Gelsenkirchen. . Der 19-Jährige bemerkte, dass er besser Fifa auf der Xbox spielt als seine Freunde. Bei einem Sichtungsturnier empfahl er sich für Schalke.

Die Qualifikation für die Weltmeisterschaft hat Schalkes Fifa-Profi Tim „Latka“ Schwartmann knapp verpasst. Beim Live-Turnier in Barcelona schied der 19-Jährige in der K.O.-Runde gegen den Engländer „JParky“ aus. Dennoch zählt der Schalker zu den größten Talenten der Szene, zwischenzeitlich stand er in der Weltrangliste auf Platz zwei. Im Interview mit der WAZ spricht Tim „Latka“ Schwartmann über seine besondere Beziehung zu Schalke, Naldos Kopfballtor im Revierderby und eine unvergessliche Reise nach China.

Ihr Spielername ist Tim Latka. Was hat es mit der Wahl Ihres Namens auf sich?

Tim Schwartmann: Ich mochte einen Fußballspieler namens Martin Latka mal sehr. Er hat leider nicht für Schalke, sondern für Fortuna Düsseldorf gespielt. Er war sehr groß, körperlich sehr robust und stark. Die meisten Jungs haben Vorbilder wie Messi oder Ronaldo, aber genau das wollte ich nicht. Als ich mir den Namen gegeben habe, habe ich noch nicht damit gerechnet, dass ich mal professioneller Fifa-Spieler werde. Ich bin damit aber sehr zufrieden.

Wie oft sitzen Sie vor der Konsole?

Tim Schwartmann: In der Regel zwischen vier und sechs Stunden am Tag. Am Wochenende, wenn ich die Weekend-League spiele, teilweise noch länger. Da können es auch schon mal 20 Spiele pro Tag sein.

Schmerzt Ihr Rücken nicht vom angespannten Sitzen?

Tim Schwartmann: Wir haben einen Sponsor, der uns spezielle Gaming-Stühle zur Verfügung stellt, die wirklich sehr bequem sind. Wir haben auch besondere Monitore mit einer geringen Verzögerung, die direkt das wiedergeben, was ich auf dem Pad eingebe. Das ist wichtig, weil es auf Millisekunden ankommt.

Wie wichtig ist für Esportler die richtige Ernährung?

Tim Schwartmann: Ernährung ist definitiv wichtig. Wenn ich mich über drei, vier oder sogar fünf Stunden konzentrieren muss, achte ich schon darauf, dass ich nichts Fettiges esse oder nicht allzu viel esse. Ich trinke während der Spiele auch nur Wasser. Ich denke, das kann man mit den Bundesliga-Profis gut vergleichen. Die essen vor ihrem Spiel vielleicht noch eine Banane oder trinken einen Shake. Ungefähr so halte ich es auch.

Tim „Latka“ Schwartmann hat im Interview mit der WAZ erklärt, worauf es in seinem Sport ankommt.
Tim „Latka“ Schwartmann hat im Interview mit der WAZ erklärt, worauf es in seinem Sport ankommt.

Sie sind großer Schalke-Fan, haben sich beim Knappencup empfohlen, einem Esports-Nachwuchsturnier auf Schalke. Eine Geschichte, wie sie schöner kaum sein könnte...

Tim Schwartmann: Das ist wirklich so. Ich habe während der Zeit, als ich das Abitur gemacht habe, mit Esports begonnen. Aber nur auf überschaubaren Niveau. Ich war schon immer etwas besser als meine Freunde oder die Spieler, gegen die ich online gespielt habe und habe nach einem Weg gesucht, um gegen noch bessere Spieler anzutreten. Das war zu der Zeit, als ich gehört habe, dass Schalke ein Fifa-Team in den Verein integrieren möchte. Ich kannte zwei Spieler, die dabei waren, ich habe gegen beide auch schon gewonnen. Dann habe ich beim Knappencup mitgemacht und war der Überzeugung, dass ich nicht als Verlierer vom Platz gehe. So wurde ich Profi auf Schalke (lacht).

Mit fünf Jahren standen Sie zum ersten Mal in der Nordkurve, auch bei Auswärtsspielen der Schalker sind sie oft dabei. Was war Ihr Highlight?

