Gelsenkirchen. Der Kopfstoß des 22-Jährigen beim 2:2 gegen Köln erinnert an den WM-Aussetzer des Franzosen. Sportvorstand Christian Heidel räumt ein: „Es war unnötig.“

Schalkes junger Mittelfeldspieler Leon Goretzka auf einer Stufe mit dem dreimaligen Weltfußballer Zinédine Zidane? Keine schlechte Sache, könnte man meinen. Doch der Vergleich zwischen dem 22-jährigen Goretzka und dem 23 Jahre älteren Zidane hat einen negativen Beigeschmack.

Goretzka leistete sich beim 2:2-Remis im Bundesliga-Heimspiel gegen den 1. FC Köln eine überflüssige Attacke gegen Salih Özcan. Der Schalker wurde erst vom Kölner gefoult, visierte danach im Sitzen seinen Gegner an und rammte seinen Kopf gegen Özcans Brust. Der FC-Profi wusste gar nicht so recht, wie ihm geschah, ließ sich aber nicht zu Boden fallen. In dem Fall wäre die Situation für Schalkes Star vermutlich folgenreich gewesen. Schiedsrichter Tobias Stieler stand nämlich gleich am Ort des Vergehens und hätte es dann wohl kaum bei einem versöhnlichen Wortwechsel belassen. Stieler jedoch war der exklusiven Meinung, beide Spieler seien „zusammengelaufen“.

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Mit einem ähnlichen Kopf-Einsatz hatte sich der damalige französische Nationalspieler Zinédine Zidane vor mehr als elf Jahren im Berliner Olympiastadion beim WM-Finale gegen Italien als Aktiver von der großen Bühne verabschiedet. Zidane war von Marco Materazzi, einem der unangenehmsten Verteidiger Italiens, mehrmals mit Beleidigungen provoziert worden. Also drehte er sich beim Zurücklaufen Richtung Mittellinie um und verpasste dem verdutzten Italiener einen Kopfstoß gegen die Brust.

Goretzka: „Das Wort Kopfstoß würde ich gerne streichen“

Mittlerweile arbeitet Zidane erfolgreich als Trainer des amtierenden Champions-League-Siegers Real Madrid. Goretzka steht gerade am Anfang seiner vielversprechenden Laufbahn und wird sich so einen Fauxpas vermutlich nicht mehr erlauben. „Ich kann es versprechen, dass es keine Absicht war“, sagt Schalkes Vize-Kapitän zu dem Vorfall und bat gegenüber Medienvertreten darum: „Das Wort Kopfstoß würde ich gerne streichen.“

Gegenüber dem TV-Sender Sky erklärte Goretzka: „Ich heiße nicht Zinédine Zidane. Es ist unnötig, darüber zu diskutieren.“ Zu dem Vorkommnis hatte der Confed-Cup-Sieger seine eigene Sicht der Dinge: „Ich will einfach impulsiv aufstehen. Ich gebe zu, dass es unglücklich aussieht. Aber es war mit Sicherheit keine Absicht, ich will ja keinen verletzen.“ Goretzka meinte gegenüber dieser Zeitung weiter: „Ich habe nicht gesehen, dass sich mein Gegenspieler groß beschwert hat. Der Schiedsrichter steht direkt daneben. Wenn er eine Tätlichkeit gesehen hätte, dann hätte er mich zur Seite gezogen.“

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S04-Trainer Tedesco wollte nichts beschönigen

Schalkes Sportliche Leitung redete nach der Disziplinlosigkeit des von vielen Vereinen begehrten Führungsspielers, der seine Zukunfts-Entscheidung nicht weit in den Januar hineinschieben will, Klartext. Manager Christian Heidel räumte ein: „Es war unnötig.“ Trainer Domenico Tedesco bezog noch deutlicher Stellung und wollte nichts beschönigen: „Da gibt es, glaube ich, nichts, was ich jetzt sagen könnte, um uns, um Leon auch zu schützen. Wenn man das sieht, kann man wahrscheinlich Rot geben.“ Diese unterschiedliche Sichtweise auf den Kopfstoß wird allerdings keine Auswirkungen auf eine mögliche weitere Zusammenarbeit haben.

Trotzdem verwundern Goretzkas Aktion und sein Verhalten. „Das Statement danach passt nicht zu Leon“, befand der frühere Schalker Trainer Peter Neururer im Sport1-Doppelpass und lobte Kölns Özcan: „Es gibt Spieler, die umfallen nach so einer Attacke. Özcan war sportlich fair, das nicht ausgenutzt zu haben.“ Heidel, ebenfalls Gast in der Sendung, stellte fest: „Er hat ihm jetzt keine vier Rippen gebrochen. Normalerweise fällt ein Spieler um. Wir haben extrem Glück gehabt.“

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Was nicht für das Spiel gegen Köln galt. „Wir hätten es nicht zu 100 Prozent verdient gehabt, zu gewinnen“, analysierte Tedesco. Im Vergleich zum mitreißenden 4:4 gegen Dortmund am vergangenen Samstag empfand er den Auftritt nun als „lethargisch“. Schalke ging zwar durch das sechste Saisontor von Guido Burgstaller (36.) und den zweiten Bundesliga-Treffer von Amine Harit (73.) zweimal in Führung, kassierte aber durch Sehrou Guirassy (50./78.) jeweils den Ausgleich.

„Wir haben sehr gut angefangen, uns dann aber ein bisschen selbst eingeschläfert“, sagte Goretzka und kündigte an, „die Köpfe wieder hochzunehmen.“ Und das meint er aus rein sportlicher Sicht.