Gelsenkirchen. . Im Mai wähnte sich Schalke mit Goretzka schon über eine Vertragsverlängerung einig – nur die Unterschrift fehlte. Wann der Sinneswandel kam.
Am Ende der Veranstaltung blieb die Frage: Muss Schalke sich hintergangen fühlen, weil Leon Goretzka zum FC Bayern wechselt? „Ich hole hier nicht die Keule raus für Dinge, die ich nicht belegen kann“, sagt Manager Christian Heidel. Aber auffällig ist: Im Mai war er sich mit Goretzka schon über eine spektakuläre Vertragsverlängerung auf Schalke einig, dann machte der Spieler einen Rückzieher und gab ein halbes Jahr später nun seine Entscheidung pro Bayern bekannt. Der Wechsel im Zeitraffer liefert interessante Details.
18. Mai 2017: Zwei Tage vor dem letzten Spiel der vergangenen Saison wird Goretzkas Berater Jörg Neubauer an der Säbener Straße in München erwischt – die Spekulationen über einen Wechsel zum FC Bayern nehmen Fahrt auf. Schalkes Manager Christian Heidel bleibt nach außen cool: „Wir haben ein faires und offenes Verhältnis zu Jörg Neubauer und Leon Goretzka.“
Mai/ Juni: Schalke erzielt nach Heidels Angaben einen Durchbruch über eine Vertragsverlängerung mit Goretzka. Nur die Unterschrift steht noch aus, weil die Anwälte beider Seiten noch formaljuristische Dinge zu Papier bringen müssen; ein normaler Vorgang. Goretzka fliegt mit der Nationalmannschaft zum Confed-Cup, aber Schalke hat des Spielers Wünsche und die seines Beraters „zu 100 Prozent erfüllt“, sagt Heidel heute und betont deutlich: „Wir waren uns einig.“
Juli/ August: Goretzka kehrt vom Confed-Cup zurück, die vertraglichen Details sind inzwischen fixiert, es muss nur noch unterschrieben werden. Schalke schmiedet den Plan, die baldige Vertragsverlängerung mit dem Star bei der Saisoneröffnung am 6. August im großen Stil zu präsentieren. Heidel heute: „Es gab ein finales Agreement.“ Und weiter: „Nach dem Confed-Cup war es in trockenen Tüchern. Aber dann hat Leon gebeten, dass er nochmal abwarten möchte, bevor der Vertrag unterschrieben wird“. Die naheliegende Vermutung, dass sich Goretzka aufgrund seiner Leistungen beim Confed-Cup umorientiert hat, will Heidel auch heute noch nicht teilen: Das plötzliche Zögern des Spielers „hat nichts damit zu tun, dass Leon beim Confed-Cup gut gespielt hat“. Der Profi liefert Schalke nämlich eine andere Begründung: Goretzka will zunächst noch die sportliche Entwicklung auf Schalke abwarten.
Dezember: Kurz vor dem Ende einer für Schalke starken Hinrunde kündigt Goretzka eine baldige Entscheidung an: „Es wird sich jetzt nicht noch tief in den Januar ziehen.“ Schalke betont weiter das große Vertrauensverhältnis und sieht die Trümpfe in der Hand, weil die sportliche Entwicklung auf Schalke ja positiv ist – so wie von Goretzka gewünscht, als er im Sommer um einen Aufschub bat.
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31. Dezember: Die spanische Zeitung Marca berichtet als erstes, dass Goretzka zu den Bayern wechselt.
Anfang Januar: Schalke glaubt diesen Berichten nicht; Heidel versichert sich bei Berater Neubauer, dass es noch keine Zusage an den FC Bayern gegeben habe und Schalke weiterhin eine Chance hat.
15. Januar: Nach einem Dreier-Gipfel zwischen Goretzka, Heidel und Aufsichtsrats-Chef Clemens Tönnies haben die Schalke-Bosse immer noch einen Funken Hoffnung: „Wir haben uns nicht zweieinhalb Stunden angehört, dass er zu Bayern geht, sondern wir haben um ihn gekämpft“, berichtet Heidel. Doch in der Folge kündigt Goretzka seinen Wechsel nach München an.
18. Januar: Bayern-Boss Rummenigge informiert Heidel, dass Goretzka den Medizincheck beim FC Bayern absolvieren und danach einen Vertrag in München unterschreiben werde. Heidel beschließt nun, die zeitlichen Zügel jetzt selbst zu führen: Am frühen Abend teilt der Manager nun Rummenigge mit, dass Schalke das Thema am nächsten Tag öffentlich machen wird.
19. Januar: Bei der Pressekonferenz um 11 Uhr erklärt Heidel den Wechsel. Zuvor hat er versucht, Goretzka über die Veröffentlichung zu informieren, diesen aber nicht erreicht. Nach der Pressekonferenz verrät Heidel im kleinen Kreis, dass er sich mit Goretzka im Frühsommer eigentlich schon einig war. Die Frage, warum sich der Profi danach „umentschieden“ habe, solle Goretzka lieber selbst beantworten.
Und die Zeit bis zum 31. Januar? Goretzkas Vertrag in München beginnt am 1. Juli, Spekulationen über einen Winterwechsel sind für Heidel „ungelegte Eier“. Aber auffällig: Er schließt einen sofortigen Wechsel auch nicht mehr kategorisch aus – im Sommer hatte er das getan, und nun weiß man, warum: Er war einer Vertragsverlängerung mit dem Profi sehr nahe. Jetzt sagt Heidel, wie er auf einen Anruf von Rummenigge bezüglich eines vorzeitigen Wechsels reagieren würde: „Wir müssen schauen, was das Beste für Schalke 04 ist – auch das Beste in der Rückrunde.“ Denn nach der Entwicklung vom Freitag muss man fürchten: die Negativ-Stimmung könnte sich auf die Mannschaft übertragen.