Gelsenkirchen. . Bei Mathias Schober mussten die Schalker Profis jahrelang ihre Strafen bezahlen, hier erinnert sich der Ex-Torwart an die größten Fälle.
Die Mannschaftskasse ist auf Schalke das heimliche Gewissen: Wer sich etwas zuschulden kommen lässt, der muss einzahlen. Keiner kennt das besser als Ex-Torwart Mathias Schober (41), der auf Schalke über viele Jahre der Hüter der Mannschaftskasse war.
Bei ihm mussten die Mitspieler das Strafgeld abdrücken, wenn sie zu spät zum Training kamen oder im Spiel eine Gelbe Karte wegen Meckerns sahen – die Höhe war vorher im Strafenkatalog der Mannschaft festgelegt; die Minute Verspätung kostete zum Beispiel zwischen zehn und 20 Euro. Und es wurden Unterschiede gemacht, ob jemand unentschuldigt fehlte, oder einfach nur auf der Autobahn im Stau stecken geblieben war. „Wer verschlafen und sich nicht wenigstens gemeldet hatte, der musste mehr bezahlen“, sagt Schober, der aktuell sportlicher Leiter der Knappenschmiede ist. Im WAZ-Interview erinnert er sich an die größten Sünder zu seiner Zeit als Hüter der Mannschaftskasse.
Herr Schober, heute können Sie es ja verraten: Wer war denn damals der Aubameyang auf Schalke, der notorisch zu spät kam?
Mathias Schober: Ich würde jetzt jemandem Unrecht tun, wenn ich einen herauspicken würde und hier sage: Der kam immer zu spät. Aber an einen speziellen Fall kann ich mich gut erinnern.
Und der wäre?
Schober: Jefferson Farfan hat in der Zeit unter Felix Magath einmal eine ganz empfindliche Summe zahlen müssen, weil er einen oder zwei Tage zu spät ins Trainingslager kam. Die Summe war so hoch, dass sie der Verein direkt einbehalten hat und das Geld auch nicht in die Mannschaftskasse ging – das hätte unsere Kasse gesprengt (schmunzelt). Es war eine richtige Hausnummer.
Normalerweise mussten die Kollegen das Geld bei Ihnen abdrücken. Vermutlich haben aber nicht alle freiwillig bezahlt, oder?
Schober: Ich hatte die Jungs eigentlich sehr gut im Griff, die meisten haben sofort oder wenigstens zeitnah bezahlt. Nur wenn einer mit der Strafe wirklich nicht einverstanden war, musste ich auch mal einen Schritt höher gehen: Dann haben wir nochmal mit dem Trainer gesprochen oder mit Andy Müller, der damals unser Manager war. In solchen Fällen gab’s dann den Einbehalt vom Lohn und ich hab das Geld später für die Mannschaftskasse bekommen – aber das war die Ausnahme.
Gab es einen Spieler, der mehrfach bezahlen musste?
Schober: Ja, Jermaine Jones. Bei ihm war es übrigens ab und zu auch etwas schwierig mit der Zahlungsmoral. Einmal war er schon zu einem anderen Verein nach England ausgeliehen, da bin ich noch hinter dem Geld hergerannt. Aber ich habe es bekommen.
Wer hat die kurioseste Strafe bekommen, an die Sie sich erinnern?
Schober: Sören Larsen und Mimoun Azaouagh. Es war bei einem Champions-League-Spiel auswärts: Wir hatten 20 Spieler mit, aber nur 18 durften in den Kader, Sören und Mimoun waren zunächst nicht dabei. Aber bis kurz vor dem Spiel kann man den Kader ja noch ändern, doch darauf waren die beiden nicht besonders gut vorbereitet: Sie haben sich schon vor dem Spiel im VIP-Raum aufgehalten und ordentlich Hunger und Durst gehabt. Die beiden haben empfindliche Strafen bekommen, die auch in die Mannschaftskasse gingen. Danach haben sie es nie wieder gemacht…
Wenn ein Spieler richtig etwas verbockt hatte und eine große Summe zahlen musste, hieß es immer: Das Geld geht an karitative Einrichtungen. Was ist denn mit dem Geld passiert, das Sie eingesammelt haben? Bei Amateurvereinen wird die Mannschaftskasse ja meistens bei der Saisonabschlussfahrt geplündert.
Schober: So ähnlich war es bei uns auch. Einmal waren wir zum Beispiel nach der Saison in New York, das war in der Zeit unter Horst Heldt, und haben dort die Kasse auf den Kopf gehauen. Und erinnern kann ich mich auch an eine größere Weihnachtsfeier mit einer Band, die wir als Mannschaft organisiert hatten und die wir aus der Mannschaftskasse bezahlt haben. Grundsätzlich ist es schon so, wie man es von den Amateurvereinen kennt: Zum Ende der Saison geht man davon schön auf Fahrt. Und als wir einmal keine Fahrt hatten, haben wir das Geld mit in die neue Saison rübergenommen.
Welche Summe kam denn da zum Ende einer Saison zusammen?
Schober: Das weiß ich heute wirklich nicht mehr.
In unserer WAZ-Serie haben wir über Geldstrafen wie bei Torsten Legat oder Radmilo Mihajlovic berichtet, aber auch über Freizeitstrafen: Martin Spanring musste mit dem Fan-Zug nach Nürnberg fahren. Was trifft einen Profi mehr: Wenn es ans Geld geht, oder an die Freizeit?
Schober: Das hängt ganz vom Typ ab: Der eine hat einen Igel in der Tasche und reagiert empfindlich, wenn er ein paar Euro zahlen muss. Für andere dagegen ist es blöd, mit den Fans irgendwohin zu fahren, weil sie vielleicht nicht so fannah sind. Aber so ein Typ wie Oliver Held oder ich: Wir hätten Spaß gehabt, mit den Fans irgendwohin zu fahren – das wäre für uns keine Strafe gewesen. In der Jugendarbeit merke ich jetzt: Wenn man einen Spieler aus der U19 bestrafen möchte, dann haben solche Sachen wie Müll aufsammeln schon eine ordentliche Wirkung.
Zum Schluss: Mussten Sie als Kassenwart eigentlich selbst auch einmal zahlen?
Schober: Ja, und zwar ausgerechnet bei einem Spiel im Feindesland (Anm. der Red.: Gemeint ist Dortmund). Da saß ich auf der Bank und habe eine Gelbe Karte bekommen, weil ich mich über ein böses Foul an Ivan Rakitic so aufgeregt habe. Ich bin von der Bank aufgesprungen, habe gemeckert und bin ein bisschen auf Platz gelaufen. Dafür gab’s Gelb. Die Sprachregelung war: Gelbe Karte wegen Meckerns – und dafür musste ich zahlen.
Trainer war damals Mirko Slomka?
Schober: Genau. Wir hatten vor der Saison einen Strafenkatalog aufgestellt. Eine Gelbe Karte für Foulspiel kostete nichts, für Meckern oder Unsportlichkeit musste man zahlen.
Sie wirken so, dass Sie mit der Strafe nicht einverstanden waren...
Schober: Laut der Regel war das okay, aber mir das tat schon sehr weh. Ich habe mich einfach aufgeregt, weil Ivan Rakitic so böse gefoult wurde.