Gelsenkirchen. Stuttgarts Verteidiger Dennis Aogo ergreift vor dem Wiedersehen mit seinen alten Schalker Teamkollegen Partei für Leon Goretzka. Geschenke will er trotz des guten Verhältnisses zu Ralf Fährmann & Co. aber nicht verteilen.

Abwehrspieler Dennis Aogo, der am Samstag (15.30 Uhr/Sky) mit dem VfB im Bundesliga-Heimspiel auf seinen ehemaligen Klub Schalke 04 trifft, hat noch gute Kontakte zu seinen alten Weggefährten. Trotz der Freude auf das Wiedersehen schickt der 31-Jährige vorab eine Kampfansage Richtung Ruhrpott: „Wir wollen Schalke eine kleine Delle verpassen.“ Aogo ergreift aber auch als erster gegnerischer Spieler Partei für Leon Goretzka und zeigt Verständnis für dessen Entscheidung, zum FC Bayern München zu wechseln.

Herr Aogo, hat Sie das Ende der Zusammenarbeit bei Schalke 04 im letzten Sommer überrascht?

Dennis Aogo: Eigentlich hatte es sich abgezeichnet. Wenn ein halbes Jahr vor einem Vertragsende kein Gespräch zustande kommt, dann ist ein Abschied wahrscheinlich.

Also ein normaler Vorgang im Fußball-Geschäft?

Dennis Aogo: Natürlich ist es ein Stück weit normal, dass ein Spieler den Verein wechselt. Aber ich war vier Jahre auf Schalke. Da ist es dann nicht so einfach, den Verein zu verlassen. Natürlich ist es ein Teil des Geschäfts, aber wenn man lange Zeit bei einem Klub spielt, dann entsteht eine emotionale Verbindung.

Haben Sie noch Kontakte zu den ehemaligen Teamkollegen?

Dennis Aogo: Der Kontakt flacht im Laufe der Zeit etwas ab, aber es gibt nach wie vor gute Verbindungen zu meinen ehemaligen Schalker Mitspielern.Unter anderem zu Sead Kolasinac, der bei Arsenal London megastark eingeschlagen hat. Oder zu Eric Maxim Choupo-Moting, der für Stoke City spielt.

Auf wen freuen Sie sich am Samstag am meisten?

Dennis Aogo: Ich freue mich auf viele sehr gute und charakterlich tolle Jungs. Unter anderem auf meinen „Bruder“ Thilo Kehrer, Routinier Naldo, Torwart Ralf Fährmann, der mittlerweile zum Kapitän aufgestiegen ist. Und natürlich auf Leon Goretzka.

Gutes Stichtwort. Leon Goretzka ist nach wie vor Hauptthema auf Schalke. Ihr langjähriger Mitspieler hat mit seiner Entscheidung, künftig für Bayern München zu spielen, viele Fans enttäuscht.

Dennis Aogo: Ich wusste, dass Leon irgendwann zu einem ganz großen Klub wechseln würde. Das habe ich ihm vor längerer Zeit schon gesagt. Ich fand es ehrlich gesagt ein bisschen schade, wie er beim letzten Schalker Heimspiel empfangen wurde. Dass er so ausgepfiffen wurde, hat mir sehr leid getan. Man muss manchmal unterscheiden, ob ein Spieler wegen des Geldes geht oder weil die Perspektive bei einem anderen Klub besser ist. Leon ist da anders gestrickt. Er weiß, dass er bei den Bayern den nächsten Schritt in seiner Karriere machen kann.

Können Sie die Pfiffe gegen Leon Goretzka nachvollziehen?

Dennis Aogo: Das Besondere an Schalke 04 ist die große Emotionalität. Aber diese Pfiffe hat er nicht verdient. Ich kenne Leon gut und stehe ihm nahe. Solche Unmutsäußerungen belasten einen Spieler auch. Man sollte bei aller Enttäuschung auch darüber nachdenken, dass Leon erst 22 Jahre alt ist, auch wenn er vom Kopf her schon sehr reif wirkt.

Hat Sie die sportliche Entwicklung von Schalke 04 in dieser Saison unter Trainer Domenico Tedesco überrascht?

Dennis Aogo: Ich weiß, was für eine Qualität in diesem Kader steckt. Schalke spielt eine Bomben-Saison. Ich hoffe, dass sie am Samstag bei uns in Stuttgart eine kleine Delle bekommen (lacht).

Sehen Sie Parallelen zwischen dem VfB Stuttgart und Schalke 04?

Dennis Aogo: Ja, es gibt durchaus welche. Sowohl der VfB als auch Schalke sind große Traditionsvereine, die so nur ein paar Mal in der Bundesliga vorkommen. Beide Vereine leben auch von der Wucht und der Leidenschaft ihrer Fans. Der Unterschied zwischen Schalke und uns ist momentan die sportliche Perspektive. Für uns geht es in dieser Saison um den Klassenerhalt.

Dadurch, dass der lange abgeschlagene 1. FC Köln wieder Fahrt aufgenommen hat, ist die Situation im Keller wieder spannender geworden, oder?

Dennis Aogo: Leider spannend. Da unten geht es sehr ausgeglichen zu. Es gibt aus meiner Sicht nicht die eine Mannschaft, über die ich sage: Das ist bereits ein klarer Absteiger.

Sie haben auch lange beim Hamburger SV gespielt und dort noch die guten Zeiten mit dem Uefa-Cup-Halbfinale gegen Fulham erlebt. Überrascht es Sie, dass der HSV wieder in großer Not ist?

Dennis Aogo: Der HSV ist mit zwei Siegen gut gestartet. Da hatte man eigentlich das Gefühl: Jetzt kriegen sie es hin und spielen eine weitgehend sorgenfreie Saison. Aber dann sind sie doch wieder in den Abstiegskampf gerutscht.

Noch einmal zurück zu Ihnen: Sie sind während einer Euro League-Reise mit Schalke nach Krasnodar am Flughafen bestohlen worden. Der vermeintliche Dieb wurde angeblich erwischt. Hat es mittlerweile ein Gerichtsurteil gegeben?

Dennis Aogo: Nein, der Prozess ist leider im Sande verlaufen, weil kein Täter ermittelt werden konnte. Den Schaden, der durch den Diebstahl der Tasche und des Laptops entstanden ist, wurde zum großen Teil von der Versicherung ersetzt.

Verändern Sie Ihr Verhalten jetzt auf Reisen, sind Sie vorsichtiger geworden?

Dennis Aogo: Nein, ich verändere nichts. Ich glaube, was mir da passiert ist, war ein Zufall. Grundsätzlich habe ich Vertrauen in die Menschen.