Gelsenkirchen. Schalke diskutiert die Frage, ob zu viel Identität verloren geht. Spruchbänder in der Nordkurve richten sich gegen Heidel. Ein Kommentar.

  • Schalke diskutiert die Frage, ob zu viel Identität verloren geht
  • Spruchbänder in der Nordkurve richten sich gegen Heidel
  • Ein Kommentar zur Fan-Kritik

Die Spruchbänder waren unmissverständlich, ihre Botschaft richtete sich gegen den Sportvorstand des FC Schalke 04. Was Christian Heidel vor dem Spiel gegen den VfB Stuttgart in der Nordkurve zu lesen bekam, kann ihm nicht gefallen haben. Nacheinander wurde heftige Kritik entrollt. Zuerst: “70 Millionen ausgegeben - dafür 70 Prozent der Identität verloren”. Dann: “Identitätsverlust stoppen - Knappenschmiede stärken”. Und schließlich: “Die Wurzeln achten und nicht vernichten”. Hintergrund: In diesem Sommer haben wieder zwei wertvolle Spieler mit Schalke-DNA, Sead Kolasinac und Benedikt Höwedes, den Verein verlassen. Der eine war nicht zu halten, der andere durchaus. Die Ultras fürchten das nachhaltige Verblassen der königsblauen Farbe.

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Nur die Ultras? In den sozialen Netzwerken meldeten sich Schalke-Fans zu Wort, die betonten, die Ultras täten gerne so, als seien sie das Sprachrohr aller Schalker - das seien sie aber keinesfalls. Man sollte doch realistisch bleiben: Spieler wie Draxler, Sané oder Kolasinac seien nun mal nicht langfristig auf Schalke zu halten, weil sie die Klasse für europäische Top-Klubs haben. Zu Ende gedacht heißt das natürlich: Auch von Leon Goretzka wird man sich zwangsläufig schon bald verabschieden müssen.

Ja, so kann man das sehen. Man sollte trotzdem über den Kern der Kritik der Ultras diskutieren dürfen. Nur noch fünf Spieler aus dem eigenen Nachwuchs gehören aktuell zum Kader. Für Schalker Verhältnisse sind das nicht viele. Und das missfällt nicht nur den Ultras.

Ruhnert hat Knappenschmiede verlassen

Oliver Ruhnert ist nicht mehr Manager der Knappenschmiede, weil die Chemie zwischen ihm und Christian Heidel nicht stimmte. Ruhnert und der legendäre U19-Trainer Norbert Elgert hatten jahrelang nachweisbar für Erfolge gesorgt. Nicht nur für Meistertitel im Jugendbereich, sondern vor allem für Nachschub für die Profi-Abteilung. Mit solchen Leuten legt man sich nicht an, die lässt man einfach machen. Weil sie es können.

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Heidel bewegt sich mit seiner Transferpolitik auf dünnem Eis, wenn er für viel Geld Spieler wie Benjamin Stambouli, Yevhen Konoplyanka oder Nabel Bentaleb holt, die sich nach den Erfahrungen der vergangenen Saison noch mächtig anstrengen müssen, wenn sie Herzensschalker werden wollen. Denn auch das ist ja möglich: Dass man sich als neuer Spieler den Respekt, die Anerkennung und sogar die Liebe der Fans erwirbt, dass man durch Haltung zum Schalker wird. Viele ausländische Profis haben das in der Vergangenheit geschafft: Typen wie Marc Wilmots, Youri Mulder, Ebbe Sand, Klaas-Jan Huntelaar, auch der gerade erst mit viel Wärme verabschiedete Atsuto Uchida. Aus dem derzeitigen Team traut man am ehesten Guido Burgstaller zu, eine solche Rolle zu übernehmen.

Man muss also nicht unbedingt schon in der Jugend Königsblau getragen haben, um ein Publikumsliebling und eine Identifikationsfigur auf Schalke zu werden. Aber es hilft doch sowohl sportlich als auch finanziell sehr, wenn immer wieder Top-Talente aus dem eigenen Nachwuchs nachrücken. Die Knappenschmiede zu stärken: Das sollte eine Selbstverständlichkeit sein.