Essen. Viele Bundesligavereine bereiten sich auf die Saison in den Alpenregionen vor. Mit ihnen kommen viele Fans - aber eben auch Probleme.
Normalerweise verfasst der Schriftsteller Martin Calsow Kriminalromane, in denen ein früherer LKA-Beamte Mordfälle am Tegernsee löst. Doch in der vergangenen Woche befasste sich Calsow mit den Fans von Borussia Mönchengladbach, die zu diesem Zeitpunkt am Tegernsee weilten. Nicht um Verbrecher zu jagen, sondern um der Lieblingsmannschaft beim Training zuzuschauen.
Denn die Gladbacher bereiteten sich zum siebten Mal hintereinander in Rottach-Egern auf die kommende Bundesliga-Saison vor, was Martin Calsow dazu veranlasste, sich in seinem Text auf dem Portal „Tegernseer-Stimme“ über verstopfte Straßen und die stillosen Fußball-Anhänger zu beklagen. Der Schriftsteller will im Sommer wieder seine Ruhe haben.
Fans können Stars nahekommen
Nur wird daraus nichts werden. Denn auch wenn die Anwohner sich mit einigen Problemen plagen müssen, versuchen die meisten alpinen Regionen die Fußballvereine ganz bewusst anzulocken. Schalke etwa bekommt für seinen Aufenthalt im österreichischen Mittersill sogar Geld.
Die Bundesliga-Klubs reisen deswegen gerne in die Alpen. Nicht nur am Tegernsee, sondern auch in Österreich oder der Schweiz schlagen sie ihr Lager auf. Sozusagen zum Gepäck gehören in der Regel Hunderte Fans, die den Sommerurlaub bei ihren Lieblingsvereinen verbringen. Für die Regionen bedeutet das volle Hotels, volle Restaurants, volle Straßen und einen Imagegewinn. Die Fans wiederum können den Stars so nahekommen, wie das im harten Bundesliga-Alltag nur selten möglich ist.
Das kann auch der Kurort Bad Ragaz in der Schweiz bezeugen. Hier verbringt Borussia Dortmund in diesem Sommer zum achten Mal sein Sommertrainingslager. Und wie soll das schon aussehen und sich anfühlen in einer Region, die sich Heidiland nennt: Berge, Seen, Natur. Ruhe. Bad Ragaz ein Ort der Entschleunigung, den der BVB zur Vorbereitung nutzt. Das hat mittlerweile Tradition: Zum achten Mal gastieren die Westfalen im mit fünf Sterne behangenen Grand Resort Bad Ragaz – und streifen die gewöhnlichen Aufgeregtheiten ab. Mit dem Fahrrad geht es jeden Tag über öffentliche Straßen zum Sportplatz Ri-au unweit des Rheins – sehr idyllisch.
Sechs öffentliche Einheiten sind in der Zeit geplant, bis zu 1000 Fans (viele Tagesgäste aus dem Umland) besuchen das Training dann, was bisweilen zu einem mittelprächtigen Verkehrs- und Parkplatzproblem an der schmalen, aber auch wenig befahrenen Heulösergangstraße führte. Für dieses Jahr hat das Hotel, das den schwarz-gelben Besuch koordiniert, einen Parkdienst und einen Shuttleservice eingerichtet. „Jeder, der da ist, wird als Bereicherung empfunden“, heißt es aus dem Tourismusbüro. Die müssen das sagen. Aber gegenteilige Stimmen sind nicht bekannt.
Mittersill ist blau-weiß
Auch in Mittersill freuen sie sich über den FC Schalke. Der Ort liegt von Bergen eingerahmt im Oberpinzgau. 5380 Einwohner genießen hier die Postkarten-Idylle. Nur einmal im Jahr herrscht Ausnahmezustand, wenn für mehrere Tage über 1000 Fans des Fußball-Bundesligisten Schalke im Dorf und den umliegenden Campingplätzen ihr Quartier aufschlagen, um die Profis bei der täglichen Trainingsarbeit zu begutachten. Mittersill ist für neun Tage blau-weiß. Alle Hotels sind komplett ausgebucht.
„Wir sind jetzt zum dritten Mal in Folge hier“, sagt Schalkes Marketing-Chef Alexander Jobst, „für die Region ist das ein echtes Sommer-Highlight. Da die Ferienregion Hohe Tauern von der Schalker Präsenz profitiert und viele Touristen anzieht, die sonst nicht unbedingt ihr Reiseziel in Mittersill und Nachbarschaft auswählen würden, wird die Kooperation mit den Schalkern definitiv verlängert.
Borussia Mönchengladbach ist mittlerweile aus Rottach-Egern abgereist. Der Schriftsteller Martin Calsow kann also wieder entspannt am Tegernsee entlang laufen, die Ruhe genießen. Zwei Tage noch, dann kommt der FC Bayern.