Wolfsburg. . Seit 372 Minuten musste Schalkes Torwart Ralf Fährmann nicht mehr hinter sich greifen. Selbst per Elfmeter ist er derzeit nicht zu bezwingen.
Trainer Domenico Tedesco ließ seinen Emotionen freien Lauf. Handgestoppte sechs Sekunden nach dem Schlusspfiff sprang er voller Glück seinem Torwart in die Arme, um sich zu bedanken. Ralf Fährmann hatte also schon wieder etwas zu halten. Wie vorher im Bundesliga-Auswärtsspiel in Wolfsburg. 13 Minuten vor dem Ende parierte Schalkes Torwart einen Foulelfmeter von Paul Verhaegh und ebnete damit den Weg für den fünften Sieg in Folge für Schalke. Als Wolfsburgs Robin Knoche kurz vor Schluss ein Eigentor unterlief (86.), war Schalkes Auswärts-Dreier perfekt.
Der 29-Jährige nahm es mit einem Schmunzeln, dass er sich auch noch den Trainer schnappen musste: „Ich weiß, wie viel Schnelligkeit und Temperament in unserem Trainer steckt.“
Und was steckt in der Mannschaft? „Man sieht einfach, dass wir an unserem Limit – und teilweise auch über unsere Verhältnisse – spielen. Wir müssen uns auf unsere Stärken berufen. Und das ist einfach die Leidenschaft. Mit der können wir Gegner niederringen.“
„Wie Bayern? Das können wir nicht“
Dass Schalke spielerisch erneut vieles schuldig blieb und gerade im ersten Durchgang kaum Druck entfachen konnte, war auch dem Spielführer nicht entgangen. „Es gibt sicherlich auch Spiele, in denen wir fußballerisch wieder mehr glänzen können“, meinte Fährmann.
Und dann zog er den Vergleich zum Spitzenreiter. „Wir sind jetzt nicht eine Mannschaft wie Bayern München zum Beispiel. Bei Bayern hat man ja manchmal das Gefühl, sie spielen mit 80 Prozent, haben trotzdem super Ballbesitz und bestimmen den Gegner. Aber das können wir nicht.“
Schalke muss sich jeden Punkt, jeden Sieg hart erarbeiten. Souveräne Erfolge besitzen beim Tabellen-Zweiten trotz des enorm hohen Aufwands Seltenheitswert. Zuletzt gab es drei 1:0-Siege in Folge. Insgesamt holte Schalke im Saisonverlauf sieben von 14 Dreiern mit nur einem Tor Unterschied. Auch weil sich die Gegner ihre Zähne an der Schalker Defensive ausbeißen.
Ralf Fährmann, der seit 372 Minuten keinen Ball mehr aus dem Netz holen musste: „Wir verteidigen einfach sehr, sehr gut. Das zeichnet uns auch ein Stück weit aus. Wir agieren zusammen, wir gehen auch kritisch miteinander um innerhalb der Woche. Wir verteidigen zusammen und schießen zusammen auch die Tore.“
Brutale Effektivität
Eine weitere Trumpfkarte: Schalke reicht oft eine Szene, um eine Partie, die auf der Kippe steht, zu entscheiden. „Dass wir zurzeit auch brutal effektiv sind, freut uns natürlich“, sagte der Torhüter. „Aber wir hatten auch schon Spiele, in denen wir sehr, sehr viele Chancen und Konter hatten und uns nicht so belohnt haben und viel mehr Tore hätten machen können.“
Fährmanns Formkurve zeigt nach seinen Patzern im Februar, die mit zu den beiden 1:2-Niederlagen gegen Bremen und Bayern beitrugen, wieder nach oben. Binnen zwei Monaten vom Buhmann zum Helden – Fährmann kann das realistisch einschätzen: „Für mich war es kein Tief. Fußball ist einfach ein Tagesgeschäft. Das kann positiv sein, das kann aber im nächsten Spiel auch wieder ganz, ganz anders sein. Von daher muss man den Moment einfach genießen. Oder versuchen, sich das Schöne, das Positive rauszupicken.“
So wie jetzt in Wolfsburg. Dann kann es auch schon mal passieren, dass der eigene Trainer angeflogen kommt, um seinen Dank auszudrücken.