (links) mit Videoanalyst Philipp Schützendorf.

„Wir arbeiten mit einem anderen System und sind sehr zufrieden“, erklärt Sportvorstand Christian Heidel, „alle Daten, die wir benötigen, erhalten wir live, also auch während des Spiels“. Dies sei eine große Hilfe, weil Heidel eine Partie manchmal ganz anders wahrnehme. „Das überrascht mich beim Blick aufs Handy doch immer wieder mal“, so der Sportvorstand.

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Allerding fällt auf, wie ungern die Bundesligisten einen Blick auf ihr Smartphone gewähren. Ihre Tricks sollen verborgen bleiben. Ihre Innovationen möglichst auch. „Betriebsgeheimnis“, heißt es bei Borussia Dortmund nur auf die Nachfrage, wie sie denn SAP nutzen. Fortuna Düsseldorf teilt mit, dass die Software von den Physiotherapeuten und zur Videoanalyse benötigt werde. Nur Mönchengladbach gewährt einen genaueren Einblick hinter die Kulissen.

Philipp Schützendorf meldet sich am anderen Ende der Telefonleitung. Er arbeitet als Videoanalyst im Verein, schlägt sich die Wochenenden um die Ohren, um die Spiele der Fohlen aufzuarbeiten. Mit der Hilfe von SAP.

Kurze Clips für die Profis

„Vor einem Spiel nutzen wir Daten über Spieler und Leistungswerte und machen sie unserem Trainerteam um Dieter Hecking zugänglich“, erklärt Schützendorf. Hinzukomme die App, die jeder Profi auf dem Smartphone habe. „Da bekommt er die Rahmendaten wie Trainingstermine, aber auch eine individuelle Spielvorbereitung. Er kann sich Videos vom Gegner anschauen.“ Der Vorteil: „Die Spieler konsumieren viel und schnell, da müssen auch wir uns anpassen, deswegen schneiden wir ihnen kurze Clips zusammen.“

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Aber, das stellt der Wissenschaftler klar, welchen Anteil die Technik am Erfolg habe, ließe sich nur schwer ermitteln. „Am Ende kommt es auch immer auf die individuelle Qualität und das Selbstbewusstsein an“, sagt Schützendorf.

Das wird sich wohl auch in Zukunft nicht ändern.