Tim Schwartmann: Ganz klar das 4:4 im Derby in Dortmund, da war ich dabei. Eigentlich hatte ich gar keine Zeit, weil ich noch Spiele auf der Xbox absolvieren musste. Aber das Derby auswärts — das musste einfach sein. Als es zur Halbzeit 0:4 stand, ist ein Fan, der vor mir stand, nach Hause gefahren. Der tut mir bis heute leid. Aber selbst schuld. Als Konoplyanka in der Nachspielzeit die Ecke getreten hat, wusste ich, dass Naldo per Kopf trifft. Es war unbeschreiblich.

Naldos Kopfballtor - welche Tastenkombination wäre das auf der Xbox?

Tim Schwartmann: Auf jeden Fall X und das möglichst feste, damit der Ball hart auf den Schädel von Naldo kommt und er ihn mit 1000 km/h an Weidenfeller vorbei ins Tor köpft (lacht).

Worauf kommt es beim Fußballspielen auf der Konsole an?

Tim Schwartmann: Es ist ja klar, dass wir keinen Marathon laufen, trotzdem ist Esports Sport. Es kommt auf den Kopf an, auf die Konzentration. Das ist das A und 0. Das ist wie bei der Formel1, beim Dart oder Schach. Jeder kleinste Denkfehler wird sofort bestraft, man darf sich keine Auszeit gönnen.

Wer ist der beste virtuelle Spieler bei Fifa?

Tim Schwartmann: Für meine Spielweise ist das Ruud Gullit aus dem Legendenteam. Er kann einfach alles, er ist der ausbalancierteste Spieler. Er ist offensiv stark, aber auch in der Defensive. Er ist als Box-to-Box-Spieler überragend. Und seine Frisur ist natürlich genial, das muss ich so sagen. Wenn er zum Kopfball geht, ist er allein wegen seiner Haare drei Meter größer.

Und wer ist der beste Schalker in diesem Spiel?

Tim Schwartmann: Ralf Fährmann – Ralle ist, ungelogen, der zweitbeste Torwart im Spiel. Nur David de Gea von Manchester United ist noch besser. Es gibt einen ‘Foot-Trait’, den bekommt ein Torhüter, wenn er viele Bälle mit dem Fuß hält – und das macht Ralf Fährmann ja. Jeder Torwart mit der Eigenschaft ist stark, weil er fast jeden flachen Ball hält. Ralle ist mein Angstgegner, die halbe Welt spielt mit ihm, weil er im Spiel recht günstig, aber bärenstark ist.

Bei YouTube geben Sie Spieltipps, haben über 150 000 Follower. Wie wichtig ist Reichweite für den Marktwert?

Tim Schwartmann: Sehr wichtig. Machen wir uns nichts vor: Schalke investiert in den Esport auch, um Menschen zu erreichen und ihnen auf sympathische Art und Weise auf Augenhöhe zu begegnen. Ich weiß, dass ich diese Menschen erreichen kann. Das ist ein Geben und Nehmen. Ich kann mich mit dem Namen Schalke schmücken, von daher ziehe ich die Aufmerksamkeit der Leute auf mich. Auf der anderen Seite zeige ich den Leuten aber, was wir hier in der Abteilung Esport auf die Beine stellen. Mittlerweile ist fast jeder Spieler eine eigene Marke.

Sie waren im Sommer mit den Schalker Profis auf China-Reise.

Tim Schwartmann: Das war ein ganz besonderes Erlebnis, eine große Wertschätzung. Zuvor hatte ich schon mit dem einen oder anderen Profi Kontakt, aber noch nie mit der ganzen Mannschaft.

Haben Sie auch gegeneinander an der Xbox gespielt? Und wer ist der Beste?

Tim Schwartmann: Spielen konnten wir leider nicht aufgrund des engen Terminplans der Fußballspieler, aber trotzdem weiß ich, dass viele Schalker Profis gerne Fifa spielen. Ich habe schon gegen Breel Embolo gespielt, letztens auch gegen Weston McKennie. Wes war echt gut. Auch Daniel Caligiuri hat mich einmal nach ein paar Tipps gefragt, weil er wohl immer gegen die Jungs verliert. Wer am besten spielt, weiß ich gar nicht. Max Meyer soll wohl ganz gut sein. Gegen ihn habe ich aber noch nicht gespielt.