Gelsenkirchen. Trainer Tedesco hofft auf einen „Sahne-Tag“ gegen den FC Bayern. Wie ist der hohe Favorit zu besiegen? Wir erklären, was für Schalke spricht.

In dem Jahr, in dem Schalke 04 zum letzten Mal in der Bundesliga den großen FC Bayern besiegte, trat Horst Köhler als Bundespräsident zurück; kam das hochmoderne i-Phone 4 auf den Markt; gewann Lena Meyer-Landrut den Eurovision Song Contest in Oslo; trauerte Deutschland um 21 Menschen, die bei der Loveparade in Duisburg ihr Leben ließen.

2010 war das. Die Königsblauen gewannen am 4. Dezember mit 2:0, es war der 15. Spieltag.

Im Tor der Schalker stand damals noch ein gewisser Manuel Neuer, vorne griff der legendäre Raúl an, im Zentrum spielte Ivan Rakitic. Und der Trainer der Schalker, die durch Treffer von José Manuel Jurado und Benedikt Höwedes triumphierten, hieß Felix Magath. Ihm folgten seit 2011 Ralf Rangnick, Huub Stevens, Jens Keller, Roberto Di Matteo, André Breitenreiter und Markus Weinzierl – sie alle gewannen gegen Bayern lediglich an Erfahrung. Warum also sollte ausgerechnet dem jungen Domenico Tedesco an diesem Dienstagabend (20.30 Uhr/Sky) bei seinem Debüt gegen die Bayern ein Sieg mit Schalke gelingen?

Gründe für Optimismus gibt es. Wir erklären, warum Schalke nicht chancenlos ist.

Leon Goretzka

Schalkes Nationalspieler startete durchwachsen in die neue Saison, riss aber beim 2:1 in Bremen das Zepter an sich. „Leon hat gut gespielt“, lobt Trainer Domenico Tedesco. „Er entwickelt sich und wird auch im Defensivspiel immer wertvoller für uns.“ Da Goretzka bei den Bayern als ablösefreier Neuzugang für die neue Saison gehandelt wird, bekommt das Duell für ihn besondere Würze. Der 22-Jährige ist extrem ehrgeizig und wird sicher alles probieren, für Schalke ein Top-Spiel zu machen.

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Selbstvertrauen

Der Start mit neun Punkten aus vier Spielen setzt zusätzliche Kräfte frei. „Wir können mit breiter Brust ins Bayern-Spiel gehen“, sagt Sportvorstand Christian Heidel, ohne dabei den Fehler zu machen, übermütig zu werden. Als Heidel nach dem Bremen-Spiel eine Kampfansage in ein Radio-Mikrofon posaunen sollte, lehnte er dies ab: „Genau so etwas tun wir vor dem Bayern-Duell nicht.“ Auch Trainer Tedesco schätzt die Lage trotz des königsblauen Höhenflugs realistisch ein: „Gegen Bayern musst du mutig sein. Wir brauchen aber auch einen Sahne-Tag.“

Heimstärke und Fans

Seit neun Partien sind die Schalker in ihrer Arena ungeschlagen. „Das gibt uns ein gutes Gefühl“, sagt Axel Schuster, der Direktor Sport. Der Trainer setzt auch auf die stimmgewaltigen Anhänger. „Sie können uns rausschreien, um den Druck auf den Platz zu bringen“, sagt Tedesco. Sportchef Heidel meint: „Wenn die Unterstützung da ist, wird es schwer für die Bayern.“

Trainer-Mumm

Domenico Tedesco erhält bisher viel Anerkennung für seine couragierten Personal-Entscheidungen und die Flexibilität, taktische Vorgaben schnell zu ändern, wenn sie nicht funktionieren. In Bremen setzte er beim Stand von 1:1 auf volles Risiko, spielte mit drei Mittelstürmern – und wurde belohnt. Leon Goretzka: „ Anhand der Einwechslungen hat man gesehen, dass wir nicht mit einem Punkt zufrieden waren.“ Vor dem Bayern-Spiel betont Tedesco: „Wir dürfen nicht nur defensiv denken. Wir haben auch etwas zu bieten.“

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Standard-Gefahr

In der letzten Saison schaffte Schalke in 34 Spielen nur sieben Tore nach ruhenden Bällen. Jetzt stehen nach vier Partien bereits fünf Standard-Treffer zu Buche. Das Team ist immer in der Lage, mit Freistößen und Ecken für Gefahr zu sorgen.

Neuer Teamgeist

Durch die Reduzierung des Kaders auf 22 Profis ist die Mannschaft enger zusammengerückt. „Es ist nicht unwichtig, dass wir nicht mehr mit 32 Mann in der Kabine sitzen. Bei uns ist keiner sauer, wenn er mal nicht spielt. Es geht darum, hier mehr zusammenzuwachsen“, sagt Heidel. Nabil Bentaleb zeigte als Joker in Bremen eine starke Reaktion und ist ein Beleg dafür, dass die Rechnung bisher aufgeht.

Bayern-Unruhe

In München wird bereits früh in der Saison Trainer Carlo Ancelotti kritisiert. „Man wird älter und verliert Leidenschaft und absoluten Willen, das ist das Leben“, meinte Italiens früherer Nationaltrainer Arrigo Sacchi in einem Sport1-Interview Richtung Ancelotti. Der konterte am Montag: „Ich habe immer noch ganz viel Energie in mir. Ich liebe es, die Mannschaft besser zu machen.“ Doch personelle Probleme (siehe Text rechts) erschweren Ancelotti die Arbeit.